Kapitel 3

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Es war erstaunlich, an was sich der Mensch gewöhnen konnte. Nicht nur der Strom war weg, es gab auch kein fließendes Wasser mehr. Ersteres brauchte Dana hauptsächlich für Licht, sowohl nachts im Haus als auch tagsüber, wenn sie in den Supermärkten ihre Vorräte aufstockte. Und ohne Letzteres funktionierte die Toilettenspülung nicht mehr. Aber sie hatte sich auch damit arrangiert, Lösungen gefunden und sich daran gewöhnt, dass die Dinge nun anders abliefen. Doch es hatte einige Zeit gedauert, bevor sie sich um diese nicht-ganz-so-nebensächlichen Nebensächlichkeiten hatte kümmern können. Sie war nach der Begegnung mit dem Ding so durch den Wind, dass sie sich erst tagelang in ihrer Wohnung verschanzt hatte.

Sie hatte fortwährend gelauscht, ob sie das unheimliche Wesen nicht doch irgendwo hörte, und sich einfach nicht getraut, das Haus zu verlassen. Dann waren die Lebensmittel zur Neige gegangen. Zuvor hatte sie sich immer spontan aus den Supermärkten bedient, so wie früher beim Einkaufen. So etwas wie Vorratshaltung hatte sie nie betrieben, weil es nie notwendig gewesen war. Immerhin hatte sie sich das Trinkwasser durch strenge Rationierung auf drei Tage strecken können. Doch als ihr am dritten Tag vor Hunger schon ganz flau war, musste sie sich eingestehen, dass sie sich nicht ewig verstecken konnte, wollte sie nicht verhungern oder verdursten.

Sie hatte versucht, die vergangenen Tage Revue passieren zu lassen und realisierte, dass das Wesen zwar hin und wieder irgendwo in der Ferne zu hören, jedoch nicht mehr zurückgekehrt war. Es musste doch möglich sein, kurz hinaus zu huschen und sich das Nötigste zu besorgen?

Trotz der Erkenntnis, dass sie keine andere Wahl hatte, waren noch zwei Anläufe nötig, bis sie tatsächlich aus dem Haus kam. Beim ersten Mal hatte sie sich gerade bis zum ersten Treppenabsatz geschlichen, um dann hastig wieder in ihre Wohnung zu stolpern, weil sie meinte, ein leises Rascheln vernommen zu haben. Doch kein Monster war gekommen.

Beim zweiten Versuch war sie immerhin bis vor die Haustür gekommen, wo sie panisch kehrtgemacht, sich mit klopfendem Herzen von innen angelehnt hatte und dann wieder nach oben gerannt war. Nun war sie froh, ihre Angst einigermaßen überwunden zu haben.

Auf ihrer ersten Tour hatte sie sich nicht nur mit Lebensmitteln und Trinkwasser eingedeckt, sondern auch mit mehreren Taschenlampen und haufenweise Batterien. Für den Toilettengang hatte sie sich zwei Eimer mitgenommen, die sie im Hinterhof entsorgte. Dort hatte sie für diesen Zweck eine kleine Grube ausgehoben. Fürs Erste funktionierte es ganz gut, nur würde sie irgendwann noch eine Abdeckung dafür finden, oder selbst eine zusammenzimmern müssen.

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Jeden zweiten Tag machte sie sich auf, Nachschub heranzuschaffen und Vorräte in der Wohnung anzulegen. Die übrige Zeit verbrachte sie eben dort, dem einzigen Ort, an dem sie sich noch einigermaßen sicher fühlte.
Mit einem Stapel Bretter aus dem Baumarkt würde sie ihre kleine Festung noch sicherer machen und begann, das Küchenfenster zu vernageln. Auf Kopfhöhe maß sie mit drei Fingern den Abstand, den sie freilassen wollte. Das raue Holz sollte sie vor dem Ding schützen, nicht jedoch ihre Sicht zu sehr einschränken. Sie musste durch den Spalt noch die Straße beobachten können.
Nach dem letzten Hammerschlag prüfte sie durch kräftiges Rütteln, ob ihre hastig zusammen gezimmerte Konstruktion dem Wesen standhalten würde, und nickte in Zeitlupe. Die Prozedur wiederholte sie an jedem einzelnen Fenster. Waren es schon immer so viele gewesen? Für eine so kleine Wohnung hatte sie in der letzten halben Stunde nicht gerade wenig Öffnungen verbarrikadiert.

»Verdammt!« Mit zusammengekniffenen Augen starrte sie den Splitter, den sie sich eingezogen hatte. Das winzige Stück Holz fühlte sich nicht an wie ein solches, sondern wie ein riesiger Zahnstocher, der sich in ihren Daumen gebohrt hatte. Auch nachdem der Schmerz nachgelassen hatte, sog Dana mit jedem pulsierenden Pochen, das heiß durch den verletzten Finger brandete, die Luft scharf durch die Zähne ein. Wie konnte so etwas Kleines so furchtbar wehtun?
Leise vor sich hin schimpfend machte sie sich auf die Suche nach einer Pinzette. Je länger sie das Badschränkchen durchsuchte und den Inhalt dabei vergeblich auf den Fliesen verteilte, desto mehr verselbstständigte sich ihr Herz. Es machte Anstalten ihr gleich aus der Brust zu bersten, und gleichzeitig lief verräterische Feuchtigkeit Danas Wangen hinab, um sich am Ausschnitt ihres T-Shirts zu sammeln und den hellen Baumwollstoff dort dunkel zu färben.

Dana schniefte geräuschvoll und ihre Augenlider flatterten in dem Versuch, die nächsten Tränen zurückzudrängen. Das war nur ein verdammter Spreißel. Kein Grund, hysterisch zu werden. Reiß dich gefälligst zusammen!
Da entdeckte sie die kleine, metallene Zange in der hintersten Ecke einer Schublade. Sie musste den Atem angehalten haben, denn jetzt stieß sie ihn triumphierend aus. Dieses Mistding hatte sich in der hintersten Ecke unter einer Tube Zahnpasta versteckt. Durch den Schweißfilm auf ihren Fingern bekam sie die Pinzette nur mit Mühe zu fassen, konnte den Splitter aber trotzdem vollständig heraus ziehen.

Sie überprüfte noch einmal alle Fenster und war zufrieden. Sie waren jetzt alle dicht. Da fuhr ihr ein heißer Strahl des Schocks vom Scheitel bis tief in ihren Magen. Die Wohnungstür! Die hatte sie ganz vergessen. Jetzt musste morgen noch einmal losziehen und nach zwei extrastarken Panzerriegeln suchen. Eigentlich konnte sie ganz zufrieden sein, wie sie ihr seltsames, neues Leben organisiert hatte. Eigentlich. Und morgen wäre die letzte Sicherheitslücke beseitigt. Warum verspürte sie noch leise und nagende Angst, von der ihr unterschwellig übel wurde? Weil da draußen immer noch ein Monster lauerte. Und die Bretter an den Fenstern verstärkten das beklemmende Gefühl des Belagertseins, anstatt Sicherheit zu vermitteln.

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Noch bekam sie alles, was sie brauchte, in den nahe gelegenen Geschäften, doch ihr graute vor dem Tag, an dem die Bestände dort ausgingen und sie ausgedehntere Ausflüge machen musste. Sie hatte das Ding oft gehört, und das hauptsächlich nachts. Doch sie würde nicht einen Cent darauf verwetten, dass es ausschließlich nachtaktiv war. Und je mehr Zeit sie draußen verbrachte, um ihre Vorräte aufzustocken, desto größer war das Risiko, dass es sie auf einer ihrer Touren erwischte.

Sie hörte diesen unheimliche Wind manchmal bereits in der Dämmerung. Ebenso wie das Knirschen, das sich auf größere Entfernung mehr wie ein Rascheln anhörte. Es schien sich immer woanders aufzuhalten und war ihr nie wieder so nahegekommen wie bei der ersten Begegnung. Nur selten hatte es sich seitdem in Richtung ihrer kleinen Festung bewegt, doch es hatte jedes Mal wieder abgedreht. Und jedes Mal war ihr ein Stein von der Größe eines Kleinwagens vom Herzen gefallen, lautlos zu ihrem Glück. Sonst hätte sie es womöglich dadurch angelockt.

Nachdem der Akku ihres Smartphones den Geist aufgegeben hatte, führte Dana in Ermangelung eines Wand- oder Tischkalenders eine Strichliste auf der kleinen Schiefertafel in der Küche, auf der sie früher ihre Einkaufsliste zusammenzustellen pflegte. Früher, als das Leben noch normal gewesen war.

Heute, am Tag X plus 51, war die Tafel jedoch voll. Mit jeder Zeile waren die Striche immer kleiner geworden, je mehr sie sich dem unteren Ende näherten. Doch jetzt hatte sie die Fläche bis auf das letzte Fitzelchen ausgereizt. »Hättest Du mal von Anfang an kleiner geschrieben«, warf sie sich selbst laut vor und schrak zusammen. Das heisere Krächzen konnte unmöglich aus ihrem Mund kommen! Doch es war ihre eigene, eingerostete Stimme.

Sie räusperte sich und wiederholte den Satz. Das hörte sich schon besser an, und sie fügte noch ein energisches »Dreh jetzt bloß nicht durch!« an, das schon wieder mehr nach ihr selbst klang. Dann wischte sie die Tafel und setzte die Kreide an, nur um sie gleich darauf an die gegenüberliegende Wand zu werfen. Es war doch sinnlos, die Tage zu zählen, wenn außer ihr niemand diese Katastrophe, wie auch immer sie passiert war, überlebt hatte. Wenn niemand käme, um sie zu retten oder wenigstens um ihr Gesellschaft zu leisten. Wenn sie niemals aus diesem Albtraum aufwachte. Was nutzte es dann, einen Kalender zu führen, zu wissen, dass heute ihr Geburtstag war? Es würde niemand anrufen und gratulieren oder gar persönlich vorbeikommen.

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Dann würde sie eben alleine feiern, dachte sie, warf die Tafel in den Hinterhof und sah zu, wie sie auf dem Boden zerschellte. Vielleicht käme sie so weniger in Versuchung, wieder sinnlose Listen zu führen und sich falsche Hoffnungen zu machen. Stattdessen würde sie zukünftig einen Tag nach dem anderen hinter sich bringen und sich auf das Überlebensnotwendige beschränken, obwohl sie sich so langsam fragte, wofür.

Dana schnappte sich kurz entschlossen Rucksack, Einkaufstrolley und Schlüssel, bevor sie es sich anders überlegen konnte. Sie entriegelte die Tür und ging hinaus auf die vertraute und gleichzeitig fremde Straße.

Fremd, nicht nur weil sie menschenleer oder weil überall Schutt verteilt war. Es lag auch an dem Dunst, der sich dauerhaft auf die Stadt gelegt hatte, und an den Spuren eines Verfalls, der eigentlich von weitaus mehr als von einundfünfzig Tagen herrühren musste. Nicht alle dieser Spuren ließen sich auf das formlose Monster zurückführen, das ein paar Dachziegel gelöst, einige Fenster zerstört und das eine oder andere Auto zerdrückt hatte.

Es waren Risse in ansonsten unversehrten Mauern, aufgesprungene Gehwegplatten, aus denen Löwenzahn und andere Unkräuter wucherten. Graue oder braune Ablagerungen, die sich überall außen, aber auch innerhalb von manchen Gebäuden absetzten. Rostflecken an Regenrohren und Autokarosserien, wie sie sich erst nach Jahren bildeten.

All das trug zu der bedrückenden Atmosphäre bei und machte das Unerklärliche noch unerklärlicher. Aber Dana wollte feiern und sich nicht davon herunterziehen lassen. Sie musste sich beeilen, wenn sie es rechtzeitig mit Chips, mehreren Sixpack Bier, einem tragbaren DVD-Player, passenden Batterien und DVDs ihrer Lieblingsserie noch vor dem Dunkelwerden nach Hause schaffen wollte. Die Zeit spärlichen Tageslichts hatte sich nämlich seit ihrer unheimlichen Begegnung mit dem Ding stetig verkürzt, und sie war ziemlich spät aufgebrochen.

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Sie hatte alles bis auf den DVD-Player und die Batterien und schob sich gerade seitlich durch die halb offene Automatiktür eines Elektromarktes, als sie den charakteristischen Monsterwind vernahm. Noch so weit weg, dass er nur von einem Rascheln begleitet wurde. Aber er wurde lauter, kam auf sie zu. Das Ding konnte überhaupt nicht wissen, dass sie ausgerechnet jetzt ausgerechnet hier war. Es hatte sich die letzten Wochen nie so weit genähert, dass es sie beobachten konnte. Außerdem war sie noch nie in diesem Stadtteil gewesen, sodass es unmöglich hätte annehmen können, sie wäre regelmäßig hier.

Dana schüttelte sich, sie verschwendete gerade kostbare Zeit mit nutzlosen Überlegungen, in der das Ding ihr immer näherkam. Sie rannte sie los und versuchte sich dabei in einem mäßigen Tempo, das sie dafür auch bis zum Ziel durchhalten konnte. Mit etwas Glück war das Ding nur zufällig in der Gegend und würde sie vielleicht erst bemerken, wenn sie schon zu Hause wäre.

Nach einigen Straßenzügen war sie fast überzeugt davon, dass es klappen würde, doch gerade als sie noch drei Straßen von ihrer Zuflucht entfernt war, heulte der unnatürliche Wind auf. Oder war es das Ungeheuer selbst, das heulte? Es klang triumphierend, als hätte es sein Opfer nach längerer Suche entdeckt, und gleich darauf bewegte sich das lauter werdende Mahlen und Knirschen schneller und zielgerichtet, wie eine Lenkrakete, die einer Lasermarkierung auf Danas Rücken folgte.

Auch dieses Mal drohte Panik sie zu überwältigen, doch wenigstens war es noch hell genug, dass sie nicht halb blind flüchten musste. Es war diesem Umstand zu verdanken, dass sie schneller war, weil sie vorhandene Hindernisse rechtzeitig ausmachen konnte und nicht langsamer machen musste. So stand sie schon in ihrem Wohnzimmer und spähte aus dem Spalt in dem vernagelten Fenster, als das Ding am Ende der Straße um die Ecke kam.

Es war größer, als sie es in Erinnerung hatte, mehr als haushoch. Ein formloser Strudel aus schwarzem Rauch, durchsetzt mit rosafarbenen, schleimigen Schlieren, die pulsierten und dabei ein leises Schmatzen ausstießen. Das hatte sie beim letzten Mal nicht gehört. All diese Details konnte sie erst jetzt ausmachen, als es in nächster Nähe am Fenster vorbei walzte und sie sich dazu zwang, dort stehen zu bleiben, anstatt wieder ins Bad zu flüchten.

Vom Anblick des rosa Schleims, wie er sich in dem Ding und um es herum wand, wurde Dana übel. Trotzdem konnte sie den Blick nicht davon abwenden. So ähnlich wie Menschen, die Augenzeugen eines furchtbaren Verkehrsunfalls wurden, nicht wegsehen konnten. Heute war das Ding anscheinend nicht darauf aus, sie stundenlang zu terrorisieren. Vielleicht hatte es noch einen anderen dringenden Termin oder es war einfach nur ein launisches Mistvieh. Vollkommen egal - sie war unendlich froh, als das einzige Lebewesen auf der Welt außer ihr, endlich verschwand und sie wieder allein war.

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Dana führte zwar keine Strichliste mehr, doch am Tag X plus 1.050.203, ihrem Gefühl nach, war sie mit den Nerven am Ende. Was kein Wunder war, weil das Ding sie seit ihrem Geburtstag jede Nacht beehrte. War die Straße vor ihrer Wohnung auf und ab patrouilliert, hatte sich dann und wann gegen die Mauern geworfen, wie in der ersten Nacht. Also ob es sie aufforderte, endlich herauszukommen, was sie natürlich nicht tat. Der Schlafmangel war eine Sache, doch die Vorstellung, dass es sie irgendwann doch noch holen würde, höhlte sie noch weiter aus.

Trotz Furcht und Müdigkeit war sie die letzten Tage – oder waren es Wochen? – weiterhin regelmäßig zu ihren Touren ausgezogen, die nun einen ganz anderen Charakter hatten. Waren es zuvor regelmäßige Einkäufe gewesen, so ging es nunmehr nur noch darum, kontinuierlich Lebensmittel und Wasser zu horten. Jede Minute Tageslicht zu nutzen, schnell und verstohlen, alles zusammenzuraffen, dessen sie in kurzer Zeit habhaft werden konnte, um dann in wilder Flucht wieder zurückzukehren. Immer die Angst im Nacken, von ihrem Albtraum überrascht zu werden.

Als die Wohnung voll mit Kisten, Dosen und Flaschen war, hatte sie weitere Vorräte erst im Keller gestapelt, dann im Treppenhaus auf jeder Etage, sodass sie gerade noch vorbei kam. Ganz zum Schluss hatte sie auch die Wohnung der Maiwalds in Beschlag genommen, die war seit Tag X unverschlossen geblieben. Als Nächstes hätte Dana auch die anderen Wohnungen aufgebrochen und als Lager genutzt, doch es war inzwischen nicht einmal mehr eine Stunde am Tag hell, sodass auf ihren ohnehin schon kurzen Expeditionen kaum genug Zeit blieb, eine nennenswerte Menge mit nach Hause zu bringen.

Und sobald es dunkel wurde, kam das Ding. Und es blieb, belauerte sie so lange die Dunkelheit anhielt und entfernte sich zwischendurch nur so weit, dass sie es noch hören konnte. Wenn es zum Ziel hatte, sie zu zermürben und in den Wahnsinn zu treiben, machte es einen guten Job. Es polterte und randalierte, verschwand und tauchte wieder in unvorhersehbaren Abständen auf. Und mit jedem Besuch bekam Dana Angst, dass das Ding eines schönen Tages doch einen Weg ins Haus finden würde. Die Panzerriegel an ihrer Wohnungstür wären dann das letzte Hindernis. Sie verfluchte sich dafür, dass sie nicht daran gedacht hatte, auch die Haustür als erste Barriere stärker abzusichern.

Jetzt war es zu spät dafür. Und Dana blieben nur die kurzen Pausen, wenn das Biest sich entfernte, in denen sie kurz schlummern konnte. Mal war es nur wenige Minuten, ein paar Blocks weiter, mal ganz außer Hörweite. Es war kein Muster, keine Regelmäßigkeit zu erkennen, was zur Folge hatte, dass sie ständig auf der Hut sein musste. Es machte den Anschein, als ob es unangemeldete Kontrollbesuche machte, um zu prüfen, ob seine Beute einmal vielleicht so unvorsichtig war, herauszukommen.

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Gerade war es ruhig, und Dana aß am Küchenfenster stehend einen Eintopf. Ob es Erbsen waren oder eine Kartoffelsuppe, hatte sie im Halbdunkel der mit Kerzen erleuchteten Küche auf der Banderole der Dose nicht ausmachen können. Es war ihr auch egal. Es war warm und nahrhaft. Während sie ihre Mahlzeit ohne Genuss herunter schlang, beobachtete sie, die unwirkliche Szenerie dort draußen. Registrierte mit aufgestellten Nackenhaaren, wie sich der allgegenwärtige Nebel verdichtete und das wenige Licht schließlich ganz schwand. In der Ferne vernahm sie das beinahe vertraute Knirschen und Reißen.

Sie erinnerte sich. Der gefüllte Löffel senkte sich und fiel klappernd auf die grauen Fliesen. Sie erinnerte sich. Nicht daran, das alles schon einmal erlebt zu haben. Das war ausgeschlossen, absolut absurd. Aber sie erinnerte sich an das Gefühl. Allein zu sein. Sich ständig vor einer mit dem Verstand kaum greifbaren Gefahr versteckt halten zu müssen und sich nicht mehr frei bewegen zu können. Aber warum kam ihr etwas bekannt vor, dass ihr noch nie passiert war?

Dana massierte ihre Schläfen mit einer Vehemenz, dass ihr eigentlich die Haare büschelweise ausfallen mussten. Sie durchforstete ihr Gedächtnis und kam zu keinem anderen Ergebnis: Sie stand kurz davor, den Verstand zu verlieren. Doch wäre das wirklich so schlimm? Vielleicht hatte sie schon lange den Verstand verloren, und all das fand in der Realität nicht statt, spielte sich nur in ihrem Kopf ab. Abwesend klaubte sie den Löffel vom Küchenboden auf und ging damit zum Spülbecken. Während sie das Besteck mit etwas stillem Wasser aus der Flasche abspülte, formte sich ein neuer Gedanke in ihrem Kopf. Sie begann laut zu lachen. Das war die Lösung: Sie musste einfach nur aufwachen, und der Spuk wäre vorbei. Sie lachte und lachte, verschluckte sich und lachte weiter.

Ein Teil ihrer selbst hatte sich in den hintersten Winkel ihres Verstandes zurückgezogen und schüttelte den Kopf. Der andere war am durchdrehen, und das war das Letzte, das sie jetzt gebrauchen konnten. Fast erleichtert registrierte der rationale Teil, dass der Wurm sich wieder schleimig und knirschend vorbei walzte. Das konnte die Abwärtsspirale, in der sich Dana befand, vielleicht aufhalten. Der Schlag, der kurz darauf alles erschütterte, riss sie tatsächlichaus dem Strudel aus Wahnsinn und Hysterie. Er zeigte ihr, dass alles real war. So wirklich wie der scharfkantige Deckel der Weißblechdose, die im Spülbeckendarauf gewartet hatte, auch abgespült zu werden. Vor Schreck hatte sich Dana daran geschnitten, und die tropfende scharlachrote Linie an ihrem Handballen mahnte sie, dass sowohl die surreale Situation als auch die Gefahr eine echte war.

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