Doch es gibt kein Grund, sich jetzt zu hassen. Denn wer ist Schuld daran, ...

Màu nền
Font chữ
Font size
Chiều cao dòng

....wenn Momente sich verpassen

,,Hmmm...'', grummelte ich genervt auf, presste das Kissen näher an mein Ohr und vergrub mein Gesicht im Bettlaken. Erneut ertönte das schrille Summen, was ich als unsere Klingel identifizieren konnte, durch das komplette Haus.
Seit geschlagenen zehn Minuten klingelte es durchgängig und es wollte einfach nicht aufhören. Ich könnte es ganz schnell beenden, in dem ich an die Haustür gehen würde, aber ich hatte kein Interesse daran.
Wozu auch? Wenn meine Nachbarn sich irgendwas bestellt hatten, sollten sie gefälligst dafür sorgen, dass sie zum Lieferungstermin Zuhause waren. Ich bin doch keine verdammte Paketstation, das ist doch nicht mein Problem.

Außerdem wollte ich mich niemanden zeigen. Ich wollte keine Menschenseele mit diesem Anblick konfrontieren, den ich seit Tagen pflegte und der sich in nächster Zeit auch nicht ändern oder bessern würde.
Ich fühlte mich elendig und wollte nicht, dass irgendjemand etwas davon erfuhr.Ich wollte nur noch in Ruhe gelassen werden, mich in meinem Zimmer verschanzen und am liebsten für immer alleine bleiben.
Seitdem Vorfall mit Lukas, hatte ich das Haus nicht mehr verlassen. Meine Mama und Frank hatten die Woche über Frühschicht, sodass sie meistens schon weitaus vor der Schule aus dem Haus waren, wodurch ich Gott sei Dank liegenbleiben konnte.

Ich wollte nicht darüber nachdenken, was wäre, wenn ich mich aus dem Bett quälen und ziellos durch die Straßen tigern müsste. Es wäre die absolute Hölle, denn ich fand nicht die Kraft dazu, mich aus dem Bett zu hieven, ins Badezimmer zu gehen und mich für den Tag fertigzumachen.
Lukas wusste es eh, also musste ich mir die Mühe nicht mehr machen. Ich brauchte keine Energie für etwas aufbringen, was von Anfang an zum Scheitern verurteilt gewesen ist und für das ich endlich meine Rechnung bekommen hatte.
Er wollte sowieso nichts mehr von mir wissen. Lukas hatte sich noch kein einziges Mal gemeldet, obwohl er es immer gewesen ist, der sich tierisch Sorgen um mich machte. Ich hatte ihm geschrieben, aber die Haken blieben blau und das online, änderte sich in kein 'Schreibt...' um.

Wenn ich ihm wirklich so wichtig wäre, wie er es immer betont hatte, hätte er mir wenigstens eine Antwort auf all meine Fragen gegeben. Ich hätte mich schon mit einem 'Nein' oder 'Ich habe keine Lust zu schreiben' zufrieden gegeben.
Es lohnte sich nicht, etwas hinterher zu laufen, was ich nicht mehr haben konnte. Lukas ist ein so harmoniebedürftiger Mensch und versuchte Stress immer aus dem Weg zu gehen, oder es sofort aus der Welt zu schaffen.
Würde Lukas noch irgendwas an mir liegen, wäre er schon längst auf mich zu gekommen, hätte sich meine Seite angehört und versucht, mich zu verstehen. Aber bei uns gab es da nichts mehr zu kören, denn ich hatte auf allen Ebenen maßlos verkackt.

Also wozu fertigmachen und nach draußen gehen? Dort draußen wartete niemand auf mich. Es machte überhaupt keinen Unterschied, ob ich unter der Brücke saß, oder im Bett lag und Däumchen drehte.
Kein Mensch würde auf mich zu kommen, mich in den Arm nehmen und mir sagen, dass man mich vermissen würde. Ich könnte einfach verschwinden und keiner würde es bemerken, weil ich niemanden wichtig bin.
Alle hatten genug mit ihrem Alltag zutun, in den ich nicht hineinpasste, weil ich eine verdammte Last bin, die keiner mit sich herumtragen wollte. Man nahm mich so lange mit, wie man auch die Kraft dafür aufbringen konnte, danach ließ man mich einfach fallen.

Lukas wäre die einzige Person, die mich noch aufgefangen hätte, aber das hatte ich von meinen Lügen. Ich hätte so vieles von dem haben können, was ich mir immer gewünscht hatte, aber viel lieber hatte ich es mir kaputtgemacht.
Was für Erwartungen hatte ich auch gehabt? Hatte ich wirklich geglaubt, dass ich mich irgendwann aus dieser viel zu festen Schlinge befreien könnte, ohne auch nur einen einzigen Kratzer davon zu tragen?
Jeder normal denkende Mensch hätte mir sagen können, dass es früher oder später herausgekommen wäre. Ich hatte doch gewusst, was auf mich zu kommen würde und trotzdem hatte ich es bis auf die letzte Millisekunde hinausgezögert. 

Wenn ich Lukas nicht geradewegs in die Arme gelaufen wäre, würde ich ihn noch immer in eine Welt entführen, die so nicht existierte. Ich würde ihn immer höher auf meinen Berg voller Lügen schleppen und selbst nicht mehr wissen, was die Wahrheit ist.
Wahrscheinlich wäre so alles viel einfacher. Ich wäre glücklich mit ihm zusammen und müsste mir keine Sorgen machen. Es würde mir deutlich besser gehen und irgendwann wären die Lügen zur Gewohnheit geworden, sodass ich mich nicht mehr schlecht fühlen konnte.
Aber die Luft hätte sich immer weiter zu geschnürt. Ich hätte ihn an meiner Seite behalten können, aber mit keinem guten Hintergedanken. So sehr es auch zur Gewohnheit geworden wäre, die Schuldgefühle hätten mich gefressen.

,,Ey, verdammte Scheiße!'', meckerte ich, weil das Klingel nicht mehr aufhören wollte. Vollkommen genervt, schmiss ich das Kopfkissen zur Seite und kämpfte mich aus der Bettdecke. Ich schwang die Beine übers Bett und fuhr mir durch die Haare.
Ich ging ans Fenster, aber erkannte nicht den gelben Transporter, der immer so dicht an unserem Zaun parkte, dass er den Tulpen meiner Mama die Sonne wegnahm. Ich seufzte frustriert auf, lehnte mich gegen die Heizung und wartete.
Aber das penetrante Klingeln, was immer mehr zu nahm, wollte nicht aufhören. Ich rieb mir über die Schläfen, weil mir das Geräusch langsam Kopfschmerzen bereitete und fragte mich, wer denn etwas so Wichtiges von uns wollte, dass er nachdem zweiten Mal nicht aufgegeben hatte.

,,Meine Fresse, ist doch gut jetzt!'' Wütend darüber, dass ich in meinem Selbstmitleid so gestört wurde, stampfte ich zum Schrank und zog mir schnell etwas über. Ich wartete noch einen kurzen Augenblick, aber die Person ließ nicht locker.
Noch viel lauter als sonst, damit die Person, die sich und ihren Finger nicht von der Klingel trennen wollte, hören konnte, dass ich jetzt endlich zu ihr kommen würde, lief ich die knarzende Treppe herunter.
,,Alter, was hast du für ein scheiß Problem, dass du...'' Das Klingeln wurde abrupt unterbrochen und auch meine Stimme wurde immer leiser, als ich die Haustür mit einem gewaltigen Schwung aufgerissen hatte.

,,L...Lukas?'' Er nahm seinen Finger von der Klingel und lächelte mich entschuldigt an, während ich ihn mit großen Augen musterte. Sofort begann ich am ganzen Körper zu zittern und fragte mich, was er hier zu suchen hatte. Ist das Alles ein Traum? Versteckte Kamera?
Doch ein unauffälliger Kniff in den Arm versicherte mir, dass das Alles kein Traum ist und mein Kopf mir keinen Streich spielte. Lukas stand wirklich hier, sah mich mit seinen blaugrauen Augen an und wurde etwas roter rund um seine Nase.
,,Hey.... Kann... Kann ich vielleicht reinkommen?'', fragte er schüchtern und kratzte sich etwas verlegen am Hinterkopf. Er kam eine Treppenstufe höher und sah mich mit seinen bittenden Hundeaugen an.

 Am liebsten wollte ich ihm die Haustür direkt vor der Nase zu knallen und ihm sagen, dass er sich verpissen sollte. Ich wollte ihn nicht sehen, obwohl ich mir die letzten Tage nichts sehnlicher gewünscht hatte.
Doch in diesem Moment tat es einfach weh, ihn vor mir stehen zu haben und den Menschen ansehen zu müssen, dem ich so viel Schaden zugefügt hatte. Ich wollte Lukas nicht verletzten und doch hatte ich es getan.
Ich wünschte ihn weit, weit weg von mir, denn ich wollte nicht, dass ich Lukas noch mehr verletzte und enttäuschte. Es hatte schon gereicht, dass ich es einmal getan hatte, es sollte nicht noch einmal wiederholt werden.

,,Was willst du hier? Willst du deine Sachen holen? Willst du Schluss machen?'' Ich hielt mir die Tränen zurück und krallte mich an der Türklinke fest, um wenigstens irgendeine Art von Halt in dieser Hoffnungslosigkeit zu haben.
,,Nein, auf keinen Fall!'', schoss es wie aus der Pistole aus ihm heraus und eifrig schüttelte er den Kopf. Er sah mich mit geweiteten Pupillen an und auch wenn es zu der Situation nicht passte, legte sich ein Lächeln auf meine Lippen, weil er mit der Antwort nicht lange gezögert hatte.
,,Kann ich bitte reinkommen, Timi? Ich möchte mit dir reden und das eher weniger zwischen Tür und Angel.'', griff Lukas seine Frage von eben sofort wieder auf, kam näher auf mich zu und sah mich bettelnd an. Ich seufzte leise, trat einen Schritt zur Seite und nickte zustimmend.

Sehr gerne hätte ich über die Lippen gebracht, dass er keine Anforderungen stellen sollte. Ich hatte schließlich schon vor einigen Tagen angeboten, dass wir miteinander reden könnten, aber da ist er lieber weggelaufen.
Lukas hätte das wahrscheinlich auch verstanden und wäre ohne jegliche Kompromisse wieder nach Hause gefahren, so wie ich ihn kannte. Doch das löste unser Problem nicht. Wenn Lukas sich schon bereit dazu fühlte, mit mir zu reden, sollte ich das Angebot auch annehmen.
Natürlich machte es mir immer noch zu schaffen, dass Lukas vor einigen Tagen so aufgeflippt ist und mir nicht zu hören wollte. Es ließ mich nicht kalt und auch jetzt bekam ich totales Herzrasen, obwohl er nichts Schlimmes getan hatte.

Womit hatte ich aber auch gerechnet? Lukas hatte mich oft genug in den Arm genommen und mich mit Küsschen ruhig gestellt. Er hatte immer total entspannt auf jede noch so dumme Aktion reagiert und ist einer der Wenigen gewesen, der trotzdem noch hinter mir stand.
Seine Reaktion auf das, was ich getan hatte, ist berechtigt gewesen. Ich hatte ihn eiskalt angelogen und etwas aufs Spiel gesetzt, womit ich ihm immer wieder heulend in den Armen gelegen hatte.
Ich hatte mich dieser Verantwortung zu stellen, ob ich wollte, oder nicht. Ich hatte das Fass zum Überlaufen gebracht und wenn ich ihn schon anlügen konnte, sollte ich wenigstens den Arsch in der Hose haben, mit ihm zu reden, wenn die ganze Scheiße aufflog.

,,Bist du alleine?'', fragte mich Lukas, als er sich die Schuhe ausgezogen hatte und seine Jacke an der Garderobe anhing. Die Frage hatte er eher gestellt, um das unangenehme Schweigen zu unterdrücken, denn wäre ich nicht alleine, hätte er nicht Ewigkeiten vor der Haustür gestanden.
,,Ja, Mama, Frank und meine Geschwister sind zu einem Indoor-Spielplatz gefahren. Ich wollte nicht mit, das ist nicht so meins.'', antwortete ich ihm trotzdem mit heiserer Stimme und traute mich gar nicht, ihn anzusehen.
Es fühlte sich merkwürdig an, ihn nach diesem Vorfall wieder bei mir zu haben. Ich mochte seine Nähe und konnte mir nichts Schöneres auf dieser Welt vorstellen. Gleichzeitig wollte ich ihn immer noch nach Hause schicken und am liebsten niemals wiedersehen. Was hatte ich getan...

,,Können wir vielleicht hoch in dein Zimmer? Oder... ähm... Wo möchtest du gerne hin?'', fragte Lukas und hielt einen ungewohnt gesunden Abstand zu mir. Er lehnte sich gegen die Wand und kratzte mit den Fingernägeln über seine Arme, wie immer, wenn er nervös ist.
,,Wir können ruhig hoch.'', sagte ich knapp und setzte zögerlich, als könnte etwas kaputtgehen, meinen Fuß auf die erste Treppenstufe. Ich warf einen unsicheren Blick zu Lukas, der mich schief anlächelte und seine Hand ebenfalls ans Treppengeländer legte.
Gemeinsam gingen wir nach oben und während ich die Zimmertür öffnete, sah in meinem Augenwinkel, wie Lukas mich besorgt von der Seite musterte. Seine Hand zuckte in die Richtung meines Rückens, aber er konnte sich noch rechtzeitig davon abhalten, mich zu berühren.

Ich biss mir auf die Unterlippe und kam mir vor, als wäre Lukas ein Fremder, der noch seine Grenzen austesten wollte. Er wollte nichts überstürzen und traute sich gar nicht, mich in irgendeine Art und Weise zu berühren, weil er nicht zu voreilig und aufdringlich sein wollte.
Dabei waren wir uns schon so nah. Wenn Lukas wollte, könnte er mich an jeder erdenklichen Körperstelle berühren, ohne, dass es mir im Entferntesten irgendwas ausmachen oder unangenehm sein würde.
Aber gerade lagen Welten zwischen uns und der Gedanke, dass ein Schritt zu viel, alles zum Einsturz bringen könnte, legten uns beiden eine Angst auf die Haut, die so schnell nicht wieder schwinden wollte.

Dabei hatten wir uns nicht angeschrien und mit verbotenen Worten attackiert. Unser Zusammentreffen hätten so viel schlimmer enden können und wahrscheinlich hatte Lukas auch genau damit gerechnet.
Er wusste ganz genau, wie ich werden konnte, wenn mir irgendwas nicht passte und mir jemand vorschreiben wollte, was ich zutun und was ich zu lassen hatte. Ich würde ihm körperlich in keinsterweise wehtun, trotzdem hatte Lukas unglaublichen Respekt vor mir.
Etwas zögerlich, fast schon schleichend, damit ihn keiner hören konnte, kroch er hinter mir her, zerbiss sich die wunderschöner Unterlippe, spielte mit seinen Händen und fuhr sich über die Arme.

Wir traten in mein Zimmer und ein unwohles Grummeln durchfuhr meinen Bauch. Das Gefühl, mich jetzt nicht zu ihm drehen und ihn so lange küssen zu können, bis wir nur in Boxershorts bekleidet in meinem Bett landen würden, brach mir das Herz.
Ich seufzte leise, hielt mir die Tränen zurück und wartete darauf, dass Lukas einen Ton von sich gab. Wir beide merkten, dass unausgesprochene Worte in der Luft schwebten, die nur noch von uns geschnappt werden wollten.
,,Timi, ich wollte mich entschuldigen für das, was ich da am Dienstag zu dir gesagt habe. Ich wollte nicht so ausrasten. Es tut mir leid.'', brach Lukas die andauernde Stille zwischen uns atmete einmal tief durch.

,,Ich hätte das nicht tun dürfen. Ich hätte mir dir darüber reden und mir deine Sicht anhören sollen. Das ist nicht in Ordnung von mir gewesen. Ich hoffe, du kannst mir verzeihen....'', seufzte er leise und fuhr sich eine Träne aus dem Augenwinkel.
,,Ich hätte einfach nicht damit gerechnet, dich da aus dem Supermarkt gehen zu sehen. Wir waren wegen einem Schulprojekt dort und da denke ich an nichts Böses, dann stehst du da plötzlich vor mir.''
,,Ich bin total sauer und geschockt gewesen, weil... Verdammt Timi, warum hast du denn geschwänzt? Was ist passiert? Warum fängst du wieder damit an? Du kannst das doch nicht aufs Spiel setzen!'' Lukas wurde aufgebrachter und packte mich an den Schultern.

,,Du hast doch nicht mehr so viele Fehlstunden und bei so einem wichtigen Tests solltest du anwesend sein. Was ist denn los gewesen, dass du nicht in der Schule warst?'' Lukas krallte sich an mir fest und sah mir tief in die Augen.
,,Du gehst doch noch zur Schule, oder? Der letzte Satz, den du zu mir gesagt hast, das ist ein Scherz gewesen, oder?'' Er biss sich nachdenklich auf die Unterlippe und augenblicklich wendete ich den Blick von ihm ab.
Die ersten Tränen liefen mir die Wangen hinunter. Ich begann zu zittern und mein Herzschlag verdoppelte sich um das Dreifache. So lange hatte ich mich erfolgreich vor diesem Moment gedrückt und endlich ist er gekommen. Ich könnte wieder lügen, aber das wollte ich nicht.

,,Lukas... Lukas, kannst du mir was versprechen, bitte?'', war das Erste, was ich zu meiner Verteidigung zu sagen hatte. Ich senkte den Blick etwas nach oben und drückte seine Arme von mir weg, in die er mich gerade ziehen wollte.
,,Natürlich! Was ist denn?'' Verwirrt musterte er mich und strich mir die Tränen aus dem Gesicht, die an meinem Kinn hängenblieben. Es kribbelte angenehm und ein leichtes Lächeln legte sich auf meine Lippen. Warum drückte ich etwas von mir weg, was mir so gut tat?
,,Kannst du bitte nicht ausrasten, wenn ich dir gleich etwas zeige? Du kannst sagen, was du willst, aber bitte bleib' ruhig, hör' mir zu und geh' nicht.'' Ich sah ihn mit großen Augen an und presste die Lippen aufeinander, um weitere Tränen zurückzuhalten.
,,Versprochen.'', stimmte Lukas sofort zu und untermalte seine Antwort mit einem sicheren Nicken.

Ich löste mich von ihm, fuhr mir die Tränen aus dem Gesicht und hockte mich einmal auf den Boden, um unter mein Bett zu greifen. Ich holte das Selfcare-Kit hervor, öffnete dieses und mit zittrigen Fingern suchte ich nachdem Brief.
Ich konnte förmlich spüren, wie Lukas jeden einzelnen meiner Schritte beobachtete. Angespannt musterte er mich, doch ein ein Lächeln umspielte seine Lippen, weil ich ihm seinen kleinen Wutausbruch verziehen hatte. Ich hatte was viel Schlimmeres getan...
Ich holte die Zettel aus dem Umschlag, stellte die kleine Kiste auf dem Bett ab und ging auf ihn zu. Ich musterte das Papier in meinen Händen und meine Beine fühlten sich so an, als wäre ich einmal um die Welt gelaufen.

,,Ich hoffe, du hasst mich nicht...'' Bevor ich einen Rückzieher starten konnte, streckte ich ihm die Zettel entgegen, die Lukas sofort verwundert an sich nahm und sich durchlas. Ich lehnte mich an den Sessel und wartete mit wild pochendem Herz seine Reaktion ab.
Seine Augen weiteten sich im Sekundentakt, die Kinnlade fiel ihm mit einem Mal herunter und eine Träne lief ihm langsam übers Gesicht. Vollkommen fassungslos schüttelte er mit dem Kopf und warf immer wieder einen Blick zu mir, den ich nicht ganz deuten konnte.
Wenn ich könnte, würde ich am liebsten aus diesem Haus rennen. Egal wohin, Hauptsache ich rannte und meine Probleme könnten mich nicht einholen. Aber dafür ist es mittlerweile zu spät, denn sie hatten mich gekriegt und jetzt musste ich mich ihnen stellen.

,,Das ist ein schlechter Scherz, oder?'', fragte Lukas geschockt nach, als er das Alles erstmal verarbeitet hatte. ,,Timi, sag' mir, dass das ist nicht wahr ist!'', wurde er etwas lauter und schloss die Augen, um einmal tief durchzuatmen.
,,Wie lange weißt du das schon?'', fragte Lukas etwas ruhiger und öffnete die Augen wieder. ,,Einen... Eine Wo... Seit einem Monat...'', flüsterte ich leise, krallte mich am Stoff des Sessels fest und musste einmal schwer schlucken.
,,WAS?'', stieß Lukas erschrocken aus und sah runter auf die Blätter, um diese von allen Seiten zu mustern. In der Hoffnung, irgendeinen Anhaltspunkt zu finden, der ihm versicherte, dass das Alles einfach nur ein schlechter Scherz ist.

,,Aber was ist mit den ganzen Tafelbildern und Tests aus der Zeit? Du hattest doch ständig was.'', harkte Lukas irritiert nach, kam näher auf mich zu und fuhr sich völlig ratlos durch die dunkelblonden Haare.
,,Timi, hast du mich etwa angelogen? Mit allem? Diese ganzen Erfolge, die du hattest?'' Lukas stellte sich diese Frage eher selbst, lief im Kreis durch das Zimmer schüttelte immer wieder mit dem Kopf.
,,Deswegen bist du auf einmal so ruhig gewesen, als es um die Schule ging. Deswegen hast du lieber mit mir rumgeknutscht und direkt abgeblockt. Was wolltest du auch sonst machen?'', traf Lukas die Erkenntnis wie ein Blitz.

,,Lukas, ich...''
,,Willst du mich verarschen, Timi? Warum hast du das gemacht?'' Seine Stimme klang sehr dunkel und ein eiskalter Schauer lief mir über den Rücken. ,,Warum lügst du mich an, verdammte Scheiße?'' Lukas kam mir näher und packte mich wieder an den Schultern.
Ich wendete den Blick von ihm, heulte leise und ein riesiger Kloß bildete sich in meinem Hals. Ich fand einfach keine Worte, um zu beschreiben, wie ich mich gerade fühlte, was ich dachte und wo ich lieber wäre.

Lukas legte seine Hand um mein Kinn und zwang mich somit, ihm in die Augen zu sehen. Sofort verpasste es mir einen Stich ins Herz, denn sein Blick zeigte eine Mischung aus Wut, Enttäuschung und Schock.
Meine Sicht verschwamm immer mehr und meine Knie wurden immer leichter. Er krallte sich an meiner Schulter fest, doch ich wartete nur noch darauf, endlich von ihm fallen gelassen zu werden.
Ich wollte schreien, aber bekam keinen einzigen Ton heraus. Ich wollte mit Dingen um mich werfen und alles kurz und klein hauen. Aber ich hatte nicht die Kraft dazu, es kostete mich viel zu viel. ,,Ich wollte das nicht...''

Lukas löste seine Hand von meinem Kinn, lockerte den Griff um meiner Schulter und trat einige Schritte von mir weg. Er musterte mich mit seinen enttäuschten Augen, atmete tief durch und öffnete und schloss den Mund wieder.
Eine Träne vermischte sich mit der Nächsten und das Einzige, was man in diesem Haus hören konnte, war unser unkontrollierter Atem. Ich wendete den Blick wieder zu Boden und heulend brach ich vor ihm zusammen.
Doch bevor ich auf dem Boden ankommen konnte, packte er mich unter den Armen und zog mich zu sich. Sein vertrauter Duft stieg mir in die Nase und mein Weinen verstummte augenblicklich.

Er schlang seine Arme fest um meinen Körper, presste mich näher an sich und lehnte sich mit mir zusammen gegen das Bett. Ich krallte mich wie ein Ertrinkender an ihm fest und schluchzte leise in sein Shirt.
Lukas streichelte mir beruhigend über den Rücken und flüsterte mir mit ungewohnt lieblicher Stimme ins Ohr, dass ich tief ein und ausatmen sollte. Er legte seine Beine um mich und fuhr mir die Tränen zärtlich aus dem Gesicht .
,,Warum machst du das?'', fragte ich ihn weinend, doch bekam keine Antwort. ,,Shhh, ruhig bleiben...''. Zögerlich schlang ich die Arme um ihn und lauschte seinem viel zu schnellen Herzschlag.

Nach und nach wurden die Tränen immer weniger, mein Zittern hörte auf und mein Adrenalinspiegel senkte sich. Ich ahmte Lukas' ruhigen Atem nach und warf einen schüchternen Blick zu ihm nach oben.
,,Danke...'', flüsterte ich leise, löste mich von ihm und griff nach der Taschentücherbox, um mir die Nase auszuschnauben. Ich drückte ihm auch eines in die Hand und ließ mich im Schneidersitzen neben ihm nieder.
Lukas machte es mir gleich, krallte sich an dem Taschentuch fest und atmete einmal tief durch. Er ließ seinen Blick durch das Zimmer schweifen und sah zu unseren Bildern, die neben dem PC hingen. Eine Träne rollte ihm die Wange herunter, die er sich sofort wieder wegwischte.

,,Warum hast du mir nichts gesagt?'', durchbrach Lukas unser andauerndes Schweigen. Er drehte seinen Kopf zu mir, fuhr sich seinen viel zu langen Pony aus dem Gesicht und zerrupfte sein Taschentuch.
,,Weil ich dich nicht verletzen und enttäuschen wollte.'', sagte ich wahrheitsgemäß und spielte mit meinen Händen. ,,Ich... keine Ahnung, ich hab' mich da in was verrannt und konnte es nicht mehr stoppen.''
,,Ich hatte eine wirklich beschissene Woche gehabt, wo alles schief lief, was nur schief laufen konnte. Ich hab' den Test in Geschichte verhauen, für den wir so viel gelernt haben. Ich hatte die falsche Präsentation für Kunst auf meinen Stick und... alles lief scheiße!''

,,In Physik hat es mir dann den Rest gegeben. Wir haben da Aufgaben gemacht, die ich nicht konnte und irgendwie habe ich mich da total reingesteigert. Wirklich jeder in diesem Raum hat das verstanden, nur ich konnte das wieder nicht.'' Ich griff nach einem neuen Taschentuch und schnaubte in dieses.
,,Das hat mich total verrückt gemacht und meine Lehrerin ist auch keine besondere Hilfe gewesen. Es hat mich einfach fertiggemacht, dass alle das hinkriegen. Ich hatte das Gefühl, als wäre ich ein Nichtsnutz und als würde ich ohne dich überhaupt nichts geschissen kriegen. Als wärst du der Grund meines plötzlichen Erfolges.''
,,Die Stunde hat mich total mitgenommen und von der ein auf die andere Sekunde sind mir die Sicherungen durchgebrannt. Ich wollte das nicht wirklich nicht, aber mein altes Ich kam wieder durch. Ich hab' mir eingeredet, dass ich das Alles nicht brauche und eh nicht schaffen werde, weil ich immer jemanden brauche, der mir hilft.''

,,Also bin ich von der Schule gegangen und hab' den Rest des Tages geschwänzt. Ich wollte das nicht, aber... Ich weiß, dass das nicht sein soll, aber ich habe mich in diesem Moment total befreit und glücklich gefühlt.'', gab ich schüchtern zu.
,,Ich hab's aber im nächsten Augenblick wieder bereut und wollte es dir auch sagen, Lukas. Ich hab' dich auch in der Pause beobachtet, als du mit Maria noch gelernt hast und mich total schlecht gefühlt, weil du da so nichtsahnend sitzt und dachtest, ich würde das Richtige tun...''
,,Es tut mir wirklich leid. Ich wollte nicht, dass es soweit kommt. Aber ich konnte nicht mehr anders. Ich hasse mich für das, was ich getan habe und dass ich das nicht mehr rückgängig machen kann.'' Ich begann wieder stark zu weinen und vergrub die Hände im Gesicht.

,,Lukas, ich wollte dir wirklich nicht wehtun, das musst du mir glauben. Ich wollte mich nicht in diese Scheiße verrennen, aber ich hatte Angst vor deiner Reaktion. Du hast dir so den Arsch für mich aufgerissen und damit habe ich dir gedankt.''
,,Ich weiß dich wirklich zu schätzen. Du bist mir unglaublich wichtig und nichts kann in Worte fassen, wie glücklich ich darüber bin, dass du immer für mich da gewesen bist und mir in den Arsch getreten hast, wenn ich mich mal wieder hab' hängenlassen.''
,,Aber das hast du nicht verdient. Ich bin ein Arschloch. Du musst dich für nichts entschuldigen und es ist dein gutes Recht gewesen, dass du mich am Dienstag so angemacht hast. Du hättest mir auch ruhig die Nase brechen können.''

Ich atmete einmal tief durch und sah zu ihm. Lukas sah mich mit großen Augen an und biss sich unsicher auf die Unterlippe. Er sah hinunter auf seine Hände, die das Taschentuch mittlerweile komplett zerpflückt hatten und schluckte einmal schwer.
Ich zog die Beine an meinen Oberkörper und legte mein Kinn auf diesem ab. Ich analysierte seine Körperhaltung wie ein Psychologe und blickte konzentriert auf seine Stirn, in der Hoffnung, seine Gedanken lesen zu können.
Ich hörte seinen gleichmäßigen, flachen Atem, sah seine Hände, die nervös mit dem zerstörten Taschentuch spielten und seine Augen, die immer wieder leicht schimmerten. Er fuhr sich die Tränen aus dem Gesicht und musterte mich.

,,Aber warum hast du denn nie was gesagt, Timi? Warum bist du nicht zu mir gekommen, wenn du scheinbar solche Probleme hast?'', sah Lukas irgendwann auf und legte fragend den Kopf schief.
,,Weil ich dich nicht verletzen und dir das Gefühl geben wollte, dass diese ganzen Nachmittage nichts bringen. Du hast dir so den Arsch für mich aufgerissen, deine Bedürfnisse immer hinten angestellt und das Alles nur, um für mich da zu sein.''
,,Ich möchte nicht, dass du denkst, dass mir das nichts bedeutet hat. Ich hab' deine Arbeit immer zu schätzen gewusst und bin dir so dankbar für alles. Ich wollte nicht damit spielen...'', sagte ich seufzend und fuhr mir durch die Haare.

,,Du hast allen Grund, mich jetzt zu hassen. Wenn du gehen möchtest, steht dir die Tür jederzeit offen, ich halte dich von nichts ab. Ich bin ein schrecklicher Freund. Du hast mich nicht verdient.'', weinte ich leise.
,,Timi, ich hasse dich nicht und gehen werde ich genau so wenig.'', erwiderte Lukas und rutschte näher an mich heran. ,,Aber du hast allen Grund dazu. Ich hatte meine Chance und habe sie eiskalt verspielt. Sowas muss man nicht unterstützen.'', schüttelte ich den Kopf.
,,Du musst jetzt nicht für mich da sein, oder so. Ich hab' volles Verständnis dafür, wenn du keinen Lügner an deiner Seite haben willst. Ich bin dir nicht böse. Ich komm' schon klar- irgendwann.'' Lukas verdrehte die Augen und legte seine Hände auf meine Knie.
,,Hör' auf sowas zu sagen, mein Kleiner.'', widersprach Lukas mir und sah mich ernst an.
,,Aber es ist die Wahrheit! Ich bin eine schreckliche Person.''
,,Halt die Fresse, bist du nicht.''

Lukas atmete einmal tief durch, machte meine Beine lang und griff nach meinen Händen. ,,Du hast wirklich riesengroße Scheiße gebaut, Timi und ehrlich gesagt weiß ich nicht, wo mir gerade der Kopf steht. Ich hätte mit allem gerechnet, aber nicht damit.''
,,Trotzdem tut es mir immer noch leid, dass ich dich am Dienstag so angeschnauzt habe. Klar, hatte ich meinen Grund, aber das ist nicht in Ordnung gewesen, dir so eine Szene zu machen - vor allem nicht vor so vielen Leuten.'' Er krallte sich an mir fest und sah mir tief in die Augen.
,,Ich hab' mich total schlecht gefühlt, als ich dich dort alleine gelassen habe. Ich wollte mit dir reden und dir zu hören, aber ich bin so aufgeladen gewesen. Das kam alles sehr plötzlich und auch das hier wirft mich komplett aus der Bahn.''

,,Aber ich werde nicht gehen, oder dich hassen, Baby. Natürlich wäre es mein gutes Recht, aber ich weiß, dass das keinen von uns auch nur irgendein Stück weiterbringt. Ich möchte mich auch nicht mit dir streiten, oder so.'' Lukas drückte fest meine Hände und ging einmal tief in sich.
,,Aber ja, ich bin enttäuscht und sauer auf dich. Aber nicht, weil du von der Schule geflogen bist, sondern weil du nicht mit mir darüber geredet hast.'', gab Lukas zu. ,,Ich wollte dich damit nicht belasten oder nerven.'', harkte ich sofort ein.
,,Du nervst und belastet mich damit nicht, Timi.'' Lukas rückte näher an mich heran und löste unsere unserer Hände voneinander, um seinen Arm um mich zu legen. Er streichelte mir zärtlich über die Schulter und hauchte mir einen Kuss auf die Stirn.

,,Ich weiß nicht, wie oft ich dir das in deinen hübschen Schädel hämmern muss, bist du es endlich mal kapiert hast, aber du kannst immer zu mir kommen. Wir können über alles reden, völlig egal, was gerade bei mir los ist.''
,,Ich möchte für dich da sein und das sage ich nicht nur so, damit du dich besser fühlst und denkst, dass du nicht alleine bist. Ich meine das wirklich so und da wird sich auch nie etwas dran ändern.''
,,Von mir aus kannst du um 4 Uhr morgens Steine gegen meine Fenster schmeißen und mich aufwecken. Ich würde dich sofort reinholen, dich in den Arm nehmen und mit dir über alles reden, was dich gerade beschäftigt und dir Angst macht.'' 

,,Aber das kann ich nur tun, wenn du auch mit mir redest, Timi. Klar, ich habe gemerkt, dass du etwas anders wegen der Schule bist, aber riechen kann ich das auch nicht, wenn du irgendein Problem hast.'', zuckte Lukas mit den Schultern und stumm nickte ich.
,,Ich find' es nicht okay, dass du geschwänzt hast und auf gar keinen Fall möchte ich das irgendwie gut reden. Das ist wirklich dämlich von dir gewesen. Aber du hast scheinbar selbst gemerkt, was für ein Fehler das ist.'' Luka strich mir die Träne aus dem Gesicht und drückte mein Kinn nach oben.
,,Das zu verheimlichen und sich vor allem solche Lügen auszudenken, ist noch dümmer gewesen. Das geht wirklich gar nicht und es verletzt mich auch, dass du mir immer wieder eiskalt ins Gesicht gelogen hast.'' Ich senkte den Blick zu Boden. ,,Sorry...''

,,Wirklich niemand hat von dir verlangt, dass du jetzt der Musterschüler schlechthin wirst, Timi. An erster Stelle stand immer, dass du erstmal den Schulabschluss schaffst und mit welchem Durchschnitt das gewesen wäre, wäre egal gewesen. Hauptsache, du hast es geschafft.''
,,Es ist nicht schlimm, wenn du etwas mal nicht verstehst. Denkst du mir geht das alles so von der Hand? Maria muss mir hin und wieder nochmal genau das erklären, was wir gerade im Unterricht behandelt haben. Du bist damit nicht alleine, auch wenn es in dem Moment so erscheint.''
,,Außerdem hing dein plötzlicher Erfolg nicht von mir ab, dass bist du gewesen. Ich habe dir geholfen, aber du bist immer derjenige gewesen, der die Arbeiten geschrieben und die Aufgaben gemacht hat. Ich habe drüber geguckt und kontrolliert, aber du bist der gewesen, der das ausgeführt hat.''

,,Hör' auf dir immer so einen Kopf zu machen, Baby. Hilfe anzunehmen und zu bekommen ist okay und nichts, wofür du dich schämen musst. Es gibt so viele Schüler, die Nachhilfe bekommen und ihre Steine haben, du bist nicht der Erste und auch nicht der Allerletzte, dem es so geht.'' Lukas streichelte über meine Handrücken und lächelte mich an.
,,Du hättest immer was sagen können, wenn du meine Hilfe nicht mehr gebraucht hättest. Du musst aber wissen, dass ich das gerne für dich gemacht habe. Ich bin dir jetzt auch nicht sauer, aber natürlich macht es mich nicht glücklich, dass du wegen solchen Eindrücken von der Schule geflogen bist.''
,,Aber du hättest nicht lügen müssen, weil du Angst vor meiner Reaktion hattest und es sich toll angefühlt hat, wenn ich mich bei den Erfolgen revanchiert habe. Natürlich wäre ich genau so geschockt gewesen, aber viel schlimmer ist es gerade für mich, dass du mich einen Monat lang hintergangen hast. Das ist das Allerletzte, wirklich.''

,,Timi, du musst mir bitte versprechen, dass du in Zukunft sofort zu mir kommst, wenn sowas ist. Hör' auf damit diese ganze Scheiße in dich hineinzufressen und dir irgendwas auszudenken. Du gehst daran noch kaputt und nimmst dir selbst das weg, was dir am liebsten ist.'' Lukas' Tonlage wurde immer ernster und stumm nickte ich.
,,Ich kann dir nur helfen, wenn du auch was sagst. Ich kann was merken, aber die Bestätigung habe ich erst, wenn du auch damit zu mir kommst. Aber wenn du mir nichts sagst, denke ich auch, dass es dir gut geht und alles in Ordnung ist. Vor allem, wenn du mir das auch noch so erzählst.''
,,Ich wünsche mir, dass du mit solchen Sachen immer zu mir kommst. Es ist okay und es gibt da auch keinen falschen Zeitpunkt, oder so. Wenn ich mal keine Lust habe, werde ich dir das sagen, aber dann liegt es nicht an dir. Ich reiße dir für nichts den Kopf ab. Du weißt, dass ich gerne für dich da bin und dir helfe, wo es nur geht.''

,,Danke, Lukas. Du weißt nicht, was für ein Stein mir gerade vom Herzen fällt. Es bedeutet mir so viel, dass du so darauf reagierst und noch immer zu mir hältst.'' Ich nahm ihn einmal fest in den Arm und atmete tief durch.
,,Du musst mir jetzt aber wirklich versprechen, dass so etwas nie wieder vorkommt, okay?! Du weißt schon, wie das damals gewesen ist, als du mich mit der Gang angelogen hast. Irgendwo reicht es auch.'' Lukas löste mich von sich und sah mich warnend an.
,,Versprich' mir, dass du mich nicht mehr anlügen wirst. Wenn was ist, kommst du bitte zu mir und wir reden darüber. Keine Ausreden und Lügen.'' Er streckte mir seine Hand entgegen und zog die Augenbrauen erwartungsvoll nach oben.
,,Versprochen, wirklich.'', schlug ich sofort mit ihm ein.

,,Gut, denn beim nächsten Fehltritt werde ich das nicht tolerieren und verzeihen, dass wir uns da verstanden haben. Ich mag dich wirklich gerne, Timi und du bist mir wichtig. Aber ich lasse nicht mit mir spielen.''
,,Ich schwöre, ich mache das nicht nochmal. Ich komme ab jetzt immer zu dir. Ich muss ja auch keine Angst haben.'', lächelte ich und legte mich in seine Arme. Erleichtert atmete ich aus und genoss seine Nähe in vollen Zügen.
Es fühlte sich gut an, ihm endlich die Wahrheit gesagt zu haben. Es ist eine unendlich schwere Last, die meine Schultern jetzt so viel leichter machte. Endlich konnte ich wieder aufatmen und musste mir keine Sorgen machen.

,,Weiß deine Mama denn schon davon?'', fragte mich Lukas, als wir uns eine Zeit lang in den Armen gelegen hatten. Sofort schüttelte ich mit dem Kopf und wollte darüber überhaupt nicht nachdenken.
Auch wenn Lukas mehr als entspannt und positiv auf die ganze Sache reagiert hatte, wusste ich, dass es bei meiner Mama nochmal anders aussehen würde. Ich hatte keine Ahnung, was da auf mich zu kam, denn natürlich ist sie immer für da, aber alles musste sie auch nicht dulden.
,,Du musst es nicht sofort machen, aber es wäre schon wichtig, wenn du das nicht bis zur Abschlussfeier hinauszögerst. Wenn du möchtest, bin ich gerne bei dir, wenn du es ihr sagst.'', schlug Lukas vor und sofort nickte ich. ,,Ohja, bitte.''

,,Und sonst?''
,,Wie und sonst?''
,,Was möchtest du jetzt machen? Hast du dich schon nach was erkundigt?'', fragte Lukas und seine eiskalte Seite machte mich etwas stutzig, weil wir ja soweit erstmal alles besprochen hatten, was uns betraf.
,,Ähm...noch nicht. Ich hatte noch nicht die Zeit und Kraft gefunden, um nach was zu suchen.'', gab ich schüchtern zu, wurde etwas roter um meine Wangen und biss mir auf die Unterlippe. Ein Schweißfilm bildete sich auf meiner Stirn und ich hatte Angst, dass Falsche gesagt zu haben.

,,Alles gut.'', grinste Lukas, streichelte mir über den Rücken und zog mich zurück in seine Arme. Er drückte mir einen Kuss auf die Wange und fuhr mir einige verirrte Strähnen aus dem geröteten Gesicht.
,,Wir finden schon zusammen eine Lösung. Du bist nicht alleine und wirst es auch niemals sein. Ich bin immer für dich da, keine Angst.'', lächelte Lukas und nahm mein Gesicht zwischen seine zarten Hände, um mich zu küssen.
,,Hast du Hunger? Ich kann uns ruhig was kochen.'', fragte er mich, strich mir die allerletzten Tränen aus dem Gesicht und griff nach meiner Hand, um mich nach oben zu ziehen. Ich nickte und lächelte ihn von der Seite an.
,,Danke, dass du noch immer da bist.''


Bạn đang đọc truyện trên: Truyen2U.Pro