Kapitel 12 - Die (frohe) Botschaft

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Levi

Mein Kopf dröhnte so sehr, dass es sich anfühlte, als hätte mir jemand eine Bratpfanne übergezogen, als ich mit einer warmen Tasse Kaffee am Frühstückstisch meiner Familie saß. Diego stand hinter mir am Küchentresen und machte gerade Omelettes für alle, während meine Mutter ihre kleine zierliche Hand auf meine gelegt hatte und Delphin gar nicht mehr aufhörte, mich mit großen Augen anzustarren. Zwei Koffer standen im Korridor, denn es waren Sommerferien und die drei würden noch an diesem Tag nach Spanien zu Verwandten fliegen. Bisher war ich immer Teil der Familienurlaube gewesen, doch diesen Sommer hatte es mir meine neue Position als Souschef im 'Gustav' nicht erlaubt, sie zu begleiten.

,,Soll ich lieber hier bleiben, Levi?'', fragte meine Mutter besorgt und strich mir liebevoll eine Locke aus der Stirn. Mit viel Mühe hatte ich ihr und meiner Schwester von dem möglichen Familiennachwuchs erzählt, was ihnen einen ganz schönen Schock versetzt hatte, so kurz vor ihrer Abreise. ,,Diego kann auch mit Delphin alleine zu Abuelo fliegen.''

,,Ich weiß, dass du es gut meinst, Mama, aber das ist wirklich nicht nötig. Ich muss mit der ganzen Sache erstmal alleine klar kommen ...''

,,Mit Alkohol und Gras?'', neckte meine Schwester mit hochgezogenen Augenbrauen, was mich ihr einen verärgerten Blick zuwerfen ließ, aber eigentlich wusste ich, dass sie sich nur Sorgen machte.

,,Das war ein Ausrutscher'', rechtfertigte ich mich und nahm einen Schluck von meinem Kaffee.

,,Sicher?'', hakte meine Mutter nach und drückte meine Hand.

,,Ja, sicher. Es hat mir einfach den Boden unter den Füßen weggezogen und ich gebe zu, dass es mich immer noch echt fertig macht, aber ich bekomme das schon hin.''

Meine Mutter seufzte angespannt.

,,Ich verstehe, dass du dir deine Familienplanung anders und eher in weiter Zukunft vorgestellt hast, Levi, aber zu so einer Überraschung gehören immer zwei dazu, und du musst dennoch für dieses Kind da sein, wenn es wirklich von dir ist.''

,,Ich weiß'', murmelte ich und nickte geistesabwesend.

,,Wir werden alle für dieses Kind da sein'', beteuerte Diego, der sich hinter meiner Mutter positioniert und seine großen Hände auf ihre Schultern gelegt hatte.

,,Ja! Ich freue mich auf den Nachwuchs! Vielleicht wird es ja ein Mädchen! Es gibt so viele süße Babyklamotten für Mädchen'', trällerte Delphin und fing an, über beide Ohren zu grinsen.

,,Und du möchtest heute wirklich arbeiten gehen? Du hast doch kaum geschlafen und siehst gar nicht gut aus, mein Liebling'', sagte meine Mutter mit zweifelnden Gesichtsausdruck.

,,Ja, Mama. Ich bin Souschef, da kann ich nicht einfach ausfallen und Herrn Ritter ins offene Messer laufen lassen.''

,,Außerdem tut die Ablenkung sicherlich ganz gut, mi corazon'', meinte Diego und drückte meiner besorgten Mutter einen zärtlichen Kuss auf.

,,Na gut ... Aber ich erwarte täglich einen Anruf von dir, Levi und wenn irgendetwas sein sollte, dann sag sofort Bescheid! Ich nehme dann auf der Stelle den nächsten Flieger!''

,,Ja, Mama'', sagte ich und schenkte ihr ein kleines, ernst gemeintes Lächeln. Ich war wirklich happy, so eine liebevolle Familie zu haben und hatte gleichzeitig ein schlechtes Gewissen, meinem möglichen Kind nicht dasselbe bieten zu können ...

- - -

Ich war der Erste in der Küche und bereitete schon mal meinen Posten vor. Herr Ritter hatte angekündigt, dass er etwas später kommen würde, sodass die anderen mich nach ihrer Ankunft erstmal mit einem Haufen Fragen durchlöcherten.

,,Alter, was geht denn bei dir? Warum hast du dich nicht gemeldet? Hast du deiner neuen Flamme etwa den ganzen Tag und die ganze Nacht die Seele aus dem Leib gevögelt, oder was?'', fragte Pierre mit einer Mischung aus Vorwurf und Neugierde in der Stimme.

,,Mh, schön wär's'', brummte ich und hoffte inständig, dass die beiden Schmerztabletten, die ich mir eingeworfen hatte, endlich zu wirken begannen.

,,Wie 'schön wär's'? Hattest du doch kein Date mit der Schnitte?''

,,Doch'', murmelte ich, während ich begann, einen Topf mit heißem Wasser aufzustellen.

,,Aber?'', bohrte Pierre weiter und auch Tina und Leonard gesellten sich zu uns und spitzten die Ohren, nur Freddy blieb artig auf seinem Platz und startete damit, Gemüse zu putzen.

,,Hat sie dir einen Korb gegeben?'', fragte Tina geradeheraus.

Ich schnaubte.

,,So zu sagen ...''

,,Ach komm, Sous, lass dir nicht alles aus der Nase ziehen!'', meinte Leonard und band sich seine blonden Haare, die genau die selbe Länge hatten, wie Tinas, zu einem Zopf zusammen.

,,Aber echt! Und warum siehst du eigentlich so fertig aus?'', fragte Pierre und bedachte mich kritisch.

Mit müden Blick sah ich die drei an. Herumdrucksen würde mir bei diesen neugierigen Chaoten nichts bringen, das war mir klar. Also atmete ich einmal tief ein und aus und knallte ihnen die neueste Nachricht ohne Umschweife vor die Füße.

,,Medina war bei mir und es war nahezu perfekt. Wir haben gegessen, getrunken, geredet und dann wurde es heiß, kochend heiß, bis plötzlich Amelie vor der Tür stand und mir unter Tränen berichtete, dass sie schwanger sei.''

Stille. Eine merkwürdige, sonst nie vorkommende Stille breitete sich in der gesamten Küche aus. Selbst Freddy an seinem hinteren Posten, schien bei meinen Worten die Luft angehalten zu haben, während meinen drei Freunden vor mir, fassungslos der Mund aufklappte.

Tina war die erste, die ihre Sprache wiederfand.

,,Und sie behauptet, es sei dein Kind?''

Ich nickte und rieb mir erschöpft das Gesicht.

,,Ja, tut sie.''

,,Und du glaubst ihr?'', fragte die Blondine vorwurfsvoll. ,,Schon mal daran gedacht, dass sie dich nur an sich binden möchte?''

,,Sie ist zu hundert Prozent schwanger. Sie hat einen Schwangerschaftstest gemacht und war völlig aufgelöst. Außerdem hat sie mich sofort gefragt, ob ich sie zum Gynäkologen begleite ...''

,,Ja und was ist, wenn sie dir ein fremdes Kind unterjubeln möchte? Es gibt genug Tussen, die so sind!''

,,Nein Blondie, das ist so gut wie unvorstellbar'', meinte Pierre ernst, ''Amelie ist viel zu besessen von Levi, als das sie für irgendjemand anderen die Beine breit gemacht hätte.''

,,Viel eher trau ich ihr zu, dass sie absichtlich von Levi schwanger geworden ist'', warf Leonard mit betroffener Miene in den Raum.

,,Ja, ich auch'', knurrte ich, stützte mich auf der Arbeitstheke ab und ließ niedergeschlagen den Kopf hängen.

,,Was soll das denn?'', donnerte uns plötzlich Herr Ritters wütende Stimme um die Ohren. ,,Wenn ihr Kaffeekränzchen machen wollt, dann bewerbt euch gefälligst im Seniorenheim!''

,,Wir reden später weiter'', murmelte Pierre, klopfte mir brüderlich auf die Schulter und ging, wie auch Leonard und Tina, rasch an seinen Posten.

- - -

,,Was soll der Scheiß?'', brüllte Herr Ritter und feuerte den Schneebesen über meinen Posten, sodass die Lammjus sich überall verteilte. ,,Wie konntest du die Soße nur so runterkochen, Levi? Wie ein beschissener Amateur! Und so willst du sie unseren Gästen servieren? Was, wenn ein scheiß Tester in diesem Moment an einem der Tische sitzt? Willst du wirklich dafür verantwortlich sein, unseren Stern zu verlieren? Unser Ziel ist es, einen weiteren zu bekommen, Junge! Also verdünn die Soße gefälligst so schnell wie möglich wieder!''

,,Ja, Chef'', brummte ich und schöpfte zwei Kellen heiße Gemüsebrühe in die Lammjus, um die viel zu dick gewordene Soße wieder servierbar zu machen. Leonard warf mir einen verständnisvollen Blick zu, Tina stupste mich freundschaftlich mit dem Ellbogen an und Pierre versuchte mich, mit ein paar Grimassen, die er hinter dem Rücken des schlecht gelaunten Chefs zog, ein wenig aufzuheitern. Doch nichts half, denn keine halbe Stunde später richtete ich einen Teller falsch an, sodass Herr Ritter mich als 'unfähigen Imbiss-Koch' bezeichnete und meinen Rang des Souschef vor der gesamten Truppe in Frage stellte, bis er mich eine Viertelstunde vor allen anderen in den Feierabend schickte.

Absolut fertig, trat ich in die warme Sommernacht hinaus, steckte mir eine Kippe an und starrte zum klaren, mit vielen leuchtenden Sternen überzogenen Himmel empor. Es war ein schlechter Arbeitstag gewesen, denn ich hatte den Service nicht gut über die Bühne gebracht. Aber was hatte ich nach den vergangenen Ereignissen der letzten vierundzwanzig Stunden auch erwartet? Vielleicht hatte meine Mutter doch recht gehabt und ich hätte mich krank melden und zuhause bleiben sollen. Aber nun war es geschehen und das einzige, was ich tun konnte, war es am nächsten Tag besser zu machen.

Betrübt zog ich mein Handy aus meiner Hosentasche und checkte meine Mitteilungen. Es waren viele Bilder von meiner Familie, die sicher in Spanien gelandet und bei unseren Verwandten angekommen waren. Mit einem kleinen Lächeln überflog ich die Aufnahmen, die Diego, seinen Vater Richard, seine Mutter Eliana, sowie meine Mutter, Delphin und Diegos Schwester Isabella an einem festlich gedeckten Esstisch in der spanischen Abendsonne zeigten. Und dann waren da noch die Nachrichten ...


Mama

Geht es dir besser, Liebling?

Wenn irgendetwas ist, dann

sag sofort Bescheid!

Ich hab dich lieb, Levi <3


Diego

Halt die Ohren steif, Padawan!

Und ruf an, wenn du reden möchtest :)


Delphin

Mama und Papa machen sich Sorgen

um dich ... Und ich auch. Bau keinen Mist!

Hab dich lieb :*


Bei der letzten Nachricht, verzog ich verärgert mein Gesicht.


Amelie

Ich weiß, du willst deine Ruhe haben ...

Ich wollte dir nur sagen, dass ich deinen

Schock verstehen kann ... Aber

gemeinsam schaffen wir das schon!

Du fehlst mir. Uns.


Ich schnaubte verächtlich. Uns. Was sollte der Scheiß?! Und überhaupt - Ich hatte doch klipp und klar betont, dass ich mich bei ihr melde!

,,Hey Sous'', ertönte da plötzlich Pierres Stimme - mit einem kleinen Lächeln kam er auf mich zu, gefolgt von Leonard und Tina. ,,Alles in Ordnung?''

,,Blöde Frage'', murmelte ich und nahm einen festen Zug von meiner Kippe. ,,War der Chef noch sehr sauer?''

,,Ach, der alte Wichser soll sich mal wieder einkriegen'', umging der Entremetier meine Frage und zündete sich ebenfalls eine Kippe an. ,,Scheiß einfach auf ihn! Jeder hat mal nen' schlechten Tag! Morgen läuft der Service bestimmt wieder rund.''

,,True'', meinte Leonard, gähnte erschöpft und bot Tina eine Kippe an.

,,Und was machst du nun?'', fragte Pierre vorsichtig und sah mir forschend in die Augen.

Gedankenverloren zuckte ich mit den Schultern.

,,Erstmal ausschlafen, damit der Tag morgen besser läuft. Dann werde ich mir überlegen, ob ich Amelie nächste Woche zum Gynäkologen begleite ...''

Meine Freunde nickten verstehend.

,,Und was ist mit Medina?'', fragte Tina unsicher.

Ich seufzte entmutigt. ,,Ich weiß es nicht ...''

,,Digger ...'', meinte Pierre, ''Du musst unbedingt nochmal mit der Schnitte reden, schließlich willst du ja nicht mit Amelie zusammen sein!''

,,Pierre hat recht'', stimmte Leonard zu. ,,Du stehst doch total auf sie ... Vielleicht ist das mit euch ja noch zu retten. So wie die Lammjus eben!''

Mit zusammengezogenen Augenbrauen dachte ich an Diego. Auch er hatte mir ans Herz gelegt, nochmal mit dem schwarzhaarigen Püppchen zu reden.

,,Und sobald das Baby da ist, musst du einen Vaterschaftstest machen!'', mahnte Tina.

,,Ich weiß'', nickte ich und raufte mir das Haar.

,,Danke Leute'', sagte ich und lächelte schwach.

,,Jetzt bloß nicht gefühlsduselig werden, Sous'', entgegnete Pierre mit einem Zwinkern. ,,Dafür sind Freunde doch da!''

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