Funkenpfote

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Funkenpfote öffnete die Augen. Sie war nicht mehr in der Erdspalte, ihre Beine nicht gebrochen und die Schultern nicht geprellt. Kein Blut, keine Schmerzen. Völlig unversehrt stand sie mitten in einer endlosen Wiese. Unzählige Sterne und ein strahlender Vollmond  tauchten die wogenden Halme in ein silbernes Licht. Sanfter Wind strich durch Funkenpfotes dichten Pelz, liebkoste sie, als wäre sie nach Hause gekommen. Ihr Körper fühlte sich stark und gesund an, ihre Sinne waren scharf und jede Bewegung schien leichter, freier zu sein, als jemals zuvor. Als Funkenpfote überrascht auf ihre leichten Pfoten sah, erschrak sie. Ihre Beine schimmerten seltsam, funkelten, als wären winzige Sterne in ihrem Pelz versteckt. "Was zum Fuchs...?", keuchte sie und wich ein paar Schritte vor sich selbst zurück. War sie wirklich tot? Sie sah über die sternlose Weite. Ist das der SternenClan? fragte sie sich traurig und wusste insgeheim bereits die Antwort. Sie war also wirklich gestorben. Verraten vom eigenen Clan. Ihr entglitt ein resignierter Seufzer. 

"Willkommen, Funkenpfote." 

Funkenpfote wirbelte herum. Sechs Katzen standen in einer Reihe vor ihr. Sie alle strahlten wie sie selbst und waren über und über mit Sternenglanz gespickt. Ihre ursprünglichen Augen waren einem hellen Blau gewichen und diese strahlten hell. Die vorderste Katze war eine wunderschöne, weiße Kätzin. Sie lächelte warm. "Wir grüßen dich, Funkenpfote. Willkommen im SternenClan." So sympathisch sie auch aussah, Funkenpfote wich mit eingeklemmten Schwanz zurück. "Ich... ich bin tot?", winselte sie angstvoll. Sie durfte einfach nicht tot sein! Sie musste doch Knochen aufhalten und verhindern, was auch immer dieses Stück Krähenfraß vor hatte! Die weiße Kätzin legte den Kopf schief und schnurrte mit ihrer durchdringenden, echoartigen Stimme. "Das bist du. Und dennoch ist es noch nicht Zeit für dich, zu uns zu kommen." Etwas perplex legte Funkenpfote die Ohren an. "Was soll das denn heißen? Bin ich jetzt tot oder nicht?" Ein schlanker Tigerkater, der dem Kater neben sich in absurder Weise ähnelte, ergriff das Wort. "Es gibt noch andere Mächte als den SternenClan, Funkenpfote. Du hast Freunde, die sich gerade um dich kümmern. Sie werden dich zurückholen. Ich muss zugeben, ich bin etwas neidisch, dass der SternenClan soetwas nichtkann." Der zweite Tigerkater fügte schelmisch hinzu: "Wer weiß, vielleicht lernen wir es noch." Funkenpfote war noch verwirrt, doch sie hatte diese Katzen bereits jetzt ins Herz geschlossen. "Wer seid ihr?", fragte sie neugierig, vielleicht, um sich etwas von ihrem eigenen Tod abzulenken. Eine schwarze Kätzin mit weißem Ohr antwortete diesmal. "Wir waren wie ihr alle Vertriebene aus dem verschütteten Zweibeinerdorf. Hunde haben damals eine große Gefahr über die Katzen gebracht und wir sind diejenigen, die es nicht überlebt haben." Erschüttert lauschte Funkenpfote. Mitleid und Bedauern musste ihr ins Gesicht geschrieben sein, denn der Tigerkater schnurrte. "Oh, mach dir keine Sorgen, Funkenpfote. Die meisten von uns konnten durch ihren Tod viele andere retten. Wir sind nicht sinnlos gestorben." "Naja, ein paar von uns schon.", ergänzte der zweite Kater mit einem Blick auf ein kleines Junges und einen alten Kater, die am Ende der Reihe standen. Doch der alte zischte nur belustigt. "Ich habe lang genug gelebt. Und obwohl ich nie etwas über die Clans gehört habe, bin ich doch stolz, wie ein Krieger gestorben zu sein." Funkenpfote lächelte glücklich. Ihre Ahnen waren Helden! Himmelssturm hatte immer Recht gehabt. Himmelssturm! Sofort reckte sie hektisch den Hals, ihr großes Vorbild musste doch auch hier sein! "Ist Himmelssturm auch hier?", fragte sie aufgeregt und mit einem Beben in der Stimme. Die weiße Kätzin nickte und trat zur Seite. Ein zitternder Umriss waberte über der Wiese. Er war noch sehr schwach, doch wurde im Takt von Funkenpfotes Herzschlägen stärker und stärker. Nur Augenblicke später stand der gewaltige weiße Kater in seiner vollen Pracht vor Funkenpfote. Seine Muskeln zeichneten sich unter dem prächtigen Pelz ab, seine Bewegungen strotzten nur so vor Stärke, als sich Himmelssturm auf sie zubewegte und schließlich mit einem warmen Lächeln stehen blieb. "Funkenpfote", brummte er und Funkenpfote hätte am liebsten losgeweint. Stattdessen legte sie ehrfurchtsvoll die Ohren an. "Himmelssturm. Du...", sie holte mühsam Luft. "Du bist tot..." Himmelssturm nickte mit einem traurigen Schimmern in den Augen. "Ja, das bin ich." Er legte ihr die Schnauze auf die Stirn und Funkenpfote spürte all seine Trauer und seine Angst. Als er seinen Kopf wieder hob, verschwamm ihr Blick durch einen Schleier von Tränen. "Mein Bruder hat mich verraten." Himmelsturms Stimme bebte vor Schmerz. "Er hat sich immer bedroht gefühlt von allem, was stärker war als er. Und ich habe versagt, ihm dieses Gefühl zu nehmen und ihm die Liebe zu geben, die er gebraucht hätte." "Das stimmt nicht!", erwiderte Funkenpfote entrüstet und all die Erinnerungen von Himmelssturm erschienen vor ihrem inneren Auge, wie er sich hingebungsvoll um seinen Bruder gekümmert hatte. "Du hast alles versucht!" Der ehemalige Anführer sah nur traurig auf Funkenpfote hinab. "Mag sein. Doch es hat nicht gereicht." Winselnd tat Funkenpfote einen Schritt rückwärts. "Was hat Silberblick vor?", wimmerte sie und sah den starken Kater hilfesuchend an. Er schüttelte nur den Kopf. "Ich weiß es nicht, Funkenpfote. Doch du bist unsere einzige Hoffnung. Du weißt, was passiert ist und du musst unseren Clan aus seinen Fängen retten." Sorge verunstaltete sein majestätisches Gesicht. "Ich kenne ihn nicht gut, doch jetzt weiß ich, dass sein Trauma tiefer sitzt, als ich es jeh vermuten hätte können. Er wird alle Macht in den Pfoten halten wollen, nur damit ihn nie wieder jemand verletzen kann. Er sieht in jedem einen Feind, jemanden, der ihm Leid zufügen könnte." Funkenpfote wollte noch etwas fragen, da spürte sie, wie etwas in ihr zerrte. Angstvoll jaulte sie auf. Während der SternenClan ihr entrissen wurde, drang noch ein letztes Jaulen zu ihr durch und verklang in ihrem Kopf. 

Rette meinen Clan, Funkenpfote!

Dann wurde alles schwarz. 

Ihr Herz donnerte in einem einzigen gewaltigen Schlag gegen ihre Brust und sie sperrte das Maul auf,  um nach Luft zu schnappen. Ihr Herz schlug ein zweites Mal. Ihre Lungen falteten sich auf und Luft strömte ein. Ihr Herz schlug ein drittes Mal. Funkenpfote schlug die Augen auf. 

"Sie ist wach!"

Ihr Gehirn war noch überfordert mit dem Luft holen, da stach ihr bereits ein scharfer, eigenartiger Geruch in die Nase. Nicht Katze! Panisch kam Funkenpfote auf die Beine und warf ihren Kopf hektisch herum. Sie war umzingelt. Von Wesen, die sie noch nie gesehen hatte. Sie stolperte rückwärts und stieß gegen Fels. Wer waren diese Tiere? Sie saßen still und schweigend da, während sie darum kämpfte, die letzten Reste ihres Verstandes zusammenzuklauben. Ruhig atmen, Funkenpfote. Ruhig atmen. rief sie sich selbst zur Ruhe und holte zitternd Luft. Ich war tot. Jetzt bin ich es nicht mehr. Misstrauisch sah sie die drei Wesen an, die einen Kopf größer als die durchschnittliche Katze waren. Der SternenClan hatte gesagt, Freunde würden sie zurück ins Leben holen. Könnte es sein ...

"Habt...Habt ihr mich...", stammelte sie piepsig, ihre Stimme klang kratzig, als hätte sie sie lange nicht benutzt. Oder weil sie vorübergehend tot war. 

"Jap, das waren wir!" Erschrocken drängte sich Funkenpfote an den Fels hinter ihr, als der Mittlere laut kläffte. Er wedelte spielerisch mit dem Schweif, sein oranges Gesichtsfell bewegte sich unter seinem breiten Grinsen und sein sonst weißgräuliches Fell wurde vom Gebirgswind zerstruppelt. Ohne nachzudenken hatte Funkenpfote bereits ihren Schutz fallen gelassen. Dieses Wesen, was auch immer es war, war ihr Freund und wollte ihr nichts Böses. Zu seiner rechten schob sich ein weißes Weibchen mit zwei unterschiedlichen Augenfarben vor ihren energiegeladenen Gefährten. "Mach langsam, Heppel, sie ist noch ganz verwirrt! Wir wollen sie doch nicht verängstigen."  Funkenpfote lauschte verblüfft den Worten dieser Tiere. Sie sprachen klar und deutlich, als wären sie Katzen. Aber sie waren doch ganz offensichtlich keine, also wieso konnten sie ihre Sprache sprechen? Der Dritte, dessen Fell schwarz war und nur an einigen Stellen silbern durchzogen war, senkte den Kopf und sah sie eindringlich an. "Wie heißt du, Kleine?" Ein Schauer lief ihren Rücken hinab, als sie den sonoren Klang des Männchens hörte. Seine Stimme raubte ihr den Atem, es war, als hätte die Rauheit der Berge, die Kraft des Sturmes und die schwarze Tiefe der Erde eine Stimme bekommen. "Hihi, sie hat ihren Namen wohl vergessen", riss sie das helle Kichern des Rotgesichts aus ihrer Bewunderung. Eilig fasste sie sich. "Funkenpfote." Ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern, ihr Blick haftete immer noch an dem schwarzen Männchen. Irgendwas strahlte er aus, eine Aura, die sie magisch anzog. "Soso, Funkenpfote also.", plapperte Rotgesicht weiter und schob sich aufdringlich näher an die Schülerin heran. "Darf ich dich Fünkchen nennen? Oh bitte bitte bitte!", quengelte er, wobei seine Reißzähne gefährlich nah an Funkenpfotes Gesicht kamen. Sie nickte nur überfordert, doch das weiße Weibchen kam ihr zur Hilfe. "Heppel, du Hasenherz! Wie kannst du nur! Das ist wirklich geschmacklos!" Mit einem entschuldigenden Blick auf die völlig verwirrte Funkenpfote zerrte sie ihren Gefährten wieder zurück, den das nicht im Geringsten störte. Er lächelte einfach weiter die Sonne vom Himmel. 

"Also. Was ist passiert? Wer war es?"

Wie in Zeitlupe richtete sich Funkenpfotes Blick wieder auf das außergewöhnliche schwarze Männchen. Seine Stimme hatte etwas überirdisches. Da war sie sich sicher. Wenn er sprach, antwortete jede einzelne Zelle in ihrem Körper, Energie kitzelte in ihren Ohrenspitzen und ihr Atem wurde kürzer. Was war nur mit ihr los? 

"Nun?" Der Schwarze zeigte keinen Regung in seinem schönen Gesicht. Da waren nur diese durchdringenden, tiefblauen Augen. Nach weiteren quälend langen Herzschlägen gelang es Funkenpfote endlich, Worte zu formen. "Ich... Es... Knochen.", stammelte sie sehr geistreich. Rotgesicht schoss sofort nach vorne, seine hechelnde Zunge klatschte ihr beinahe ins Gesicht. "Wo? Wo? Ich habe einen Bääääärenhunger!" "Heppel!" "Was denn?" Die Weiße zog ihn wieder zurück und bedeutete ihr fortzufahren. Erneut setzte Funkenpfote an, diesmal hatte sie mehr Kontrolle über ihre Stimme. "Ein Kater hat den Anführer meines Clans umgebracht und alle anderen, die sich ihm nicht anschließen wollten, auch. Also.. auch mich." Als sie die Worte aussprach, kamen die Geschehnisse wie ein schmerzhafter Blitz zurück. Das Blut, das aus Knochens Tasche tropfte. Nebelpfotes emotionsloser Blick. Wolkensturms Kopf, der ihm so einfach vom Rumpf gerissen worden war. Falkenflugs bewusstloser, blutender Körper. Brandpelzs leere Augen, als er auf ihren sterbenden Körper hinabsah. Sie keuchte. 

"Funkenpfote." 

Sofort beruhigte sich Funkenpfotes Atem. Sie fand Halt im bloßen Klang des Schwarzen. Langsam erhob er sich und kam zu ihr. Er legte seine Schnauze auf ihre Stirn. Dann murmelte er etwas, was Funkenpfote nicht verstand. In ihren Ohren klang es wie Knurren. Doch nur einen Herzschlag später breitete sich ein kühles, beruhigendes Gefühl in ihrem Geist aus, durchdrang sie bis in die Schwanzspitze,  umspülte ihre Seele und als das Männchen den Kontakt abbrach, folgte all ihre Anspannung und ihre Ängste der Bewegung, wurden aus ihrem Körper herausgezogen wie Gift. Der Schwarze trat zurück. Funkenpfote entwich ein tiefer Seufzer. Sie fühlte sich so leicht, wie seit langem nicht mehr. Ihre Augen fanden die des Männchens. "Danke.", flüsterte sie und er neigte nur den Kopf. "Gern geschehen." Sie schnurrte laut. Am liebsten würde sie sich im Klang seiner Stimme wälzen. "Das ist unfair, Nuna. Warum kann nur er das?", maulte das Rotgesicht und kniff die Augen Richtung des schwarzen Männchens zusammen. Die Weiße, anscheinend hieß sie Nuna, verdrehte lächelnd die Augen. "Heppel, das weißt du doch. Rascal hat eine viel tiefere Verbindung zu unserer Schutzgöttin, als wir. Das sage ich dir jetzt schon zum hundertsten Mal." Das Rotgesicht leckte sich über die Schnauze und sah wieder Funkenpfote an. "Trotzdem." Dann war sein Griesgram verschwunden und wurde erneut von einem strahlenden Lächeln ersetzt. "Fünkchen, das muss alles sehr neu für dich sein. Irgendwelche Fragen?" Er legte den Kopf schiefer, als Funkenpfote es jemals bei einer Katze gesehen hatte. Noch ein wenig weiter und er würde umkippen.

"Ähm...ja. Welche Tiere seid ihr? Ich habe jemanden wie euch noch nie gesehen.", miaute sie mit fester Stimme und betrachtete die drei Fremden neugierig. Ihre Schnauzen waren deutlich länger, ihre Ohren größer und ihre Körper länger. Auch ihre buschigen Schwänze waren länger und voluminöser, als die von Katzen. "Wir sind Langschnauzen!", bellte Heppel sofort und hechelte glücklich. "Aber es gibt ganz viele unterschiedliche Namen für uns! Nachtschleicher, Rotpelze, Eilende Boten, Sprungjäger, die Kinder der Vulpis..." "Die Felllosen nennen uns Füchse.", unterbrach Nuna Heppels endlose Aufzählung. Funkenpfote zuckte mit den Ohren. "Felllose? Ihr meint die Zweibeiner?" Nuna lächelte. "Ja, auch sie haben viele unterschiedliche Namen in den Weiten dieser Welt." Funkenpfote entfuhr ein beeindrucktes Schnaufen. "Das klingt, als wärt ihr schon überall gewesen!" Heppel hechelte heftig nickend. Speichel flog in alle Richtungen. "Nicht überall, aber fast, hehehe!" Die anderen beiden Füchse nickten zustimmend. 

"Es wird Zeit.", brummte Rascal. Erst jetzt, als sich die Füchse erhoben, bemerkte Funkenpfote die üppige Ausrüstung, die sie trugen. "Was habt ihr denn da an?", fragte sie, worauf Heppel natürlich sofort bereitwillig Auskunft gab. "Alles Felllosen-Zeug! Also das hier", er schnüffelte mit seiner Schnauze an sich selbst herum. "Ist ein rotes Tuch, das ist ein Beutel für kleine Gegenstände, wie Kräuter oder Knochen, das hier ist eine Häherfeder, das hier ist ein Stock von der heiligen Stätte, und das sind Seile, mit denen ich Beute mit mir herum tragen kann!" Staunend betrachtete sie die Fische und Vögel, die an Heppels Bauch festgebunden waren. Speichel lief ihr im Mund zusammen. Wie lange hatte sie schon nichts gegessen? Nuna bemerkte ihren hungrigen Blick sofort. "Hast du Hunger? Wir können dir etwas abgeben", fragte sie freundlich und wühlte bereits in einem großen Beutel, der durch das Gegengewicht eines weiteren Beutels auf der anderen Seite über ihrem Rücken stabilisiert war. Keine Sekunde später landete eine dicke Maus vor ihren Füßen. Begleitet von lautem Magenknurren schlang Funkenpfote sie ohne zu Zögern hinunter. "Danke!", miaute sie glücklich und schleckte sich die letzten Fettreste von den Lefzen. Nuna lächelte. "Kein Problem." 

Sie unterhielten sich noch lange zwischen den Felsen, wo die Füchse sich aus Berggras Nester gebaut und laut Heppel schon drei Tage ihr Lager aufgeschlagen hatten. Funkenpfote erkannte die Umgebung wieder. Das GipfelClan-Lager war nicht weit entfernt, doch weit genug, sodass die Clankatzen diesen Ort wohl niemals passieren würden. "Wie konntet ihr mich heilen? Sogar ... wiederbeleben?", fragte sie, immer noch konnte sie es noch nicht wirklich wahrhaben, dass sie tot gewesen war. Diesmal antwortete Rascal, der sonst sehr verschwiegen war. "Nicht wir können das. Vulpis, die Fuchsgöttin, kann das. Sie ist die Schutzpatronin aller Reisenden, die Hüterin der alten Heilkunde." Seine Stimme klang so mystisch, wie die Worte, die er aussprach. "Wir sind nur die, die die Worte aussprechen, um ihre Hilfe zu erbitten. Ob sie dich wiedererweckt oder nicht, liegt ganz allein in ihrem Ermessen." Funkenpfote legte den Kopf schief. "Das heißt, sie tut es nicht immer, wenn ihr sie darum bittet?" Plötzlich sah Rascal wütend aus, denn er kräuselte gefährlich seine Schnauze. "Natürlich nicht. Sie ist ein niederer Gott des Lebens, sie muss zusammen mit allen anderen Göttern und Dämonen das Gleichgewicht zwischen Leben und Tod aufrecht erhalten. Man kann nicht beliebig alle Toten wieder zum Leben erwecken, man würde den Todesgott um seinen Anteil bringen und Chaos heraufbeschwören!" Entschuldigend duckte sich Funkenpfote und legte die Ohren an. "Tut mir leid, das wusste ich nicht." Nuna warf Rascal einen warnenden Blick zu, dann lächelte sie ihr warm zu. "Keine Sorge, das muss alles sehr verwirrend für dich sein." Erleichtert schnurrte Funkenpfote. "Ja, das ist es." Doch als Rascal einen Todesgott erwähnt hatte, kam ihr eine schlechte Vorahnung. "Dieser Todesgott... Er wird nicht zufällig Tartaras genannt?" 

Die drei Füchse sahen sich überrascht an. Heppel klappte sein Maul auf. "Woher weißt du das? Die alten Götter sind vor langer Zeit verschwunden! Alle Clankatzen, die wir bis jetzt getroffen haben, kennen nur ihren SternenClan!" Jetzt war es an Funkenpfote, überrascht zu sein. "Was? Wartet, ihr kennt noch anderen Clankatzen?" Genervt schnaufte Rascal und stand auf. "Ruft mich, wenn ihr fertig mit Geschichtenerzählen seid", knurrte er und lief im leichten Trab zwischen den Felsen davon. Nuna sah ihm etwas besorgt hinter, begann dann aber schnell, Funkenpfote aufzuklären. "Also, Funkenpfote. Wir sind Reisende. Das heißt, wir bleiben nie lange an einem Ort, wir erkunden die Welt, indem wir einfach immer weiterlaufen. Und auf unseren Reisen sehen wir viele Dinge, von denen die meisten Tiere nichts wissen, wie zum Beispiel ihr nichts von andere Clankatzen wisst. Doch es gibt viele von euch. In allen Gebieten finden sich Katzengruppen, die nach den Gesetzen des SternenClans leben!" "Wirklich?", hauchte Funkenpfote ungläubig. War das zu fassen? Sie waren nicht allein mit ihrer Lebensweise! Eine unheimliche Neugier stieg in ihr auf. "Ich will sie sehen!", platzte sie heraus und sprang begeistert auf. "Ich will andere Clans sehen! Ich will all die Orte sehen, die außer euch niemand jemals kennen wird!" Heppel spiegelte ihre Bewegungen und sprang genauso aufgeregt herum. "Oh ja, oh ja, oh ja!", hechelte er und schlabberte Funkenpfote mit seiner Zunge übers Gesicht. Urgs.

"Ich will eure Freude ja nicht trüben", wandte Nuna ein. "Aber hast du hier nicht noch etwas zu erledigen? Vulpis hat dich ganz gewiss nicht ohne Grund wiederbelebt. Sie macht das nur bei Lebewesen, die noch eine wichtige Aufgabe vor sich haben, die sie nicht erfüllen konnten. Sie schenkt nur denjenigen ein zweites Leben, die zum Erhalt des kosmischen Gleichgewichts beitragen. Und dass du den Namen Tartaras kennst, sagt mir, dass hier etwas nicht stimmt" Sie sah Funkenpfote prüfend an. "Nicht wahr?" 

Die Trauer und Sorgen, die Rascal ihr durch seine Berührung nach ihrem Erwachen genommen hatte, kehrten langsam zurück. Nebelpfote. Rotlaub. Krähenfluch. Ihr Mentor Dohlenkralle. Adlerruf. Falkenflug. Sie alle schwebten in höchster Gefahr. 

Du bist unsere einzige Hoffnung.

Rette meinen Clan, Funkenpfote!

Himmelssturms Worte hatten sich in sie eingebrannt. Es gab kein Zurück mehr. Sie konnte nicht einfach mit den Füchsen reisen und ihr Leben hinter sich lassen. Knochen musste aufgehalten werden. Um jeden Preis. 

Nuna blinzelte und nickte ernst. Sie erhob sich und verschwand zwischen den Felsen. Wenig später kehrte sie mit Rascal zurück. Seine tiefblauen Augen beobachteten Funkenpfote genau. Als er wieder sprach, klang er genauso kalt und emotionslos wie zuvor. "Du willst diesen Verräter aufhalten, nehme ich an?" Funkenpfote nickte. Der schwarze Fuchs sah nachdenklich aus. Er hatte die Augen abschätzend zu schmalen Schlitzen verengt. "Und dieser Verräter hat etwas mit Tartaras zu tun. Will er ihn beschwören?" Heppel und Nuna verspannten sich sichtlich, als Rascal seine Vermutung aussprach. Wieder nickte sie. Rascal ließ ein Knurren ertönen. "Gut. Dann ist es beschlossen. Als Diener der Vulpis ist es unsere Pflicht, dir zu helfen. Wird Tartaras auf diese Welt losgelassen, wird der Tod das Leben schneller auslöschen, als wir es uns vorstellen können." Die Verachtung in seinen Worten sprach Bände. Dieser Fuchs hatte sich seiner Göttin so sehr verschrieben, dass er sich selbst nur noch als Diener definierte. Nicht mehr als Rascal, der schwarze Fuchs. 

Funkenpfotes Herz schlug bis zum Hals, während sie sich mit den drei Füchsen im Schlepptau ihrem Lager näherte. Sie hatten ihre Ausrüstung abgelegt, um keine Geräusche zu machen. Selbst als die Höhle noch weit entfernt war, war die  Luft bereits angefüllt von einem giftigen Gestank. Funkenpfote erkannte ihn sofort wieder. "Bären!", wimmerte sie entsetzt und blieb zögern stehen. Sie sah wieder Wolkensturm vor sich. Und wie die zwei Bären ihn brutal getötet hatten. "Ich kann das nicht", keuchte sie und wich zurück. Wie sollte eine einfache kleine Katze wie sie gegen Bären ankommen? Ein beruhigender Schauer kribbelte in ihrem Pelz, als Rascal ihr seine Schnauze auf die Schulter legte. Nuna beruhigte sie: "Geh weiter, Funkenpfote. Wir werden nur nachsehen, wie es um deinen Clan steht. Wir werden weder kämpfen, noch uns anderweitig in Gefahr bringen. Und wir sind bei dir." Dankbar blinzelte sie der schönen cremefarbenen Füchsin zu und schlich weiter. 

Sie kannte einen schmalen Tunnel, dessen Eingang relativ weit entfernt von der Höhle lag, aber bis zu einem versteckten Felsvorsprung am äußersten Rand der Haupthöhle verlief. Sobald sie bei dem Erdloch angekommen war, drehte sie sich mit vor Nervosität gesträubten Fell nochmals zu den Füchsen um. "Hier ist es. Ich werde so bald wie möglich zurück sein." Rascal sah sie warnend an, seine Worte waren tief und melodisch: "Denk daran. Nur Schauen. Lass dich nicht erwischen." Funkenpfote schluckte und nickte. Heppel lächelte ihr aufmunternd zu. "Du schaffst das." Dankbar schnurrte sie. Dann wandte sie sich um und kroch in die Dunkelheit. 

Die Tunnelwände waren felsig und eng. Funkenfpote hatte Schwierigkeiten zu atme. Ihre Pfoten stießen immer wieder an spitze Kanten, doch der vertraute Geruch der GipfelClan-Katzen spornte sie an. 

Nicht lange und die Dunkelheit lichtete sich. Vorsichtig und darauf bedacht, ihr Zittern zu unterdrücken, schlich sie hinaus auf den Felsvorsprung. Er war von Höhlenpflanzen verdeckt, sodass sie lediglich zwischen zwei breiten Blättern hindurchspähen konnte, ohne in die Gefahr zu geraten, entdeckt zu werden. 

Schon auf den ersten Blick erkannte Funkenpfote, dass hier etwas Schlimmes geschah. Der Geruch von Blut verpestete die Luft. Als sie die Ursache dafür sah, hätte sie beinahe entsetzt aufgeschrien. Dort, wo sich sonst das Höhlenwasser sammelte, schwappte Blut aus dem Felsenbecken. In der Mitte schwamm etwas Dickes, Rotes, was Funkenpfote nicht erkennen konnte. Doch was sie erkennen konnte, waren die zusammengepferchten Clankatzen, bewacht von Brandpelz und den zwei Bären, die Wolkensturm getötet hatten. Tränen stiegen ihr in die Augen, als sie seinen Leichnam zusammen mit dem abgetrennten Kopf neben dem Felsenbecken liegen sah. Achtlos hingeworfen, als wäre er Krähenfraß. Lautes Fauchen lenkte ihre Aufmerksamkeit auf die linke Höhlenwand, wo die schwer verwundete Falkenflug ihre Zähne bleckte. Ihr Fauchen war an Knochen gerichtet, der gerade aus der Heilerhöhle geschritten kam. Funkenpfotes Herz mache einen Satz, als sie ihren Vater hinter dem fuchsherzigen Streuner aus dem Eingang kommen sah. Der Heiler humpelte und hatte blutende Kratzer an der Wange und Schulter. Ein Mundwinkel war blutig. Die Gebrochenheit in seinen Augen schnürrte ihr die Kehle zu. Was hatte dieser Widerling seinem Vater angetan? 

Knochen stellte sich neben das blutige Felsenbecken, stieß Wolkensturms Kopf ein wenig beiseite und tauchte eine Pfote tief in das dicke Blut ein. Dann begann er den Felsen mit seiner Pfote abzutasten. Erst nach einer Weile verstand Funkenpfote, dass er Zeichen malte. Mal drückte er nur einen Ballen auf, mal die ganze Pfote, mal tauchte er nur eine Kralle in das Blut und setzte Striche und Kerben. Sein riesiger Körper bewegte sich insgesamt fünf Mal um den Felsen, er murmelte unverständliche Laute und tauchte seine Pfote immer wieder in das Becken, bis der Stein vollständig mit blutigen Symbolen überzogen war. Ohne sich um das Blut an seinen Pfoten zu kümmern, erhob er seine kehlige Stimme. Wie immer klang es wie ein Kichern. "Soso, da sind wir nun." Er ließ seinen Blick genüsslich über die verängstigten GipfelClan-Katzen schweifen, die zwischen Brandpelz und den zwei Bären kauerten und die Augen voller Furcht aufgerissen hatten. Auch ihr Vater war jetzt unter ihnen, er hatte sich eng an Adlerruf gedrückt, die sich wiederum an Rotlaub gepresst hatte. Falkenflug lag etwas abseits der restlichen Gruppe und hatte vor Schmerzen die Augen geschlossen. Brandpelz stand neben ihr, sein Gesicht wie immer leer und starr. Die Bären waren ebenso reglos. Ihre roten Augen leuchteten im Halbdunkeln der Höhle. Es war das gleiche Rot, wie es in Knochens vernarbtem Auge sirrte. Funkenpfote war sich sicher, dass Knochen die Bären irgendwie kontrollierte. Sonst würden diese riesigen Bestien niemals so still dastehen. 

"Ich mache es kurz und schmerzlos", kicherte Knochen und schwenkte seinen großen Kopf hin und her, als wäre er im Rausch. "Himmelssturm ist tot und Silberblick euer neuer Anführer. Aber ich war so nett, und hab euch das Herz eures geliebten Anführers mitgebracht, falls sich jemand verabschieden will." Ein entsetztes Heulen ging durch die Katzen, doch niemand wagte es, sich zu bewegen. Nur Rotlaub fletschte die Zähne. "Du widerwärtiges Stück Krähenfraß! Wie konntest ..." Das ohrenbetäubende Brüllen des Bärens, der sich bedrohlich zu Funkenpfotes Mutter hinuntergebeugt hatte, ließ die feurige Kätzin verstummen. Doch ihre Blicke schossen weiter giftige Blitze zu Knochen, der nur belustigt vor sich hin kicherte. 

Da tat er was, was Funkenpfote aus allen Himmeln fallen ließ. Er steckte seine Schnauze tief in das Blut, in dem Himmelssturms Herz schwamm. Als er wieder auftauchte, schleckte er sich genüsslich über die blutbeschmierten Lefzen. "Er ist sogar noch frisch!" Das irre Lachen wurde von der Höhle in tausend Echos zurückgeworfen. Es drang Funkenpfote in Mark und Seele. Ihr wurde schwindelig. Das konnte noch nicht wirklich geschehen!  

Ein wutentbranntes Jaulen zerschnitt die Luft. Funkenpfote zuckte zusammen. Ihre Mutter hatte sich von den anderen Katzen losgerissen und warf sich mit ausgefahrenen Krallen auf Knochen. In ihren Augen mischte sich der Hass und die Tränen zu einem Anblick, den Funkenpfote niemals vergessen würde. 

Ein Bär schlug sie auf den Boden, bevor sie Knochen erreicht hatte. Mit einem furchtbaren Knacksen schlug der Schädel der Kätzin auf den Felsboden auf. Funkenpfote schrie. Doch es kam kein Ton. Die riesige Pranke drückte den Kopf ihrer Mutter auf den Boden, als wäre er eine Frucht, die es zu zerquetschen galt. 

"Halt." Knochens sanftes Fauchen ließ den Bären erstarren. Knochen zeigte seine riesigen Fangzähne und lachte. "Dieses Feuer! Beeindruckend, beeindruckend. Das können wir sicher noch brauchen. Je leidenschaftlicher du gegen das Böse kämpfst, desto wertvoller bist du als Opfer für Tartaras. Gut so, gut so.", schnurrte er und wies den Bären an, die bewusstlose Rotlaub neben Falkenflug zu werfen.

Funkenpfote war kurz davor, durchzudrehen. Ich bring Knochen um. Ich bringe ihn um. 

Die anderen Katzen waren in eine Schockstarre verfallen. Krähenfluchs fassungsloser Blick ruhte auf seiner Gefährtin. Hoffnungslosigkeit zerfraß die GipfelClan-Katzen vor Funkenpfotes Augen. Sie suchte panisch die Menge nach irgendeiner Katze ab, die noch bereit war, zu kämpfen. Doch sie fand keine. Stattdessen blieb ihr Blick an der schluchzenden Adlerruf hängen. Die Kätzin hatte seltsamerweise ihr Schnauze gegen ihren Bauch gepresst und ihren Schweif um ihn gelegt, als wolle sie ihn beschützen. 

Da traf es Funkenpfote wie ein Schlag. Deshalb hatte ihr Vater sich an die Kätzin gedrückt!

Adlerruf ist schwanger!

Funkenpfote war heillos überfordert. Ihre Gedanken rasten so schnell, dass sie nicht mehr hinterherkam. Ihr Herz pochte wie wild und ihre Flanken bebten, während sie rasselnd Luft holte.

Knochens knöchrige Stimme erklang erneut. "Ich möchte, dass das hier so schnell wie möglich geklärt ist. Also: Alle, die sich Silberblick anschließen, stellen sich bitte vor mir in einer Reihe auf. Müsste nicht so schwer sein, oder?", kicherte er und wetzte mit sichtlicher Vorfreude seine Krallen am felsigen Untergrund. "Und diejenigen, die nicht... kooperieren..." Er schleckte sich mit der Zunge erneut über die Zähne. "Die dürfen sich zu Rotlaub und Falkenflug gesellen." Er verzichtete darauf, die Folgen für die Widerständler zu beschreiben. Es war allen Katzen in diesem Raum bewusst, dass es für die nicht gut ausgehen würde. 

Mit jeder Katze, die sich vor Knochen aufreihte, wurde es Funkenpfote kälter und kälter. Der erste war ihr Vater Krähenfluch. Mit einen Blick auf Rotlaub senkte er ergeben den Kopf. Funkenpfote hatte eine üble Vorahnung. Er denkt, er kann damit Rotlaub retten! Wie naiv ihr Vater doch war! Niemals würde Knochen eine Katze verschonen. Angst und Panik begann sie zu vereinnahmen. Nicht mehr lange und sie würde aus reiner Verzweiflung ihre Tarnung aufgeben und sich auf Knochen stürzen. 

Zweite war Adlerruf. Ihre Augen schimmerten vor Furcht, doch die Sorge um ihre ungeborenen Jungen schienen ihre Pfoten zu lenken. Dritter und Letzter war Dohlenkralle. Beim Anblick ihres Mentors winselte Funkenpfote in sich hinein. Der stämmige Kater war nur noch ein zerfetzter Haufen Fell. Blut strömte aus aberwitzig viele Wunden, Krallenspuren und Bisswunden hatten sein Gesicht in einen roten Fleischklumpen verwandelt, ein Auge war zugeschwollen, während in das andere beständig Blut rann und der Kater es ständig zukneifen musste. Seine Hinterbeine waren völlig zerkratzt, das Fell hing büschelweise von der Haut. Die riesigen Krallenspuren der Bären zogen sich über den Rücken, die Flanken und den Bauch. Alles in allem wankte und stolperte Dohlenkralle mehr, als dass er ging. Es war ein Wunder, dass er sich noch auf den Beinen halten konnte. 

Knochen kicherte erneut, als die drei Katzen, der klägliche, noch stehende Überrest des GipfelClans die Köpfe vor ihm neigten. Dann tauchte er ohne Vorwarnung seine Pfote erneut in das Blutbecken, drückte seine Pfote gegen die Stirn von Krähenfluch und rief: "Tartaras! Nimm diesen Diener an, den ich dir schenke!"

Schlagartig war es still. Absolut still. Jedes Geräusch war im Bruchteil einer Sekunde ausgelöscht. Kein Wind wehte mehr. Kein Schnurrhaar bewegte sich. Die Zeit war eingefroren. Die Höhle verdunkelte sich. Die Atmosphäre schien zu glühen. 

Dann stieß Krähenfluch einen markerschütternden Schrei aus und sank in sich zusammen. 

Funkenpfotes Herz setzte aus. 

Dann schlug ihr Vater seine Augen wieder auf. Doch es waren nicht die silber-grünen Augen. Die Augenhöhlen leuchteten rot. Blutrot. Wie die der Bären. Wie Knochens rechtes Auge. 

Rote Zeichen tauchten auf. Legten sich über den schwarzen Pelz des Katers wie Fesseln. Vom Kopf bis zur Schwanzspitze. Sie leuchteten. Strahlten einen blutroten Schimmer die Finsternis der Höhle. Sie nahmen den ganzen Körper ein. Dann verblassten sie wieder und nur an Kopf, Hals, Schultern und Vorderbeinen blieben sie. Krähenfluch stand auf. Blinzelte. Und stellte sich neben Knochen. 

Mit Adlerruf geschah das gleiche. Mit Dohlenkralle auch. Sobald das letzte Zeichen auf seinem Kopf erschienen war, ergänzte er die Reihe neben Knochen. Dieser grinste zufrieden und winkte Brandpelz heran. Erst zögerte der große Kater, doch dann wurde die gleiche Zeremonie an ihm durchgeführt. Knochen tauchte seine Pfote in das Blut und löschte den Kater aus, der einmal Brandpelz geheißen hatte. Übrig blieb eine Marionette mit feuerroten Augen. 

Funkenpfote saß nur da und versuchte zu begreifen. Ihr Verstand hatte sie verlassen. 

"Es ist soweit", säuselte Knochen. Seine Augen schimmerten. Berauscht. Voller Lust. Erregt. Aus einer Nebenhöhle trat eine kleine, rotschwarze Kätzin. Nebelpfote. Ihr Schweif berührte die Flanke eines riesigen weiß, getigerten Katers. Silberblick. Vollständig blind und fast taub ließ er sich von Funkenpfotes Schwester vor Knochen führen. Knochen zuckte mit einem Ohr. Nebelpfote ließ Silberblick los und setzte sich neben die rotäugigen Clankatzen. Sie passte dazu. Auch ihre Augen waren rot. Auch ihr Körper starr und von leuchtenden Zeichen übersät. 

"Knochen? Ist es vollbracht?" Silberblicks Stimme war heißer und zittrig. Doch sein Kopf war hoch erhoben und sein Blick gefährlich. Knochen neigte ergeben den Kopf. "Oh ja. Es ist Zeit für euch, zu eurer waren Stärke zurück zu finden." Für einen kurzen Moment zitterte der große Tigerkater vor Erleichterung. Dann hatte er sich wieder im Griff. "Dann lass mich nicht länger warten", flüsterte er und kam noch einen Schritt näher an Knochen heran. Dieser setzte sich auf die Hinterläufe, tauchte beide Pfoten in das Blut und setzte sie Silberblick auf die Brust. "Das Blut eures Bruders ist das eines Anführers. Durch sein Opfer werdet ihr alles bekommen, was ihr euch jemals erwünscht habt." "Rede nicht. Tu es!", fauchte Silberblick und Knochen begann sofort, Worte zu formen. Sie waren zu leise, um sie zu verstehen, doch je länger er rezitierte, desto dunkler wurde das Blut auf seinen Pfoten, das Blut auf Silberblicks Brust. Allmählich formten sie sich zu Fäden, es sah aus als spinne eine unsichtbare Gestalt ein Netz aus schwarzen Fasern. Sobald sie sich gefestigt hatten, krochen sie über das Fell hinauf zu Silberblicks Kopf. 

Knochen hatte konzentriert die Augen geschlossen. Das Rezitieren schien ihn Kraft zu kosten. Die Fäden formten sich. Schlossen sich zusammen und bildeten, was Silberblick vor und nach seiner Geburt genommen wurde: Ohren. Und. Die schwarzen Fäden waren noch nicht fertig. Wie Schlangen schoben sie sich über Silberblicks Körper, bis sie an seiner Schwanzwurzel angekommen warnen. Und auch hier tanzten sie ihren Tanz. Zusammenschließen, ineinanderweben, dehnen, strecken. 

Dann war es vollbracht. Knochen sprach das letzte Wort. Der helle blaue Schleier von Silberblicks Augen färbte sich schwarz. Und dann rot. Ein einziges Zeichen erschien auf seiner Stirn und zog sich über seine Augen. Es sah aus wie eine Krönung. 

Knochen trat zurück. Wartete. Silberblick begann sich zu bewegen. Die neuen Ohren drehten sich, legten sich an, stellten sich auf. Silberblick blinzelte. Sah sich um. Sein Schweif peitschte aufgeregt. "Ich... ich kann wieder sehen." Unglauben war ihm ins Gesicht geschrieben. 

Knochen nickte grinsend. "Das habt ihr Tartaras zu verdanken. Ein Geschenk für seine Beschwörung." Silberblick grinste ebenfalls. "Ich habe mein Versprechen nicht vergessen. Lass es uns tun." 

Und so geschah es. Silberblick, Knochen und seine Marionetten bildeten einen Kreis um Himmelssturms in Blut treibendes Herz. Dann begannen sie alle gleichzeitig einen monotonen, unverständlichen Sprechgesang. 

Er dauerte ewig. 

Die Luft wurde kühler. So kühl, dass Funkenpfotes Schnurrhaare sich Stück für Stück mit Raureif belegten. Ihr Atem formte Wolken. 

Es wurde noch dunkler, als zuvor. Bald reichte nicht einmal ihre Fähigkeit in der Dunkelheit zu sehen mehr aus. Alles was sie sehen konnte, war das rote Schimmern der Fesselzeichen und die blutroten Augen. 

Stück für Stück tauchten neue Zeichen auf. Größere. Bildeten einen komplizierten Kreis aus sich wiederholenden Mustern, brannten sich in den Stein ein, als wären sie Feuer. 

Der Sprechgesang wurde lauter. 

Die Erde begann zu beben. Das Blut im Becken schwappte. Das Herz begann sich zu drehen. 

Knochens Stimme änderte seinen Klang, formte eine zweite Formel, die den Gesang der anderen überlagerte. 

Er wurde lauter und lauter bis er schrie wie ein Wahnsinniger. 

Dann verstummten sie alle schlagartig. 

Die Formel war zu Ende. 

Ein Ruck ging durch Funkenpfotes Körper. Ein Ruck ging durch die Luft, durch die Erde, durch alle Ebenen der Realität. 

Das Blut im Felsenbecken formte einen Strudel. Wurde schneller und schneller. Erhob sich. Bildete eine Säule, die sich immer höher schraubte. Das Herz nahm es in der Mitte mit. Trug es an die Höhlendecke. Alles Rote blitzte auf. Zeichen, Fesseln, Augen. Ein Knistern drang durch die Luft, als würde es die Realität selbst aufreißen. Als würde sich alles in einem gequälten Kreischen trennen und neu zusammenfügen. Höllische Schmerzen jagten durch Funkenpfotes Körper, als auch sie zerfetzt und neu zusammengesetzt wurde.

Dann war es vorbei. 

Das Herz war weg. Das Blut war weg. Stattdessen stand eine riesenhafte Gestalt in der Höhle. 

Knochen warf sich auf den Boden, präsentiere ergeben seinen Bauch und winselte wie ein Junges. "Meister. Meister, ihr seid gekommen." 


Das bin ich. 



Es war, als würde die Welt selbst sprechen. Die Stimme war überall. In jeder Zelle der Existenz. Unendlich dunkel. Unendlich mächtig.

Das Wesen drehte seinen Kopf herum. Ein Katzenschädel. Augen wie untergehende Sonnen. Feuerrote Bälle. Fanden sie. Sahen direkt in Funkenpfotes Seele.




Ich habe Hunger.






Funkenpfote rannte los. 

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