(18/1) Lass ihn nicht los

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Seine Muskeln waren so ausgekühlt und verkrampft, dass das Zittern nicht mehr aufhörte. Er war vollkommen erstarrt, wünschte, er könnte die Beine an den Körper ziehen, aber sie rührten sich nicht. So ausgestreckt auf dem Boden drang ihm die Kälte in alle Knochen. Er wandte sich davon ab, sehnte sich in die Bewusstlosigkeit zurück, in die Schmerzen, Angst und Kälte ihm nicht folgen konnten, aber vergeblich. Sie kam und holte ihn, wenn sie wollte. Jetzt gerade wollte sie nicht. Jeder Augenblick in diesem halbwachen Zustand maß eine Ewigkeit.

Die Finger klebten vom Blut. Man hatte sie ihm zerquetscht, die Fingernägel der rechten Hand gezogen, einen nach dem anderen. Die Rippen schmerzten, als trügen sie noch die eisernen Bänder. Er atmete flach. Die Fesseln, die die Wächter an ihm gelassen hatten, schnitten in Hand- und Fußgelenke. Der Rücken... da war nichts mehr. Der Drache der Heilung, er hatte ihn... verloren. Und jetzt verlor er sein Leben.

Er wusste nicht, wie lange er schon so lag, so unbeweglich und kalt. Wenn sie diesmal wiederkamen... war es wohl das letzte Mal. Er würde ihre Gesichter nicht sehen müssen. Seine Augen waren zugeschwollen, er konnte sie nicht mehr öffnen.

Er driftete wieder weg ins Dunkel, hatte sein Leben und Sterben zugleich vor Augen. Mit einem Gefühl unglaublicher Leere sah er dem Tier entgegen. Es wartete auf seine Entscheidung.

Das war seine letzte willentliche Handlung, der verbliebene Rest an Freiheit und Würde: Dass er der Bestie endgültig entsagte, während er hilflos vor ihren Klauen lag. Er fiel bereits weg unter der Zeit, verwuchs mit der Dunkelheit, der Schmerz wandelte sich langsam und stetig zu etwas, das er loslassen konnte. Er sah nur noch mit inneren Augen, nahm den Kerker, den Gestank nach Blut und Fäulnis nicht mehr wahr, ging ganz nach innen und fand dort eine gigantische Welt. Die einzige und wahre, jetzt und ewig schon... draußen war alles nur Illusion gewesen. Fünfhundert Jahre lang hatte er die Welt studiert, um letztlich festzustellen, dass sie nichts war - nicht mehr als eine wilde menschliche Fantasie zu schwach geratener Kreateure, ein schlechter Plan. Eine selbstgemachte Hölle. Sein Lachen zitterte in der Dunkelheit. Er hatte es immer schon geahnt. Jetzt, so nahe am Tod, offenbarte es sich.


Eine kleine Hand berührte sein Gesicht, verfing sich in seinen Haaren, kitzelte sein Bewusstsein und weckte ihn aus der Tiefe auf.


Tom... Er lächelte schwach. Tom. Wo ist deine Mutter.


Ihr helles Lachen war noch immer mädchenhaft. Sie strich ihm die Haare aus dem Gesicht, berührte seine Stirn. Ich bin hier. Warmes, freundliches Mitgefühl, leicht wie eine Feder, strömte durch ihre Hand, wärmte ihn, tröstete ihn unendlich.


Lena... Sieh dir das hier nicht an. Geht weg. Lasst mich allein.


Sie lachte noch einmal. Heller Nebel wogte im Dunkel. Bist du soweit? Dann komm mit uns.


Noch nicht. Das... ist nicht so einfach wie ich dachte.


Du willst also leben? Dann steh auf.


Nein.... Unmöglich. Ich stehe zwischen Leben und Tod. Ich bin... müde. Von allem.


Er spürte ihren liebevollen Blick, ihr Lächeln wärmte ihn bis ins Herz.

Das Zittern verschwand für einen Augenblick, als sie seine Hand nahm, ihn auf die Stirn küsste. Was kann ich für dich tun?


Magnus... kümmere dich um ihn. Er wird mich suchen wollen. Halte ihn auf, er soll... warten.


Warten? Aber worauf? Du kommst nicht zurück!


Ich versuche es... ich muss.


Sie schüttelte den Kopf. Deine Lebenskraft verbraucht sich schnell. Es sieht nicht gut aus. Was könnte ich ihm sagen? Dass du stirbst?


Er fiel tiefer und tiefer in die bodenlose Schwärze, antwortete nicht mehr.

Ihre Hand zog ihn energisch nach oben zurück, bis unter die Oberfläche seines Bewusstseins, hielt ihn dort. Was soll er wissen? Dass du tot bist? Willst du das?


Nein, antwortete er matt. Ich sterbe nicht. Noch nicht. Das hier ist nur... eine Zehn der Schwerter. Vielleicht geht es vorbei... irgendwie. Kümmere dich... um Magnus.


Er sieht mich nicht.


Du hast Tom bei dir. Er wird euch erkennen. Streng dich an, sprich mit ihm.


Er kann mich nicht hören.


Er wird. Sprich mit ihm. Durch die Karten.


Das ist nicht seine Sprache. Er interessiert sich nicht für Karten.


Doch. Wenn du meine nimmst. Lass sie ihn finden. Das Deck mit... Lucianos Wappen.


Sie beugte sich zu ihm hinunter, wärmte seine Schultern mit ihren Haaren. Aber was ist mit dir? Wirst du das hier schaffen? Ich sorge mich um dich.


Ich versuche es. Wenn nicht, dann lass mich...


Er spürte ihre Hand auf seinen brennenden Augenlidern. Valerio. Hör mir zu. Du hast ihn so lange gesucht. So viele Jahre. Er wartet auf dich. Lass ihn jetzt nicht los, wo du ihn beinahe gewonnen hast. Eure Geschichte ist noch nicht zuende, sie beginnt erst.


Sein Lächeln schmerzte ihn, als er an Magnus dachte. Er musste leben, sie hatte Recht. Ihre Geschichte war noch nicht zuende.

Mit den Fingern strich sie über seine Wange. Wir müssen gehen. Jemand kommt. Jemand, der helfen will. Hab keine Angst, du kannst ihm vertrauen...


Es wurde leer um ihn. Sie waren fort. Er war allein mit der Dunkelheit, den Schmerzen, der Kälte. Stimmen hinter der Tür... Er hörte, wie der Riegel zurück gezogen wurde, Schritte... das Zischen einer Fackel. Er fiel zurück in tiefe Bewusstlosigkeit, noch bevor ihre Wärme ihn erreichte.

Ende Teil 163

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