[𝟓] 𝐁𝐢𝐭𝐭𝐞 𝐛𝐫𝐢𝐧𝐠 𝐦𝐢𝐜𝐡 𝐧𝐢𝐜𝐡𝐭 𝐮𝐦

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Ich zitterte, während ich ein paar Schritte von Matteo abwich und irritiert nach hinten torkelte. Ich knallte gegen die Wand und war gefangen zwischen ihm und der Wand. Ich hatte das Gefühl, dass meine Beine nachließen und dass ich jeden Moment den Halt verlieren und umkippen würde. Die Angst bannte sich ihren Weg durch meinen ganzen Körper und als ich aufschaute, erkannte ich etwas undefinierbares in Matteos Augen. Ich dachte nach. Sollte ich vor ihm weglaufen? Das Zimmer war definitiv zu klein dafür. Durch die Tür konnte ich nicht, denn der Mann vor mir, welcher anscheinend ganz zufällig der Sohn des mächtigsten Mafia-Bosses in ganz Sizilien war, versperrte mir den Weg. Und er wäre ohnehin schneller und stärker als ich. Ich blickte mich nochmal schnell um. Das Fenster. Das war meine Lösung. Ich würde mir höchstwahrscheinlich etwas brechen, aber das war besser, als zu sterben.

»Micina, denk gar nicht erst daran, aus dem Fenster zu springen«, merkte er an und ging auf mich zu. Er war nicht nur gefährlich, sondern konnte auch noch meine Gedanken lesen. Schluckend sah ich ihm dabei zu, wie er mir näher kam und mir mit jedem Schritt die Luft noch ein bisschen mehr zuschnürte. Zwar berührte er mich nicht und noch immer trennten uns mehrere Zentimeter, aber ich merkte plötzlich, wie gefährlich er war. Er war nicht mehr nur der attraktive Mr. Unsymphatisch, der mich zum erröten brachte - er war ab heute so viel mehr. Ein gefährlicher, mysteriöser Mann, der ganz viele krumme Geschäfte am Laufen hatte. Er war obendrauf auch noch ein Lügner. Wissen Nora und ihre Mutter davon? Oder nicht? Wer weiß überhaupt davon? Ohne das ich es wollte, plagten mich plötzlich auch noch viel mehr Fragen. Wo waren seine Schwestern? Wie hieß sein Vater wirklich? Und was war in Sizilien passiert? Mit ihnen aber vor Allem, mit seiner Mutter?

»Ich.. Ich wollte garnicht aus dem Fenster springen«, ich schluckte. Und wie ich aus dem Fenster springen wollte. Ich wollte vor dem flüchten, was er war. Was ich gehört hatte. Es war doch niemals meine Absicht gewesen, zu lauschen. Ich musste mir selbst innerlich eingestehen, dass ich nur gelauscht hatte, weil Matteo mich so unglaublich anzog. Ohne es zu wollen, bemerkte ich, dass ich an ihm interessiert war. Ich könnte mich für diese plötzliche Erkenntnis selbst ohrfeigen.

»Was mache ich jetzt nur mit dir?«, Matteo legte seine Hände auf meine Oberarme und hielt mich fest. Panik ergriffen mich, als er mir in die Augen schaute. War es das jetzt? Würde ich in einem so jungen Alter sterben, weil ich etwas mitbekommen hatte, was ich nicht mitbekommen durfte?

»Bitte bring mich nicht um«, brachte ich leise heraus und obwohl seine Berührungen mir irgendwie gefielen, hinterließen sie auch eine Spur von Gefahr auf meiner Haut. Jede Faser meines Körpers sehnte sich nach diesen Berührungen, was überhaupt nicht normal war, aber mein Verstand schrie, dass ich so schnell wie möglich vor ihm weglaufen sollte. Irritiert über meine Gefühle und mich selbst, starrte ich in seine Augen. Die Angst musste mir im Gesicht geschrieben sein.

»Matteo«, sein Vater stand plötzlich hinter ihm und schaute uns an. Mason.. ich meine, Mattheo ließ mich los und ich versuchte meine Atmung zu normalisieren. Sie wussten sowieso schon, dass ich panische Angst vor ihnen hatte. Sie mussten es nicht auch noch sehen. Ich versuchte mich zusammenzureißen. »Du weißt was zutun ist«, Paul funkelte mich wütend an, während ich fast die Fassung verlor.

»Ihr wollt mich doch nicht umbringen, oder???«

»Weißt du was man mit Verrätern und Spionen in meinem Land eigentlich macht, du unerzogenes Mädchen? Wer hat dir das Recht gegeben uns zu belauschen?«, schockiert starrte ich den Vater an. Wie hatte er mich gerade genannt? Wut stieg in mir auf. Konnte ich etwas dafür, dass er hier war? Dass sie so laut gesprochen hatten, dass ich es mitbekommen hatte? Plötzlich fing ich an, diese absurde Situation zu hinterfragen. Sie konnten mich hier doch gar nicht umbringen. Was ist wenn Nora oder ihre Mutter das mitbekommen würden? Nora würde bestimmt etwas merken. Ich war in geschützten vier Wänden, und nicht irgendwo in Italien in Gefangenschaft. Böse funkelte ich den Vater an. Ich würde mir das sicher nicht gefallen lassen. Ich war vielleicht kein Fan von Streitereien, aber ich würde so nicht mit mir reden lassen.

»Wir sind hier aber nicht in Ihrem Land, Sie Vollidiot! Wir sind in Kanada! Das liegt übrigens in Nordamerika!«, fauchte ich zurück, hielt dann aber meinen Mund. Eine unangenehme und gleichzeitig düstere Stille füllte den Raum und ich erkannte in Pauls Augen, dass so sicherlich Niemand mit ihm sprechen dürfte. Ich fragte mich, ob ich richtig gehandelt, oder ob ich es übertrieben hatte. Ich wusste außerdem auch nicht, wer da gerade aus mir sprach - die vernünftige oder eingeschüchterte Bella?

Als ich zu Matteo blickte, irritierte mich seine Reaktion. Es schien so, als würde er grinsen, aber nur für einen kurzen Moment. Denn als sein Vater ihn mit ernster Miene anblickte, verblasste sein Lächeln. Das beruhigte mich nicht wirklich. Matteo fing an, mit ihm auf italienisch zu reden. Daraus wurde eine Diskussion und als sie lauter wurden, dachte ich sogar, dass sie streiten würden. Der Vater blickte nach ein paar Wortwechseleien zu mir und schaute mich aufgebracht an. Seine grünen Augen nahmen mich genau ins Visier, als wäre ich ein Feind. Und jeder wusste doch sicherlich, was die Mafia mit ihren Feinden machte, oder?

Ich würde sterben. Oder vielleicht würde ich doch noch träumen, gleich aufwachen, Nora davon erzählen und mich mit ihr zusammen über meine schräge Fantasie kaputtlachen?

»Kümmer dich da drum, figliolo«, brummte er und verließ ohne ein weiteres Wort das Zimmer.

Kümmer dich da drum. Diese Worte schallten immer und immer wieder durch meinen Kopf. Als Matteo sich zu mir drehte, sah ich den Tod vor mir. Beschützerisch hielt ich meine Hände vor mein Gesicht und wusste, dass ich jeden Moment sterben würde. Ich zählte die Sekunden. Eins. Zwei. Gleich wäre es sicher so weit. Drei. Ich wurde panischer. Konnte er es nicht wenigsten kurz und schmerzlos machen? Mich so schnell wie möglich beseitigen? Vier. Ein Lachen. Fünf. Halt Stopp. Ich nahm vorsichtig meine Hände wieder runter und schaute zu dem attraktiven Mann, der genau vor mir stand und lauthals loslachte. War er auch noch ein Psychopath? So einer, der lachte, wenn er Jemanden umbrachte?

Ich war komplett verwirrt. Was war denn so lustig?

»Komm runter, Kleines«, sagte er lachend und schaute mir in meine Augen. Lässig stützte er sich mit seiner rechten Hand an der Wand, die sich hinter mir befand, ab. Er war mir wirklich sehr nah. Sein Atem strich vorsichtig über meine Haut und jetzt, wo er mir so nah war, nahm ich einen angenehmen Duft war. Seine grünen Augen musterten meinen Körper, fanden dann aber den Weg zu meinen Augen.

Ich wusste gar nicht, was er in meine Augen sah. Irritation. Angst. Verwirrung. Wut. Viel zu viele Emotionen auf einmal füllten meinen verängstigten Körper. Ich atmete tief ein und aus, um ihm keine dafür zu verpassen, dass er mich gerade auslachte, nachdem sein Vater und er mir einen Riesenangst eingejagt hatten. Und selbst das verwirrte mich. Ich war nicht so schnell aufgebracht und wurde auch nicht schnell ausfallend. Aber seine Familie sorgte dafür, dass ich wütend wurde. Dass ich das Bedürfnis hatte, mich zu verteidigen. Und bei Mason..., ich meine, bei Matteo hatte ich das Bedürfnis seit dem ersten Moment. »Ich werde dich noch nicht töten«

»Noch??«, fragte ich etwas gereizt und stieß ihn mit voller Wucht von mir weg. Er rührte sich kaum. Meine Hände trafen seine breite, harte Brust und rührten ihn keinen Zentimeter. Ich wurde nervös. Er war wirklich sehr stark. Und muskulös. Und heiß. Ich hätte losweinen können, weil ich so dachte. Ich wusste nicht, wieso ich so dachte. Und gleichzeitig blieb mir noch eine Sache total unklar: Ich wusste nicht, ob ich ihn wegstieß, weil ich Angst vor ihm hatte, oder aufgrund der Tatsache, dass ich ihm noch näher sein wollte, als ich es ohnehin schon war. Er musterte mich unbekümmert und seufzte dann auf. Die Situation war für mich mehr als nur verwirrend. Meine Gefühle pendelten zwischen Angst und Neugier, zwischen Hass und Lust. Was machte Matteo nur mit mir?

»Du weißt wirklich zu viel«, brummte er und ich musste kurz verdauen, was er gerade sagte.

»Das heißt, ihr lügt Nora und ihre Mutter an. Das ist... Oh mein Gott. Ihr lügt jeden an!«

Er nickte. »Und du musst das ab jetzt auch tun«

»Wie bitte?«, ich schüttelt sofort meinen Kopf. »Ich lüge sie sicher nicht an«, fügte ich hinzu und ernst schaute Matteo mich an.

»Bella, Bella, Bella«, seufzte er nur. Mein Name aus seinem Mund zu hören erweckte etwas in mir aber ich versuchte mich am Boden der Tatsachen zu halten, auch, wenn er mir jetzt noch näher war, als zuvor war. »Für das, was du mitbekommen hast, sollte ich dich eigentlich töten. Sei froh, dass ich so einen guten Einfluss auf meinen Vater habe und ihn davon überzeugen konnte, dich nicht umzubringen«, seine Mundwinkel zogen sich leicht nach oben, während ich ihn entgeistert anblickte.

»Soll ich mich jetzt dafür bedanken, oder was?«, fragte ich. Er machte mich wirklich wütend, obwohl ich nicht so leicht aus der Ruhe zu bringen war. Zwischen uns erhitzte sich, jedes Mal wenn wir miteinander sprachen, ein kleines Feuer und unsere Worte waren der Zündstoff, der das Feuer entfachte. Ich wusste nicht, was das zwischen uns war. Konnten wir uns nicht leiden? Oder zogen wir uns doch gegenseitig an? Beides?

»Ja, tatsächlich solltest du das. Ich bin gerade der Grund, dass du am Leben bist, Micina«

Kurz folgte eine Stille. Ich würde ihn am Liebsten mit irgendeinem Gegenstand in seinem Zimmer bewerfen. Ich blickte wieder zu Matteo und fragte mich unmittelbar, was als Nächstes folgen würde. Was würde er von mir erwarten?

»Und? Wie bedanke ich mich bei dir dafür, dass ich noch am Leben bin?«

Matteo löste sich leicht von mir, schaute kurz weg und setzte sich dann auf seinen Schreibtischstuhl.

Was für eine absurde Situation. Ich schaute mich um und bemerkte, dass sein Zimmer so eingerichtet war, wie das eines typischen Studenten. Nicht wie von dem Sohn eines Mafia-Bosses. Hier lagen Bücher herum, Sportkleidung war im Raum verteilt und einen Sinn für Ordnung besaß Matteo offensichtlich auch nicht. Innerlich lachte ich leicht auf. Hätte mir vor einer Woche Jemand erzählt, dass das hier passieren würde, hätte ich diese Person vermutlich ausgelacht.

»Du brauchst dich nicht zu bedanken, aber ich werde dir erzählen, was mein Vater mit dir und deiner Familie machen wird, wenn du Nora oder irgendwem sonst davon erzählst«, für eine Sekunde war es so, als hätte er mir die Luft zum Atmen weggenommen. Meine Familie? Warnend blickte ich ihn an.

»Wehe dir, Mason«, ich versuchte so ernst wie möglich zu klingen, räusperte mich dann aber. »Ich meine Matthias. Oder wie auch immer du heißt, verdammt.«, ich spielte aufgeregt und verschreckt zugleich mit meinem Armband herum, welches meine Mutter mir zu meinem fünfzehnten Geburtstag geschenkt hatte.

»Matteo. Mein Name ist Matteo«, korrigierte er mich. Er nahm sich einen Kugelschreiber und spielte mit diesem herum. Ich ließ mich kurz davon ablenken, kam dann aber wieder in der Realität an, als er seufzte. »Ich wollte ja auch nicht, dass du das mitbekommst und es so enden muss. Aber du musstest mich ja wieder stalken und uns zuhören.«

Ich schnaubte. »Ich habe dich sicher nicht gestalkt. Was bildest du dir eigentlich ein?«, fragte ich etwas verärgert und spürte wie sein Blick an mir rauf und runter glitt. Meine Wut verwandelte sich in Verlangen und für einen Moment hätte ich gerne gewusst, wie seine Lippen schmecken. Dann tadelte ich mich für diesen Gedanken innerlich selbst und und schob ihn beiseite. Ich würde nämlich auch gerne wissen, wie es sich anfühlte, ihm meine Faust in sein Gesicht zu rammen. Wieso wirbelte dieser viel zu stolze Mann meine Gefühle so herum?

»Süße, du schaust mich die ganze Zeit an. Ich weiß ich bin unwiderstehlich, aber dich in mich zu verlieben ist keine so gute Idee«, er setzte ein provokantes Grinsen auf und dann, im nächsten Moment, war er schon wieder ernst.

Verachtend lachte ich auf. Er hatte sie wohl nicht mehr alle. Ich? Verliebt? In ihn? »Mach dir keine Hoffnung, Mattis, ich bin sicher nicht verliebt in dich und..«, er unterbrach mich mit einer genervten Handbewegung. »Matteo«, rief er aufgebracht.

Dann seufzte er. »Gott, ich heiße Matteo«, wiederholte er und stand auf. »Und du hörst mir jetzt mal zu. Das ist wirklich, wirklich ernst und wir sind kurz davor uns wieder alles zurückzuholen. Du passt uns gar nicht in den Plan und wenn es nach mir ginge, würde ich dich sofort umlegen. Aber ich habe Mitleid«

Ich musterte ich ihn genau so aufgebracht wie er mich. »Danke dafür«, schrie ich zurück.

»Doch nicht mit dir. Ich habe Mitleid mit deiner kleinen Schwester«

Das reichte mir. Ich schnappte mir einen seiner Turnschuhe, der auf dem Boden herumlag, und warf ihn damit ab. Die Wut, welche er in mir entfachte, war gar nicht zu beschreiben. Außerdem wollte ich mit dieser Angelegenheit überhaupt nichts zutun haben. »Hast du mich gerade mit einem Schuh beworfen, pazzoide?«

»Oh ja«, sagte ich. »Komm mir zu nah und ich bewerfe dich mit noch viel viel mehr als nur einem deiner stinkenden Schuhe. Denkst du ich bin wie die Frauen aus Italien, die die Beine für dich breit machen, du Blödmann?«

»Und wie du das bist. Das finden wir bald heraus, Micina«, gab er lächelnd zu. Ja, sein Lächeln war zum dahinschmelzen. Und er war es auch. Aber er war noch immer Mr. Unsympathisch. Und jetzt war er auch noch sowas wie mein Feind. Ich wusste zu viel. Ich ging das alles in meinem Kopf nochmal durch. Ich realisierte, dass ich mitten in einem Actionfilm steckte und eigentlich gar nichts damit zutun haben wollte. Ich wollte eine schöne Zeit mit meinen Schwestern verbringen und ich wollte noch viele Bücher lesen, die in meinem Koffer herumflogen. Damit wollte ich meine Ferien ursprünglich verbringen. Ich wollte nicht mit der Angst leben, von dem Sohn eines Mafia-Bosses im Schlaf umgebracht zu werden. Ich bekam Gänsehaut. So, wie der Vater auf mich reagierte, wollte ich ihm noch weniger begegnen. Wie um alles in der Welt sollte ich vor Nora und ihrer Mutter so tun, als wäre alles normal? Wie sollte ich diese Ferien überleben? Musste ich, wenn ich das Bedürfnis hatte, Nora die Wahrheit zu sagen, Angst um mich und meine Familie haben?

»Du bist ekelhaft«, merkte ich an. Ich wurde nun etwas nachdenklich und blickte ihn an. »Was soll mit Nora und ihrer Mutter passieren?«, fragte ich vorsichtig. Er selbst schien auf Anhieb keine Antwort darauf zu haben. Dann zuckte er mit seinen Schultern, so als wollte er sich mit dieser Frage nicht mehr beschäftigen. »Sie waren nur ein Mittel zum Zweck«

Ich unterdrückte die Beleidigungen, die ich ihm an den Kopf werfen wollte und spielte weiterhin mit meinem Armband herum. Ich konnte ihn nicht anblicken. Zu verrückt war die Reaktion meines Körpers, sobald meine Augen seine fanden. »Und was meint ihr mit eurem Plan? In einem Monat? Was hat das zu bedeuten?«

»Das geht dich gar nichts an«

Ich schnaubte. »Ich will es aber wissen«

»Micina, du gehörst nicht dazu. Du bist jetzt einfach nur ein nerviges Hindernis, welches uns im Weg steht und zu beseitigen ist«

»Ihr werdet mich sicher nicht beseitigen«

»Wir werden das mit dir tun, was mein Vater für richtig hält«, erklärte er und erhob sich von seinem Schreibtischstuhl. Ich versuchte mir vorzustellen, wie er gemeinsam mit seinem Vater eine Mafia führte. Wie gefährlich er war. Aber ich konnte es nicht. Die Tatsache, dass ich das alles hier niemals erwartet hatte, trübte meine Vorstellungen. Ich konnte mir nicht ausmalen, wer er wirklich war. Ich hoffte noch immer instinktiv, dass das ein blöder Scherz von Nora und ihm war. Das Nora gleich hinter der Tür herausspringen oder aus dem Schrank hüpfen würde und mir sagen würde, dass das alles nur ein Witz war. Aber das würde nicht passieren. Ich saß in der Klemme.

»Das ist krank, weißt du das??«

»Das ist die Art und Weise, wie wir leben«

Ich stellte mich vor Matteo und schaute ihm in die Augen. »Ich werde Niemandem etwas erzählen. Im Gegenzug lasst ihr mich und meine Familie in Ruhe. Klar?«

Er blickte zu mir herunter. Sein Ausdruck verriet etwas, aber ich wusste nicht genau, was es war. Ich wollte hoffen, dass sich diese Sache damit erledigt hatte. Aber trotzdem schien sich das nicht einfach so zu regeln. Ich hatte Angst vor dem, was passieren würde. Ich hatte, ohne es zu wollen, ein Geheimnis gelüftet. Vor mir stand ein Mann, der nicht wirklich harmlos zu sein schien. Und ich war mittendrin. Wie hatte ich das bloß geschafft?

»So einfach ist das nicht, Bella«, erklärte er und für einen Moment wollte ich ihm nicht weiter zuhören. Seine grünen Augen nahmen mich komplett ein, sorgten dafür, dass auch ich eine von den Frauen sein wollte, die von ihm berührt wurden, aber andererseits wollte ich ihn nie wieder sehen.

»Aber ich werde mit meinem Vater darüber reden. Das was du weißt..«, er seufzte. »Es könnte uns unseren ganzen Plan zerstören. Und das wird mein Vater mit Allem was er hat verhindern«

»Klar«, flüsterte ich. »Der Plan, der mich nichts angeht«, fügte ich hinzu und versuchte, die Puzzleteile, die vor mir lagen, zurechtzulegen. Doch es funktionierte nicht. Solange Matteo nicht mit mir redete, würde sich kein Bild ergeben.

»Wir können das nicht gebrauchen. Es geht hier um Leben und Tod«

Ich nickte. Okay. Dann würde ich mitspielen. »Ich will, dass du mir versprichst, dass meiner Familie nichts passiert. Keinem. Weder Dad, noch seiner Freundin, noch meinen Schwestern. Vor Allem meinen Schwestern. Wenn ich herausfinde, dass du ihnen auch nur ein Haar krümmst, dann..«, ich hielt inne, als er mir so nah war, dass nur noch ein paar Zentimeter mein Gesicht von seinem trennte.

»Dann was, Bella?«, flüsterte er leise fragend. Ich verlor für einen Moment den Bezug zur Realität.

»Dann tue ich dir weh«, antwortete ich und versuchte ernst zu klingen. Aber wahrscheinlich war ich nicht wirklich glaubwürdig. Matteo grinste provokant. Und ich war wieder in der Gegenwart.

»Natürlich, das glaube ich dir aufs Wort«

Meine Vermutung bestätigte. Matteo hatte kein Angst vor mir. Wovor sollte er auch Angst haben? Anscheinend fürchtete sich ganz Sizilien vor ihm und seiner Familie. Matteo jedoch fürchtete sich nicht. Ganz im Gegenteil, er lachte, sobald jemand ihm drohte oder ihm Angst machen wollte. Das war das wirklich Angsteinflößende an Matteo. Dass er genau wusste, dass nichts ihm etwas anhaben konnte und lachte, wenn jemand dies auch nur in Erwägung zog.

Ich würde noch herausfinden, was das mit diesem komischen Plan auf sich hatte. Und ich würde auch herausfinden, was mit seiner Familie und ganz besonders mit seiner Mutter passiert war. Aber nicht jetzt. Nicht heute. Schließlich würde ich ab jetzt viel Zeit mit ihm verbringen.

»Und jetzt? Darf ich endlich schlafen gehen?«, fragte ich etwas entnervt und blickte ihn an. »Ja, wir reden morgen weiter«

Ich wollte nicht, dass wir morgen weiterredeten oder uns nochmal darüber unterhalten mussten. Aber wahrscheinlich würde ich dem nicht mehr entgehen können. Ich ging auf seine Zimmertür zu und wollte gerade verschwinden, doch hörte, wie wunderschön er meinen Namen ein letztes Mal über seine Lippen rollen ließ.

»Bitte bring mich und dich bis morgen in keine unangenehme Situation. Erzähl Nora oder ihrer Mutter nichts. Ich habe vielleicht noch ein bisschen Mitleid mit dir. Aber mein Vater nicht. Merk dir das«

Ein kalter Schauder lief mir über meinen Rücken, als ich, nur nickend, das Zimmer verließ. Ich bemerkte nicht, dass Matteos Vater vor der Tür stand und ich war kurz davor, über ihn zu stolpern. Seine grünen Augen trafen mich wie Messerstiche und ich wusste, dass Matteo das, was er über seinen Vater gesagt hatte, vollkommen ernst meinte. Ich biss meine Zähne zusammen und hätte ihn am Liebsten Beleidigungen an den Kopf geworfen. Doch ich blieb anständig, so wie immer. Ich hob meinen Kopf wieder und ging an Paul - oder wie auch immer er in Wirklichkeit hieß - vorbei. Versuchte ihm zu zeigen, dass ich keine Angst vor ihm und seiner Mafia-Familie hatte, auch wenn ich innerlich kurz davor war, wegzulaufen und nie wieder zurückzukehren. Ich spürte die Blicke von Paul, bis ich im Zimmer angekommen war und mich hingelegt hatte. Dann ließ ich das alles noch einmal Revue passieren. Einerseits fraß mich die Angst auf. Ich erschauderte jedes Mal, wenn ich realisierte, was ich heute Nacht erfahren hatte. Andererseits verwirrten mich die Gefühle zu Matteo. Und zuletzt quälte mich eine einzige Frage. Wie würde ich es schaffen, alle um mich herum anzulügen?

Als ich meine Augen schloss, sah ich meine kleinen Schwestern und die Gefahr, in welche ich die Beiden gebracht hatte.

Der nächste Morgen verging langsam. Matteo und sein Vater schienen nicht Zuhause zu sein, als Noras Mutter uns ein paar Pancakes und Orangensaft vor die Nase stellte. Mein schlechtes Gewissen plagte mich und seitdem ich meine Augen heute morgen aufgeschlagen hatte, fühlte ich mich ausgelaugt und erschöpft. Und schlecht fühlte ich mich auch. Ich konnte nicht fassen, dass ich Jedem etwas vormachen musste. Ich war in einer schrecklichen Lüge gefangen und musste Angst vor dem haben, was als Nächstes passierte.

»Hast du nicht gut geschlafen, Schätzchen?«, fragte mich Noras Mutter, während ich vergeblich versuchte, ein Stück Pancake herunterzuschlucken. »Ach, ich bin nur noch immer müde von der Reise. Alles ist gut«, murmelte ich vor mich hin und zwang mich zu einem Lächeln. Beide gaben sich mit dieser Antwort zufrieden. Nach ein paar Minuten schaute Nora mich aufgeregt an.

»Hast du morgen schon etwas vor?«, fragte sie mich und ich schüttelte nur den Kopf. Ich würde alles mit ihr unternehmen wollen. Hauptsache ich müsste Matteo und seinem herzlosen Vater nicht begegnen. »Sehr schön. Ein guter Freund von mir schmeißt nämlich eine Pool-Party bei sich Zuhause und wir Hübschen gehen dort hin«

Ablenkung. Das war genau das, was ich brauchte. Ich müsste Matteo nicht begegnen und mich nicht damit auseinandersetzen, dass ich herausgefunden hatte, wer er und sein Vater waren und was sie vorhatten. Ich blickte kurz zu Nora und ihrer Mutter, während sie zu zweit in der Küche verschwanden, um sich Nachschlag zu holen. Ich hörte gar nicht mehr richtig zu. In mir drinnen schmerzte es zu wissen, dass Matteo und sein Vater die beiden alleine lassen würden. Und das schon in spätestens einem Monat. Wie konnte man so grausam sein? Wie konnte man ein Leben in der Mafia führen, ohnehin schon erbarmungslos sein und auch noch zwei - seit gestern drei - unschuldige Menschen mit hinein ziehen? Noras leiblicher Vater hatte ihre Mutter betrogen. Und jetzt sollte sie auch ihren neuen Mann verlieren, ohne Jemals zu erfahren, wieso? Augenblicklich ließ ich meinen halben Pancake liegen. Mein Magen zog sich schmerzhaft zusammen und erst jetzt realisierte ich so richtig, was hier passierte. Und ich brauchte meine Ruhe, um darüber nachzudenken.

»Ich gehe schon Mal rüber, Nora. Sehen wir uns heute Abend?«, rief ich ihr fragend zu und sie streckte ihren Kopf aus der Küche. »Du gehst schon?«

Ich nickte. Schnell dachte ich mir eine Ausrede aus. Jedoch war das nicht wirklich gelogen. »Ich muss nach Emilia und Ana schauen. Lass uns heute Abend etwas unternehmen«

Sie lächelte über beide Ohren. »Schreib mir einfach. Und gib Emilia einen Kuss von mir!«, sagte sie, ehe sie wieder in der Küche verschwand. Schnell schnappte ich mir meine Sachen aus ihrem Zimmer und ging aus der Tür. Ich war so damit beschäftigt, über diese ganze Sache nachzudenken, dass ich nicht nach vorne schaute und direkt in Matteos Arme lief. Ich spürte, wie er mich auffing und festhielt. Dann nahm ich nur noch seine grünen Augen wahr, die sich in meine bohrten. Mein Magen machte Sprünge, aber ich unterdrückte dieses Gefühl so gut, wie ich konnte.

»Schaust du nicht nach vorne, Micina?«, ich verdrehte meine Augen. »Lass mich in Ruhe, Vollidiot«, fauchte ich ihm entgegen und ging an ihm vorbei. Hinter ihm stand sein Vater, welcher mich wortlos musterte und sich wahrscheinlich fragte, auf welche Art und Weise ich sterben sollte.

Ich erkannte in seinen Augen, dass es ihm ganz und gar nicht passte, dass ich davon wusste. Aber ich wollte mich nicht mit den Beiden beschäftigen. Aus irgendeinem Grund hatte ich plötzlich das Bedürfnis, in mein Zimmer zu gehen und mich dort einzusperren. Ich blickte kein einziges Mal hinter mich, als ich unsere Einfahrt überquerte und die Treppen zu unserer Haustür - schneller als sonst - bestieg. Ich war einfach froh, als ich die Tür hinter mir zugeschlossen hatte.

»Bellaaaaaa«, erklang es vom Nebenzimmer und ich musste unwillkürlich lächeln, als Emilia mir regelrecht in die Arme sprang. Ich freute mich. Einerseits, weil sie zuckersüß lächelte und schon auf mich gewartet hatte, andererseits, weil ich nun wusste, dass es ihr gut ging. Ich drückte sie an mich, ehe ich mit ihr nach oben ging, ohne Jemand anderes im Haus zu begrüßen. Ich war müde und nicht in der Verfassung dazu.

»Was machst du jetzt, Bella?«

»Ich lege mich jetzt Schlafen, Süße«, sagte ich und ließ mich in mein Bett fallen. Emilia machte mir sofort nach und lag nach ein paar Sekunden schon dicht neben mir. Ich positionierte mich, sodass ich gemütlich in meinem Bett lag, und deckte uns zu. Sie war ebenfalls noch in Pyjama unterwegs, schließlich war es zehn Uhr morgens. »Darf ich neben dir liegen bleiben? Bitteeee«, sie setzte ihr unwiderstehliches Lächeln auf. »Ich habe dich so vermisst«, fügte sie etwas leiser hinzu.

»Natürlich, meine Süße«, antwortete ich und schloss meine Augen. Emilia kuschelte sich an mich und lachte kurz auf. Ich öffnete meine Augen, nur um in ihr entzücktes Gesicht zu schauen. Sie munterte mich auf und das ohne, dass sie es überhaupt wusste. »Was ist los?«

»Nichts«, murmelte sie kichernd und schaute mich mit großen Augen an. Dann flüsterte sie. »Mason ist voll süß!«, sagte sie leise, so als könnte er uns hören. Innerlich schüttelte ich meinen Kopf.

Zum Glück sah sie die Welt noch rosarot. Und zum Glück war sie so ein glückliches Kind. Ich stattdessen war verwirrt und hatte Angst um sie. Um sie, um meine Familie...

Und um mich.

>>>

Hiiii Leute. Ich hoffe es geht euch gut.

Wollt ihr das nächste Kapitel aus Matteos Sicht?

Und wie gefällt euch die Story bisher?

Wir sehen uns! Lasst eure Meinungen da! Liebe euch 💛

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