(17/10) Crispino

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Hinter ihm fiel die schwere Tür zu. Das Schleifen und Ächzen des großen Riegels vibrierte noch einen Moment unter dem Gewölbe, dann war es still. Von oben drang nur der feine Ton der Vesperglocke hinunter. Ein überirdischer und reiner Klang... über Dreck, rauem Stein und verschimmeltem Stroh. Hauptsache, man hörte sein Rufen, wenn er wieder hinaus wollte, dachte Crispino, als er sich umsah.

Er lenkte seine Schritte den dunklen Gang hinunter, dem flackernden Lichtschein entgegen. Gleich nach den ersten Metern lief er in eine abgesenkte Hellebarde hinein. "Wohin willst du und was bringst du", bellte der Wächter.

Crispino hatte ihn in den Schatten gar nicht gesehen. Mit dumpfem Unbehagen blieb der Mönch stehen, blinzelte im Licht der Fackeln. Bemüht, den Gestank des Mannes und den rauen Ton zu ignorieren, zeigte er seinen flachen Korb vor. "Ich komme für Salomone, unseren Heilmeister." Er hob die gefalteten Tücher an, um zu zeigen, dass sich nichts darunter verbarg als einige Töpfe mit Salben und ein schmaler Packen Leinenstreifen.

"Dann weiter mit dir", brummte der Mann und nahm die Waffe vor der Brust des Heilers weg. Er nickte mit dem Kopf den Gang hinunter. "Immer dem Geschnarche nach, das ist Dasio. Der lässt dich rein."

"Salomone, Crispino, wen scheren eure Namen. Ihr seht doch alle gleich aus, ihr Kuttenträger", hörte Crispino den Wächter noch murmeln, während er weiter ging.

Trotz der wollenen Kutte fröstelte er jetzt. Kälte und Feuchtigkeit krochen hier förmlich aus Wänden und Böden. In einer kleinen Nische auf der rechten Seite sollte sich die Tür zu der Zelle befinden, von der man oben in der Abtei nur hinter vorgehaltener Hand sprach. Man munkelte, es gäbe nur einen Weg, der wieder hinaus führte, wenn man erst einmal drinnen war - und dieser ging durch die Folterkammer. Keiner der Mönche hatte diese Kammer bisher gesehen, aber etwas Ungeheuerliches tat sich hier unten: Immer wieder ließ der Kardinal Gefangene herbringen. Nur sehr wenige kamen aber wieder hinaus.

Sie wurden in der Stadt gerichtet, auf einem der beiden Plätze, die man dafür präpariert hatte: Der eine hatte einen Galgen und einen Hauklotz für Enthauptungen, auf dem anderen gab es eine Art Bühne mit Tisch und Rad, dort nahm man die grausigsten Strafen vor und die ganze Stadt sah zu. Von den Spaniern und den Deutschen sollte es abgeschaut sein; solche Dinge hatte es in der gesamten Gegend nicht gegeben, bis der Kardinal sich auf Albornoz niederließ. Manche steckte man aber auch in die Käfige an der Stadtmauer, entlang des schmalen Pfades zur Kardinalfestung.

Niemand wagte sich mehr dort vorbei, seit es im letzten Jahr begonnen hatte. Obwohl es der kürzeste Weg war, wenn man nach La Scogliara hinunter wollte. Lieber ging man durch die ganze Länge der Stadt, durch das Südosttor hinaus und dann noch eine ganze Strecke außerhalb der Stadtmauer, als sich dem Anblick der verrottenden Körper auszusetzen. Ein Reisender, der beim Bader der Stadt eingekehrt war, sollte sogar gesehen haben, dass einige der armen Seelen noch lebten, während die Krähen sie auffraßen. Aber das waren Gerüchte; mittlerweile waren die Straßenkinder aus der Stadt die einzigen, die es als eine Mutprobe nahmen und wagten, bis zu den Käfigen und wieder zurück zu laufen. Und Reisende und Kinder erzählten viel.

Was mit all den anderen geschah, die einfach verschwanden, wusste niemand. Der alte Salomone vermutete, sie starben in diesem unterirdischen Gewölbe, bevor sie irgendeiner Strafe zugeführt werden konnten. Auch Crispino glaubte inzwischen, dass man die Nächte abwartete, um sie weg zu schaffen. Das erklärte den Handkarren. Sein Quietschen drang manchmal zu später Nachtstunde von jenseits der Gartenmauer bis an das Fenster der kleinen Zelle, die der Mönch bewohnte. Seit dem Tod des Bibliothecarius war er der Einzige, dessen Fenster zum Garten hinaus ging, alle anderen waren vorne zum Weg hin oder in dem niedrigen Gebäude neben den Ställen untergebracht. Die Schreie, die manchmal am Schacht hinter dem Kellarium und auch vom Garten her zu hören waren, erhielten konkretere Bedeutung, wenn Crispino mit den wenigen Brüdern sprach, die hier hinunter gelassen wurden.

Es war verboten Fragen zu stellen. Man musste aufpassen, wofür man sich interessierte. Die meisten Brüder, ausgenommen Salomone und der Cellerar, wussten buchstäblich nichts - außer dass sie nicht fragen durften und dass sie die Stimmen und Geräusche, die aus dem Untergrund hervor drangen, zu ignorieren hatten. Es ginge alles rechtens zu, hatte der Abt ihnen mit ernster Miene versichert; sie sollten sich nicht kümmern und, wenn sie etwas hörten, lauter beten. Hochwürden habe die peinlichen Verhöre, die sein heiliger Auftrag im Dienst der Kirche mit sich brachte, nur deshalb hierher verlegt, weil sich die alten Gewölbe dafür anboten.

Das war gelogen. Es hatte sich nichts angeboten. Die Abtei war seit Jahrhunderten ein Ort der redlichen Arbeit, des Gebets und des Friedens gewesen. Aber im letzten Jahr hatten sich die Besuche des Kardinalpriesters gehäuft. Dann war der Weinkeller ausgeräumt worden. Die Fässer und Flaschen hatten nun oben kaum Platz, auch fehlte die Kälte, die der Keller gewährleistet hatte. Vier Monate lang hatte man dort unten Massen von Stein weg gehauen, um die zusätzlichen Gänge und das große Verlies anzulegen. Die Arbeiter waren laut und immer wieder auch betrunken gewesen, hatten mit derben Scherzen und Flüchen von Früh bis Spät die Andacht und das Studium der Mönche gestört und die Bewohner der kleinen Abtei oft bis in die Nacht wachgehalten - und als der Lärm endete, als sie abzogen und man im Garten und entlang der Stallmauer die Urin getränkte tote Erde aushob, um den Gestank los zu werden und dort wieder etwas wachsen zu lassen, begannen die Schreie. Und diese hatten nun seit dem Sommer des letzten Jahres nicht mehr aufgehört. Das klang nicht nach Dienst am Herrn. Es klang nach Hölle. Und ebenso roch es auch, wie Crispino nun erstmalig selbst feststellen durfte.

Seine Aufgabe hier war keine freiwillige. Bruder Salomone begleitete als Leibarzt den alten Abt auf einer mehrtägigen Reise. Crispino hatte seine Ausbildung damals bei Salomone erhalten und musste ihn nun vertreten, bis er zurück kehrte. Ein Gefangener brauchte eine Wundbehandlung, so hieß es. Crispino seufzte, als er daran dachte, wie friedlich hier einmal alles gewesen war. Die Handlungen der Kirche waren nicht in Frage zu stellen. Wenn ihr heiliges Oberhaupt in Rom meinte, diese verschlafene und idyllische Provinz brauchte einen Kardinal wie diesen und ein Inquisitionsgericht, um vermeintlicher Ketzer und sogenannter Zauberer und Hexen habhaft zu werden, dann war dagegen nichts zu sagen. Was er selbst dazu dachte und wie unsinnig und falsch er die Anordnung einer Wundbehandlung fand, die nur dazu diente, den Kranken für weitere hochpeinliche Verhöre am Sterben zu hindern, das behielt er lieber für sich.

Der grob behauene Tunnel öffnete sich plötzlich in einen niedrigen Vorraum. Dass die rechtwinkelige Form fehlte, ließ ihn wie eine Höhle wirken. Es roch scharf nach Fäkalien und Erbrochenem. Es erinnerte ihn an das letzte Fieber, das von den römischen Sümpfen aus über das Land und bis in die Berge von Terni hinauf gekrochen war. Unwillkürlich hielt Crispino die Luft an.

Eine einzige Fackel brannte an der Wand. Darunter saß der, den der Wächter Dasio genannt hatte. Seinen zotteligen Kopf hatte er auf dem Tisch abgelegt, die Haare berührten beinahe die zum Stumpf herunter gebrannte Kerze. Die dreckige Hand des Mannes umklammerte einen großen Schlüsselring. Die Augen nicht von dem schlafenden Wächter lassend trat Crispino an die breite Eichentür, lauschte einen Moment angestrengt, aber kein Laut drang zu ihm heraus. Nur das Schnarchen des Wächters störte die Totenstille in diesem Winkel des Kellers. Crispino wünschte sich zurück nach oben, ans Licht, an die frische Luft. Allein der Gefangene, der ihn wahrscheinlich brauchen konnte und hinter der Tür auf ihn wartete, ließ ihn nicht unverrichteter Dinge weglaufen.

Er trat an den Tisch heran und rüttelte den Mann an der Schulter.

"Hm.... Hm... Was'n los?" Erschrocken hob der Wächter den Kopf und glotzte Crispino ins Gesicht, dann sah er an ihm hinunter. Als er Korb und Kutte registrierte, stand er stumm auf, schlurfte zur Tür hinüber. Er zog die zwei handbreiten Riegel zurück. "Todesfälle müssen sofort gemeldet werden, Reden ist über das Nötige hinaus nicht erlaubt", leierte er herunter. Während er einen großen rostigen Schlüssel aus dem Bund heraus suchte, fragte er: "Und? Was bringst du?"

"Salben und Verbände. Und ein schlichtes Kreuz am Band. Kein Metall, nur Holz."

Der Wächter lachte auf. "Spar dir das. Der ist so weit von seiner Rettung entfernt, wie man nur sein kann, Bruder." Er hob belustigt die buschigen Brauen. Der Geruch nach schalem Wein, der den Wächter umgab, ließ Crispino einen Schritt zurück weichen. "Aber wenn du es trotzdem versuchen willst mit seiner verdorbenen Seele... pass auf, dass er dir nicht das Leben wegnimmt! Oder dich verhext, dass du deinem Glauben abschwörst. Er hat diesen Blick. Sieh ihm nicht in die Augen." Er wies auf die Tür, schüttelte den Kopf. "Ich für meinen Teil gehe da nicht allein rein."

"Nun, ich aber. Ich fürchte keinen Gefangenen. Er wird mir schon nichts tun."

Dasio kratzte sich am Kopf und zog die Nase kraus. "Hm... Sie haben ihn aber ganz schön zugerichtet, als sie ihn zurück brachten. Nur dass du das weißt. Hab' es gehört, von da aus." Er zeigte auf den kleinen Tisch, an dem er gesessen hatte. "Der dürfte eine Weile still sein. Also... ich hab aber nicht mitgemacht, wirklich nicht. Nimm's meinen Leuten nicht übel, sie haben ja sonst keinen Spaß." Er grunzte belustigt, griff sich an den Schritt. "Der da drinnen hat etwas an sich, das einen Mann an alles Mögliche denken lässt... In letzter Zeit bringen sie weniger Weiber, wenn du weißt, was ich meine... und wir haben ja kein Geld, uns welche zu leisten. Der Lohn ist knapp." Er starrte den Mönch einen Augenblick an, dann lachte er auf, knuffte Crispino gegen die Schulter. "Na klar weißt du, was ich meine, Bruder! Uns gehts ja kaum anders als euch da oben. Nur habt ihr den besseren Ausblick auf die Landschaft und den besseren Wein."

Crispino befürchtete Schlimmes. Er kniff die Lippen zusammen, wich dem Blick des Wächters aus. "Ja, ist ja gut. Ich weiß, was du meinst. Aber nun lass mich mit ihm allein. Wenn ich dich brauche, rufe ich schon."

"Hm... Er hat um sich getreten wie der Teufel. Einen hat er ziemlich böse in die Hand gebissen, das war gestern. Musste genäht werden, und einen Finger hat der Mann verloren, nur wegen dem Gefangenen. Ich sagte ihm noch, Patrizio, sagte ich zu ihm, geht da nicht nochmal rein, lass ihn mal besser in Ruhe. Aber er wollte nicht auf mich hören. Ich soll dich jedenfalls mit ihm einschließen, das ist seit gestern Order. Damit er nicht wegläuft, wenn der Medicus bei ihm ist. Die Tür muss zu sein. Ich selbst bleib aber lieber draußen."

Crispino hatte Mühe sich zu beherrschen. "Das ist in Ordnung. Solange du mich klopfen hörst, wenn ich fertig bin."

"Warte noch, du brauchst Licht." Dasio stellte dem Mönch ein Talglicht in den Korb, dann griff er in einen Eimer, der neben der Tür stand, holte eine Fackel heraus und zündete sie an der anderen an, die über dem Tisch brannte. Er drückte sie dem Mönch in die freie Hand.

Crispino nahm die Fackel und trat zurück, um Platz zu machen. "Hat er denn da drinnen kein Licht?"

"Warum Licht verschwenden? Damit dieser Dämon vor dem Einschlafen die heilige Schrift lesen kann?" Der vorwurfsvolle Blick des Mönchs ließ Dasio entschuldigend anfügen: "Die werden meistens ruhiger, wenn wir es für sie schön dunkel halten. Ist gut für sie." Um seine Unsicherheit zu überspielen, fügte er an: "Also will ich von dir hinterher eine Öllampe und eine Fackel zurück haben. Lass kein Feuer da, der Irre verbrennt alles, was er da drinnen findet. Darum gibts keine Bank, haben alles ausgeräumt. Muss er eben mit den Ratten auf dem Boden schlafen."

Crispino schnaufte ungeduldig. "Entschuldige, aber das ist Blödsinn. Wenn ihr ihm kein Feuer lasst, kann er doch eine Bank haben. Wie sollte er sie anzünden ohne Feuer."

Dasio zuckte nur mit den Schultern. "Ist aber Order", murmelte er und wies wage mit dem Daumen nach nirgendwo. Dann zog er die schwere Tür so weit auf, dass der Mönch mit Korb und Fackel gerade hindurch passte. Hinter ihm drückte er sie wieder fest zu. Crispino hörte, wie der Riegel vorgeschoben wurde.

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Zuerst dachte er, die Zelle sei leer. Er hob die Fackel höher. Die Zeichen an den Wänden ließen ihn erschaudern. Das war er, der Kerker. Der mit den Zeichen. Es waren so viele. Der Raum war dunkel und krank von denen, die hier auf ihr Ende gewartet hatten. Es hing in der Luft, mit Fingernägeln und Handeisen war es in die Wände gegraben... Schmerz und Elend, Ausweglosigkeit und Angst.

Crispino trat einige Schritte auf das Dunkel zu, das an der anderen Seite des Raumes gähnte wie ein Loch. Da lag Stroh in der Ecke, er sah es jetzt. Viel zu wenig war es, es bedeckte kaum einen Finger dick den Boden. Das war ungesetzlich, die Strohmenge war vorgeschrieben. Und noch etwas lag da. Im ersten Augenblick hielt er es für eine Decke - oder ein fleckiges Leinentuch, das jemand achtlos hingeworfen hatte. Aber dann sah er den Gefangenen.

Er lag halb auf dem Bauch, mit dem Gesicht zur Wand. Er war vollständig nackt, Dreck und Blutspuren waren über den ganzen Körper verteilt. Crispino sog die Luft ein, als er nahe heran trat und das Licht der Fackel den Rücken beschien. Er musste mehrfach ausgepeitscht worden sein; von den Schultern bis hinunter zur Hüfte lag eine tiefe Furche über der anderen, kreuz und quer waren sie verteilt, aufgeplatztes Fleisch und verdreckte Krusten überall. Mit welcher Wut hatte man sich an ihm abgearbeitet! Das war kein Verhör um irgendeiner Wahrheit willen, das war eine langsame Hinrichtung. Beinahe wurde ihm schwindelig, als er in die Knie ging, den breiten Korb aus dem Arm auf den Boden gleiten ließ und wieder auf die Beine kam.

Crispino konnte den Blick nicht von dem geschundenen Körper abwenden. Der Mann schien noch nicht die Dreißig erreicht zu haben, er sah es an der Haut, den vollen Haaren, der Hand, die leblos neben seinem Kopf lag. Und abgesehen von den furchtbaren Wunden wirkte er gesund und kräftig... Vielleicht würde er überleben. Aber wohl nur, um wieder und wieder in diesen Zustand zurück gebracht zu werden. Welch unheilige Aufgabe für einen Heiler im Dienst des Höchsten! Einen Moment lang überlegte Crispino, ob er ihm zum Sterben verhelfen sollte. Doch als er sah, wie jung er war und wie sehr er fremder Hilfe bedurfte,  erfüllte ihn Hoffnung - und eine Unruhe, die ihn ehrgeizig werden ließ.

Was, wenn der Mann unschuldig war! Er musste ihn auf die Beine bringen, so weit, dass er reden konnte. Nicht mehr als drei Verhöre musste man durchhalten, und wenn man das erreichte, war die Unschuld belegt und man konnte gehen. Vielleicht hatten sie sich ihn bereits dreimal vorgenommen und er war beinahe frei! Oder er musste es nur noch ein weiteres Mal ertragen und er, Crispino, konnte ihn vielleicht so weit stärken, dass er diese Prüfung überstand. Aber wenn er ein Mörder war? Ein Verbrecher? Dann war seine Strafe mit dem, was er hier sah, mehr als abgegolten. Er musste schnell handeln, es war keine Zeit.

Eilig suchte er die Wände ab; er fand eine Halterung nahe bei der Ecke, dort, wo der Gefangene lag, steckte die Fackel hinein. Dann lief er zur Tür zurück. Mit einer Faust hämmerte er gegen das schartige Holz - und wieder, diesmal mit beiden Händen. "Wächter! Dasio! Mach auf, sofort!"

Der Riegel knirschte, die Tür öffnete sich einen Spalt. "Was is'los? Hast du die Hosen schon voll? Hat er dich angegriff..."

"Was ist das hier drinnen?" Crispino schrie beinahe. Er zeigte in die Zelle hinein. "Ist dies das ehrenwerte und hochheilige Inquisitionsgericht von Narni oder... ein Schlachthaus?"

Dasio wollte Luft holen und etwas entgegnen, aber der Mönch kam ihm zuvor. "Wer ist der Medicus, der bei den Verhören dieses Mannes zugegen ist? Wer ist er? Das ist barbarisch! Ihr habt ihn beinahe zu Tode geschunden! Und wo ist seine Kleidung? Wer hat gesagt, dass er keine haben soll in diesem eisigen Rattenloch? Da liegt er in seinem Blut und im Dreck! Ich sehe kein Wasser bei ihm, keine Decke, kein Stück Brot, nicht einmal eine leere Schüssel! Was gebt ihr ihm zu essen? Und seine Wunden sind Tage alt und niemand ist gekommen ihn zu versorgen! Es gibt Vorschriften, mein Guter, auch für Gefangene der Inquisition!"

"Es gehört zur Folter", murmelte der Wächter und hob in einer ratlosen Geste die Hände. "Es ist Bestandteil der..."

"Die Inquisition legt alle drei Stufen des peinlichen Verhörs auf die Minute fest", knurrte der Mönch ihm ins Gesicht. Es gibt ein zeitlich begrenztes und auch ein auf die Anwendungen bezogenes Höchstmaß. "Davor und danach gibt es keine willentlich zugefügte Qual für den Gefangenen. Maßnahmen, die das Verhör unterstützen, haben nur in diesen Minuten stattzufinden und sind unmittelbar mit der Befragung zu verbinden." Er zeigte in den Kerker hinein. "Wer befragt ihn jetzt gerade, während er da liegt? Ich sehe keine Befragung! Wo sind Schreiber, Folterknecht und Ankläger jetzt, tun sie gerade ihre Arbeit an diesem Mann, in diesem Augenblick? Nein? Also. Kein Verhör, keine Qual - abgesehen von den unmittelbaren Folgen des Verhörs. Und die gehören sofort behandelt, ihr habt dafür zu sorgen, das ist Recht. Aber warum holt ihr mich erst heute und zu dieser Stunde? Du hast genau eine Minute, mir seine Kleidung zu bringen."

Dasio versuchte es wieder, doch Crispino ließ ihn nicht zu Wort kommen. "Und du bringst mir sauberes Wasser, drei Krüge voll. Jetzt sofort. Und dann noch drei weitere mit heißem Wasser. Schaff sie her. Dazu guten Essig und Wein. Ich brauche Eichenrinde, Thymian und ... ach, ruf mir Bruder Leone her, er soll sich beeilen. Er wird mir holen, was ich brauche." Er sah Dasio wütend ins Gesicht. "Glotz nicht, lauf", fuhr er ihn an. "Beeil dich. Hol Bruder Leone, frag im Refektorium nach, sie bringen dich hin. Sag, Crispino schickt dich. Wenn du das jetzt nicht schneller erledigst als deine Freunde scheißen können, wird der Abt dieses Klosters dafür sorgen, dass ihr alle vor dem höchsten weltlichen Gericht verurteilt werdet. Als Mörder. Und nun raus mit dem Kopf aus der Tür. Sonst könnte es passieren, dass du mindestens beide Ohren verlierst, wenn sie mir versehentlich zufällt."

Der Wächter nickte ernst und verschwand eilig und ohne ein weiteres Wort. Offenbar war das die Sprache, die er verstand. Crispino war übel vor Wut, als er sich in den Kerker zurück wandte.

Ende Teil 162



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