Neundreiviertel nach Leave

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Das ist wirklich ein sehr seltsames Treffen. Leave hat sich in ihr Bett gesetzt, die Arme um die Knie geschlungen mit einem breiten Grinsen im Gesicht. Wäre da nicht das Teil in ihrer Nase, das sie mit Sauerstoff versorgt und der Zugang in ihrem Arm, würde man gar nicht merken, dass sie stirbt.

Ich meine, gestern noch habe ich sie umgefahren. Sie lag in unserer Einfahrt auf dem Boden und hat sich kaum bewegt. Und jetzt?

„Du siehst aus, als hättest du ziemlich viele Fragen", durchbricht Leave die Stille. Sie grinst nicht mehr, betrachtet mich einfach nachdenklich.

Tatsächlich hat sie recht – ich habe extrem viele Fragen, aber als ich den Mund öffne, um sie zu stellen, weiß ich nicht wo ich anfangen soll. Kopfschüttelnd schließe ich ihn wieder.

„Setz dich doch erst mal." Schweigend lasse ich mich auf dem Stuhl neben ihr nieder und vergrabe die Hände in den Hosentaschen.

Das ist so seltsam.

Wir schaffen es, eine halbe Stunde nebeneinander zu hocken und nichts zu sagen. Ich weiß das so genau, weil ich die Sekunden zähle. Das lenkt mich von meinen Gedanken ab, die mir durch den Kopf schießen.

„Möchtest du gehen?", fragt sie bei Sekunde eintausendachthundertvierundvierzig.

Überrascht sehe ich auf. „Soll ich?"

Sie schüttelt den Kopf.

Nach weiteren zweihundertdrei Sekunden stehe ich auf. Keine Ahnung warum oder was mein Plan ist, aber ich halte diese Stille nicht mehr aus.

Leave sieht fast flehentlich zu mir auf. „Bitte geh nicht."

„Dann sag mir die Wahrheit."

Ein freudloses Lächeln umspielt ihre Lippen. „Das habe ich. Viel mehr gibt es nicht zu sagen."

Unbehaglich verschränke ich die Hände im Nacken, starre an die Decke und atme tief durch. Sie weiß gar nicht, wie fertig mich das macht. Es reicht absolut nicht aus mich vollkommen zu vereinnahmen, sich von mir anfahren zu lassen und dann zu sagen, dass man stirbt. Das reicht nicht. Es muss noch mehr geben, was sie zu sagen hat.

„Du kannst...du kannst doch nicht einfach von heute auf morgen wissen, dass du stirbst."

Nervös presst sie ihre Lippen zu einem schmalen Strich zusammen bevor sie antwortet. „Ich weiß das schon länger, Will."

Klasse! Ich weiß nicht mal, ob das gut oder schlecht ist.

„Willst du wissen, warum?"

Zögernd schüttele ich den Kopf. „Ich will wissen, wie lange."

„Ich bin...also es ist bereits ziemlich fortgeschritten." Was will sie damit sagen?

Du weißt ganz genau, was sie damit sagen will.

Vielleicht will ich es aber auch einfach nicht wahrhaben.

Ach hör auf zu heulen, du Mädchen.

„Hast du Krebs?", frage ich, um die Stimmen aus meinem Kopf zu vertreiben.

Kopfschüttelnd hält sie meinen Blick fest.

„Kann man es heilen?"

Diesmal fällt es ihr schwerer den Kopf zu schütteln.

„Ich glaube, ich sollte jetzt gehen."

Traurig nickt sie. „Kommst du wieder?"

Mehr als ein Schulterzucken bringe ich nicht zu Stande, bevor ich das Zimmer verlasse und schweigend mit Benji zum Auto laufe.

Selbst Molly weiß nicht was sie dazu sagen soll. Wir sitzen am Küchentisch und halten ein Krisengespräch. Wobei ich mich nicht wirklich am Gespräch beteilige, weil ich eigentlich nur in mein Zimmer will, um meinen Kopf gegen eine Wand zu hämmern.

„Vielleicht", setzt Molly an, weiß aber auch nicht weiter und verstummt wieder. Ja, was denn vielleicht? Was kann man vielleicht machen?

Was sollte ich machen?

„Du solltest sie vergessen." Danke, Benji. Was für eine großartige Idee.

Wortlos stehe ich auf, ignoriere die Proteste meiner Familie und schleppe mich nach oben.

Das ist doch alles eine riesengroße Scheiße.

Seufzend lasse ich mich auf mein Bett fallen mit dem Gesicht nach unten.

Das Geräusch einer zufallenden Tür ändert nicht das Geringste an meiner Haltung.

„Im Ernst, Mann. Die wird dich richtig zerstören", höre ich Benji sagen.

„Ich weiß", nuschele ich in mein Kissen. „Das ändert nichts an der Sache", fahre ich fort, nachdem ich mich auf den Rücken gewälzt habe.

Benji lehnt an der Tür. „Welche Sache?"

„DASS ICH IN DIESES MÄDEL VERKNALLT BIN, VERDAMMTE SCHEISSE."

Beschwichtigend hebt Benji die Hände. „Schon gut."

„Nein. Nichts ist gut."

„Und es wird nicht besser werden."

„Nein."

„Du willst sie trotzdem."

„Ja."

„Dann sollten wir sie so schnell wie möglich wieder besuchen."

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