156 ** Atempause ** Fr. 19.6.2020

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Onkel Uwe nimmt Onkel Thorsten mit, weil Papa und Tanja das eigene Auto ja schon entführt haben. Wir anderen radeln wieder nach Hause. Tanja hat sich mit Katharina hingelegt, damit die in die Ruhe und richtig runterkommen kann. Papa steht schon in Tante Janas Küche, Onkel Thorsten geht mit den beiden Kleineren in den Garten, damit die sich nach der langen Stillsitzerei so richtig austoben können. Tante Jana und Onkel Uwe schmeißen Lasse und mich aus der Küche.
„Ab nach oben mit euch. Wir machen das schon."

Wir wehren uns nicht. Schneller als die Feuerwehr sind wir die Treppe raufgesaust und lassen uns entspannt auf mein Bett fallen.
„Herzlichen Glückwunsch, Max. Ich bin echt stolz auf dich. Vor einem Jahr haben wir alle die Luft angehalten. Und schau, wo Du jetzt stehst!"
Kurz lasse ich seine Worte in mir nachhallen.
„Ja, ich habe zeitweilig auch nicht dran geglaubt. Aber eins ist ja mal klar: ohne ganz viele Menschen um mich drumrum, die immer weiter gegen den Sturm an fest an mich geglaubt haben, hätte ich das nicht geschafft. Und einer davon bist du!"
Einen Moment ist Stille. Mehr gibt es auch nicht zu sagen. Mein allergrößtes Geschenk im Leben sind diese Familie und diese Freunde.

„Was hat Frau Süß eigentlich dazu gesagt, dass Frau Tucher sie nachgeahmt hat bei der Ansage?"
„Ich konnts mir nicht verkneifen und hab hingeschielt. Sie hat sich kringelig gelacht. Ich würde zu gerne Mäuschen spielen bei denen zu Hause. Anni wird Jenny garantiert eine Retourkutsche verpassen dafür."

Es bimmelt zum Mittagessen, und aus allen Ecken kommen die Mitglieder meiner tollen Familie gekrochen. Die Kinder haben sich tüchtig ausgetobt, Katinka schläft friedlich, Tanja ist sichtlich entspannter. Onkel Thorsten sieht ein bisschen zerzaust aus vom Toben, und alle anderen tragen grade Schüsseln und Platten mit leckerem Essen auf die lange Tafel auf der Terrasse. Papa schenkt Wein und Wasser aus, damit wir gleich anstoßen können. Das Essen schmeckt richtig lecker und kommt genau richtig nach dem endlosen Reden-mit-Anstand-über-sich-ergehen-lassen-Vormittag. Die Kinder flitzen wieder in den Garten, sobald sie satt sind.

Vor dem Nachtisch stehen Onkel Uwe und Onkel Thorsten auf.
„Mein lieber Neffe. Nachdem wir nun achtzehn Jahre lang dein Leben begleitet und ein Jahr lang mit dir von einer Katastrophe in die nächste geschlittert sind, ..."
„... haben wir die Ehre, dir von ganzem Herzen zu gratulieren. Zum Abitur, ..."
„... zu deinem Kämpfergeist und Durchhaltevermögen."
„Zu deinem Studienplatz ..."
„... und zu deinen Freunden. Wir freuen uns darauf, sie alle heute Abend besser kennen lernen zu dürfen."
„Aber wir müssen auch ein ernstes Wörtchen mit dir reden, denn ..."
„... SO geht es einfach nicht weiter."

Mir wird ganz unbehaglich auf meinem Stuhl. Was haben die beiden denn jetzt ausgekaspert? Da holen sie schon Luft und sprechen gemeinsam.
„Hör endlich mit dem bescheuerten ‚Onkel' auf!"
Und Tante Jana schiebt grinsend noch was hinterher.
„Ach, bei der Gelegenheit: die Tante schmeißt du jetzt bitte auch über Bord."
Ich muss ziemlich verblüfft aussehen, denn alle anderen lachen sich scheckig über mich. Dann stoßen wir an und plaudern weiter. Irgendwann geht T... Jana in ihre Küche und kocht für alle Kaffee und Tee. Während die Maschinen vor sich hin gurgeln, kommt sie mit einem riesigen Tablett voller Eispötte, Schlagsahne, Schüsselchen, Löffel und buntem Zucker raus und lässt uns für den Nachtisch decken. Zack, sind Lotta und Ole natürlich wieder da ...

Plaudernd, tobend, schlafend, lachend hangeln wir uns durch den Nachmittag. Kurz vor 17.00 Uhr grinst Lasse mich plötzlich an.
„Was'n los, lieber Cousin?"
„Wieso?"
„Du bist so unruhig und schaust dauernd auf die Uhr."
Uwe setzt sich uns gegenüber auf den nächsten Stuhl.
„Du bist grausam, Lasse. Wenn ich mich recht erinnere, kommt Max Freundin gleich. Da wird er doch wohl ein bisschen aufgeregt sein dürfen."
Ich trete die Flucht nach vorn an.
„Ich geh schonmal vor an die Straße. Hier hinten hören wir ja die Klingel nicht."
Ich kann es mir nicht verkneifen, Lasse im Vorbeigehen einmal gegen den Kopf zu schnipsen.
„Aua!"
„Jaul'nicht. Du hast drum gebettelt."
Und schon bin ich weg.

Familienfest Fr. 19.6.2020

„Herzallerliebste Jenny ..."
Schuldbewusst zieht sie den Kopf ein, sobald ich mit dieser energischen Ansage zur Wohnungstür reinkomme.
„Jaaaa, alter Mann?"
„Nix ‚alter Mann'! Du wirst gleich merken, wie jung ich sein kann."
Jenny fängt an zu lachen.
„Jetzt sag bloß, du bist allen Ernstes sauer, dass ich den Jungs den Wunsch erfüllt habe."
Jetzt muss ich auch lachen.
„Nö, überhaupt nicht. Du hast mich echt gut getroffen. Ich wollte nur ein bisschen meckern. Die eingebauten Parodien waren wirklich richtig gut."

Jenny nimmt mich in die Arme.
„Und jetzt, Pettersson, ist der Weg für euch endgültig frei. Ich freue mich dumm und dusselig, dass ihr es tatsächlich bis jetzt durchgehalten habt. Kein Hindernis konnte euch auf Dauer auseinander treiben. Und das war zeitweilig ganz schön hart. Ich bin unglaublich stolz darauf, WIE viel du für dich weiter gekommen bist. Dann kannst du dieses Jahr auch die Stimme wieder besser in Schach halten."
„Muss ich nicht mehr."
„Wie???"
„Ich habe die begründete Hoffnung, dass die Stimme endlich weg ist."
„Und wie hast du das geschafft?"
„Hab ich dir nicht vom Picknick mit Max erzählt?"
„Nö. Oder – nicht genug offenbar. Du. Sofa. Jetzt!"

Gehorsam setze ich mich neben Jenny aufs Sofa und erzähle ihr von unserem tränenreichen, aber gleichzeitig auch befreienden Nachmittag neulich an der Ruhr. Ihre Augen werden immer größer dabei, aber sie strahlt auch immer mehr.
„Endlich! Ich freu mich so für dich. DAS ist in der Tat ein riesiger Schritt! Und ich bin echt froh, dass Max jetzt alles weiß. Dieses Damoklesschwert ‚da war mal was' hat ihn manchesmal wirklich fast erschlagen."
„Hm. Ich bin auch unglaublich froh, dass diese letzte Barriere endlich gefallen ist."

Jenny stutzt, denkt einen Moment lang nach und schaut mich dann intensiv an.
„Es geht mich nichts an, aber ..."
Aber neugierig bist du trotzdem, und das ist auch in Ordnung, meine Liebe.
„Prag. Es war und ist wunderschön. Du machst dir keine Vorstellung davon, wie glücklich ich bin, dass diese Angst nun tatsächlich Geschichte ist."
Wir nehmen uns einfach fest in die Arme und halten uns.
„Und ich werde dir niemals genug danken können dafür, dass du jeden einzelnen Tag dieser furchtbaren Jahre für mich da gewesen bist."
„Jetzt wirds kitschig, meine Liebe."
„Pfff."
Ich drücke Jenny nochmal und stehe dann auf.

„Wann musst du heute noch wo sein?"
„Ich werde um 17.00 Uhr im Hause Gersten-Frey-Seitz auftauchen und von dort mit allen zusammen zum Restaurant fahren. So habe ich am Anfang nur die Großfamilie und dann erst alle anderen Familien obendrauf."
„Na, dann wappne dich mal für den Großeinsatz. Ich geh jetzt noch ein bisschen an den Schreibtisch und nachher zu Lennart. Hab einen schönen, entspannten Abend, Süße!"

Wo sie recht hat, ...
Ich lege mich tatsächlich ein bisschen hin. Ich fand es witzig, dass Max heute sein schickes „romantischer Abend in Prag"-Outfit angezogen hat. Also kann ich es mir nach meinem Nickerchen auch nicht verkneifen, das selbe Kleid wie an dem Abend anzuziehen. Außerdem muss ich mich ja morgen Abend für den Ball noch steigern können.

Als ich bei Max Familie vorfahre, sitzt er bereits auf einem der Zaunpfosten und schaut mir entgegen. Ich finde schnell einen Parkplatz und steige aus. Hihi, seine Augen leuchten wieder auf bei meinem Anblick, aber dann tut er ganz lässig.
„Hallo Schatz! Wir sollten in Zukunft immer mit verabreden, an welcher Tür du klingeln wirst. Im Regen oder sogar im Winter werde ich nicht mehr hier draußen warten."
Ich gehe lächelnd die paar Schritte zu ihm hin.
„Stimmt. Im kommenden Winter werde ich eine Klingel von einer WG drücken. Das ist dann eindeutig."

Max grinst, hüpft vom Zaun, nimmt mich in den Arm und gibt mir einen Kuss auf die Wange.
„Und jetzt erstmal herzlichen Glückwunsch für diese beeindruckende Dauerleistung, mein Schatz! Dass du ein gutes Abitur schaffen kannst, war mir ja schon im August klar. Aber dass du diese permanente Überlastung überstanden und mit diesem Ergebnis abgeschlossen hast, das werde ich ewig bewundern. Du bist großartig!"
„Danke!"

Max legt seinen Arm um meine Schulter, während wir zur Haustür der Seitzens schlendern. Drinnen ist ziemlich viel Trubel, weil alle „noch schnell eben ..." irgendwas tun, suchen, organisieren müssen. Aber bald schon sind wir mit ziemlich vielen Leuten auf der Terrasse versammelt. Max strahlt so viel Ruhe, Zufriedenheit und Zuversicht aus, dass ich gleich daneben auch ganz glücklich werde.
„So, liebe Familie. Dann will ich euch mal mein aufregendes Dauergeheimnis vorstellen. Die wunderbare Frau hier neben mir ist nicht nur Antonia Süß, Lehrerin für Sport und Mathematik am Beethovengymnasium, sondern auch die Frau, die nun fast ein Jahr lang für mich und um mich gekämpft hat, die mir innerhalb eines halben Jahres den Mathestoff von acht Schuljahren eingebläut hat und die mich durch jede einzelne meiner viel zu vielen Krisen im Laufe dieses Schuljahres getragen hat. Meine Anni."
Alle nicken mir freundlich zu. Viele Gesichter kenne ich ja, aber eben nicht alle.
„Und – gut aufpassen, Anni – das da sind in der Reihenfolge, wie sie stehen, Mein Vater Axel und Tanja Frey. Die junge Lady im Kinderwagen dahinter hast du heute ja schon in Aktion erlebt. Dann kommen T... Jana und Thorsten Seitz, Lasses Eltern. Daneben steht der Bruder meines Vaters, Uwe Gersten. Lasse kennst du. Und die zwei Flummis neben dir heißen Lotta und Ole."
Die beiden kichern und mustern mich ganz genau.
„Ich bin total glücklich, dass du heute mit uns feierst, denn ohne dich hätte ich es nicht geschafft. Ich hoffe, dass du dich in meiner tollen Familie richtig wohl fühlen kannst."
„Das werde ich, ganz bestimmt. Ich freue mich sehr, dass ich heute dabei sein darf."

Nach ein bisschen Geplauder löst sich der Kreis wieder auf, weil manche noch schnell diesen oder jenen Handgriff erledigen müssen. Aber schließlich sind alle startbereit, wir verteilen uns auf diverse Autos. Max hopst zu mir in den Mini. Auf der Rückbank steht – in ein Bettlaken mit Schleife gewickelt, der Korb mit all den runden Dingen, die ich in Prag angefangen habe zu sammeln. Das werde ich ihm gleich im Restaurant überreichen. Während ich mich in die Reihe von Familienautos einfädele, schaut Max ganz neugierig das unförmige Paket an.
„Was fährst du denn da spazieren?"
„... hoffentlich ganz viel Spaß haben."
„Hä?"
Verwirrt schaut er mich von der Seite an. Dann fällt der Groschen.
„Ahhhhh – na, dann werde ich es ja sicher bald wissen."
„Genau, mein Schatz. Geduld."

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18.2.2021

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