Von Warzen und Narben

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Eine weitere Nacht brach herein, doch diesmal war etwas anders. Zunächst konnte niemand eine Veränderung ausmachen, aber dann wurde es allen Bewohnern klar. Die Nacht war kühler als an den vorherigen Tagen, der Wind kälter und der Boden hart und gefroren. Der Himmel hielt sich in einem dunklen Grau und wieder waren unzählige Wolken zu erkennen. Doch diesmal war etwas anders. Einige Sekunden verstrichen und dann wusste es jeder, was heute Nacht passieren würde. Kleine Eiskristalle lösten sich aus den Wolken, fielen sanft zu Boden. Sie glitzerten im Schein der wenigen Straßenlaternen und es schien, als tanzten sie. Immer heftiger und weißer wurde die Umgebung. Die Flocken legten sich leise auf alles, was ihnen im Weg stand, bedeckten Dächer, Gras und beschlugen Fensterscheiben. Alles wurde in ein düsteres Weiß getaucht.

Jeder im Dorf schien an den Fenstern zu stehen, hinaus zu schauen. Vielleicht hoffte einer dieser, dass es nicht zu heftig zu schneien begann, denn hier, so abgeschieden und verlassen, konnte der Schnee zu einem ernsthaften Problem werden. Doch nur einer der Menschen war bei den Gedanken nicht bei den immer kräftiger werdenden Flocken. Er saß tief gebeugt über einen Tisch in seinem Haus. Seine dunkelbraunen Haare, die sich aus seinem Zopf gelöst hatten, fielen ihm ins Gesicht und immer wieder strich er sie hinters Ohr. Seltsamerweise brannte in keinem der Zimmer ein noch so kleines Licht, ihm schienen die Straßenlaternen zu genügen. Immer wieder blickte er sich um, sein Blick schweifte über das Bett, seinen Schrank und schließlich zur Tür, die er besonders zu beobachten schien. Er fühlte sich schutzlos und angreifbar, auch wenn er hier in seinem Haus saß.

Dann richtete er wieder all seine Aufmerksamkeit auf das Stück Papier, das vor ihm auf dem Tisch lag. Einige Buchstaben waren bereits niedergeschrieben worden, doch so klein, dass niemand, der vom Fenster ins Innere schaute, auch nur ein einziges Wort entziffern konnte. Ging man aber näher heran, so erkannte man einzelne Wörter, die wohl mit abgehakten Bewegungen niedergeschrieben worden waren. Der Mann richtete seine grünen Augen auf ein einzelnes Wort, das er durchgestrichen hatte. Unter dem dicken Tintenstrich war ein Name zu lesen: Valerie. Leicht strich er mit den Fingern über den Namen der Toten und versuchte das Bild des erschlafften Körpers zu vergessen. Er fragte sich, warum niemand auf ihn gehört hatte, obwohl er wusste, dass Valerie niemals einen Menschen umbringen könnte. Doch nun war es zu spät.

Der Mann wischte sich energisch über die Stirn und schrieb ein weiteres Wort unter die Tote. Hass und Trauer zeichneten sich auf seinem Gesicht ab und spiegelten sich in der blauen Tinte, sodass der Name unleserlich wurde. Einige Sekunden lang betrachtete er sein Werk, bevor er auch diesen Namen mit einem schrägen Grinsen durchstrich. Zwei weitere Wörter folgten, die er neben den Namen hinzukritzelte. Der Mann vertiefte sich in seine Theorien und blendete das Klopfen des Schnees am Fenster vollkommen aus. Immer wieder schüttelte er den Kopf, strich durch, schrieb alles neu. Ohne zu einem Ergebnis zu kommen.

Plötzlich riss ein lautes Poltern dem Mann aus seinen Träumereien, dem ein lautes Klopfen folgte. Es klang, als würde jemand ununterbrochen an seine hölzerne Tür hämmern. Seufzend stand der Mann auf. Er warf einen Blick in den Spiegel in seinem Zimmer und fuhr sich sichtlich gestresst durch seine Haare, die einem Schlachtfeld glichen. Dann trat er zur Zimmertür, ging hinaus in den Flur. Einige Dielen knarzten bei jedem seiner Schritte, bis er endlich vor der Haustür stand. Das Klopfen war nicht verebbt, eher hatte es sich verstärkt. Abermals seufzte der Mann und riss die Tür auf, nur damit das laute Geräusch endlich aufhörte.

Er öffnete den Mund, um sich über die nächtliche Störung zu beschweren, doch als sich seine Augen, wohl bemerkt das eine Auge, an das helle Licht draußen gewöhnt hatte, brachte er keinen Ton heraus. Zwei Gestalten standen auf der Türschwelle. Ihr Fell war über und über bedeckt mit Schnee und roch nach Verwesung und Tod. Der Mann erinnerte sich an vergangene Nächte, in denen er dem Tod schon nahe gestanden hatte, dass er seinem Todesurteil nur durch ein Menschenopfer entgangen war. Er hatte tiefe Narben davongetragen, doch dies war nichts, wenn man den Einsatz des eigenen Lebens bedachte.

Der Mann sah, wie sich loderndes Feuer in den Augen der Wölfe ausbreitete und langsam der Wunsch nach einem weiteren Toten in ihnen aufkam. Einer der Beiden hatte seine Pfote erhoben, die das Klopfen verursacht haben musste. Ein hämisches Grinsen breitete sich in den Gesichtern der Zwei aus, als sie die Angst und Verzweiflung des Mannes spürten. Er wollte sich umdrehen und sein Schwert zur Hilfe holen, doch dann erinnerte er sich daran, dass er es in seinem Zimmer gelassen hatte. Eine neue Idee kam in ihm auf und er ergriff die Türklinke. Der Mann riss daran, doch die Tür blieb offen und ihm wurde schlagartig klar, dass es diesmal kein Entkommen gab.

Ein hämisches Lachen, das wie tausend zerspringende Fensterscheiben klang, erfüllte für den Bruchteil einer Sekunde die Luft. Kleine tanzende Flocken setzten sich auf seine Schuhe und den Boden, bedeckten weiter die Felle und die Autodächer. Doch die Bosheit der Wölfe konnten sie nicht verdecken, zu stark war der Drang nach Rache, der immer noch nicht versiegt war. Ein erstickter Laut drang aus der trockenen Kehle des zum Tode geweihten hervor.

Eine weitere Sekunde verlief regungslos, bevor die Ruhe brach und ein hungriges Knurren die Luft zum Vibrieren brachte. Die Töne hallten in den Ohren des Mannes nach, auch dann noch, als sie schon längst verstummt waren. Plötzlich flammte in den Augen der Werwölfe ein unzubändigendes Feuer auf und nur wenige Momente später hing einer der Zwei an der Kehle des Dunkelhaarigen. Als sich der Wolf von ihm löste, betrachteten sie zufrieden ihr Werk. Ein neuer unschuldiger, aber dennoch gefährlicher Dorfbewohner hatte sein Grab gefunden.

Blut quoll aus der Wunde und lief unaufhaltsam über seinen Körper. Seine Kleidung sog es auf, gab die Flüssigkeit an den Schnee ab, der im Anschluss eine seltsame Konsistenz aufwies. Augenblicklich wurde der Körper kalt und trotz der Leblosigkeit färbten sich die Lippen des Mannes blau. Die Werwölfe wichen zurück, denn seine Verwandlung war noch nicht abgeschlossen. Mondlicht sickerte auf die Leiche und brachte weitere Körperteile dazu sich zu verändern. Unzählige Warzen und riesige Pickel bildeten sich, färbten sich abwechselnd grün und blau, und verwandelten die reine, weiße Haut in eine Mondlandschaft. Die leeren Augen blitzten gefährlich auf und strahlten Wut aus, selbst das blinde Auge war wie neu.

Ein weiterer Rückschritt der Werwölfe folgte und zum ersten Mal konnte man Angst in ihrer Nähe spüren, die nicht von ihren Opfern ausging. Das Feuer in ihren Augen war erloschen, stattdessen war nun Angst und Hilflosigkeit an deren Stelle getreten. Bilder der Vergangenheit zogen vorbei, ließen weitere Haare ihres Fells aufstehen. Die Warnung des Toten war nicht misszuverstehen, doch nur die Wölfe konnten sie verstehen. Sie gaben einige hilflose Laute von sich, winselten und stellten ihr Fell auf. Doch nichts schien gegen die Macht des Leblosen zu wirken. Auch wenn es normalerweise nicht der Natur der Mörder entsprach, entschieden sie nach kurzem Zögern den Rückzug. Doch noch war nichts entschieden.

Denn eine weitere Person, so zierlich, aber doch so widerstandsfähig, hatte den Mord beobachten können. Sie erinnerte sich an die erste Nacht, auch damals hatte sie Kira erkannt, die den Wölfen zum Opfer fiel. Zu viel Angst aber hatte sie gehabt, als dass sie sich ihnen entgegenstellen konnte. Doch einen der Wölfe hatte sie erkannt und schlussendlich auch vernichtet. Und heute Nacht war es wieder so gewesen. Wieder hatte sie den Mord beobachten können und wieder hatte sie einen dieser erkannt. Doch sie wusste, dass sie die Nächste wäre, wenn sie die Anderen einweihen würde. Zu viel Risiko stellte sie dar und doch war der folgende Tag ihre Chance, denn genauso gut wusste sie, in was sich Charles verwandelt hatte.

„Aussätzige"


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Dieses Kapitel ist ziemlich schlecht geworden... Liegt wahrscheinlich am Stress, den ich in der Schule habe. Aber das interessiert euch sicher nicht xD  

Wie immer bin ich offen für Vorschläge von Verbesserungen und Kapitelvorschläge!

Das Abstimmungskapitel wird in wenigen Minuten veröffentlicht!

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