Danke, dass du mich nicht aufgegeben hast

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,,Und dann haben wir noch eine Kammer ausgemistet, die schon seit Jahren nicht mehr betreten wurde. Ey, da waren so viele Spinnen und die ganzen Farben waren eingetrocknet. Immerhin haben wir jetzt alles fertig.'', erzählte ich lächelnd, aber schüttelte mich leicht.
,,Na das klingt doch nach einem sehr erfolgreichen Tag.'', erwiderte meine Mama lachend, nahm einen Schluck ihres Wassers und nahm Messer und Gabel in die Hand, um an ihrem Fleisch zu schneiden.
,,Ja, es ging so. Also es hat Spaß gemacht, aber ich hoffe, dass Alina demnächst neue Aufträge bekommt. Ich will endlich wieder zeichnen! Ich will nicht diese doofen Prakitkantenaufgaben machen!'', etwas unzufrieden verzog ich das Gesicht.
,,Da wird schon wieder was kommen.'', munterte mich meine Mama auf. ,,Dann wünschst du dir, dass die Praktikantenaufgaben wieder zurückkommen.''

,,Und bei Lukas läuft es auch soweit mit der Schule? Er hatte doch die Woche so viel zu tun...'', fragte meine Mama nach und schob sich die Gabel zwischen die Lippen.
,,Ja, alles gut.'', grinste ich und sah auf die Uhr. ,,Jetzt müsste er gerade dabei sein, seinen letzten Test für diese Woche zu schreiben.''
,,Ich bin mal gespannt, wie er sich da schlägt. Mathe ist ja nicht unbedingt seine Stärke.'', merkte ich lachend an und musste mir den vollkommen verzweifelten Lukas vorstellen.
,,Ach, das kriegt er schon hin. Ist schließlich ein schlaues Kerlchen.'', winkte meine Mama gelassen ab.
,,Hmmm, ich weiß nicht... Die machen Kopfrechnen und ohne Taschenrechner ist er schon aufgeschmissen...'', erwiderte ich unsicher, konnte mir ein Lachen aber nicht verkneifen.
,,Hast du ihm etwa nicht gezeigt, wie man einen Taschenrechner still und heimlich zwischen den Beinen versteckt?'', harkte meine Mama grinsend nach und meine Augen weiteten sich.
,,Ey, neee!'', stieß ich erschrocken aus. ,,Das hast du damals mitbekommen?!''
,,Na klar.'', antwortete sie lachend und beugte sich über den Tisch. ,,Denkst du wirklich, mir entgeht sowas? Da musst du schon früher aufstehen, um deine Mama hinters Licht zu führen...''
,,Lukas und dich habe ich schließlich auch schon Wochen vor deinem Outing erwischt.'', lächelte sie vielsagend und zuckte mit den Schultern.

Ich verdrehte die Augen und sah sie etwas beleidigt an. ,,Na toll, und ich dachte, dass ich das mit ins Grab nehmen könnte.'' Ich zog einen Schmollmund, musste dann aber wieder lachen, als ich  daran zurückdachte.
Auch wenn ich nicht so eine ausgeprägte Dsykalkulie wie Lukas hatte, hatte ich in der Grundschule einige Schwierigkeiten in Mathematik gehabt. Ich hatte dieses Fach verflucht, weil ich nie eine richtige Lösung und nur Bahnhof verstanden hatte.
Dementsprechend hatte ich Zuhause natürlich keine Lust, mich auch noch bei den Hausaufgaben stundenlang damit zu quälen. Also hatte ich mir von meinem Taschengeld heimlich einen Taschenrechner gekauft, um die Aufgaben ohne Anstrengung zu lösen.

Da meine Eltern wussten, dass ich Probleme in Mathe hatte, saßen sie bei den Hausaufgaben meistens neben mir. Also hatte ich mich so dicht wie möglich an den Tisch gesetzt und den Taschenrechner unter meinen Oberschenkeln versteckt.
Wenn sie dann mal nicht hingesehen hatten, hatte ich das Bein gehoben, die Zahlen schnell eingetippt und das Ergebnis hingeschrieben. Natürlich hatte das meine Eltern immer etwas stutzig gemacht, dass ich, wenn sie mal nicht aufs Blatt sahen, es plötzlich hinbekommen hatte.
Jedoch hatten sie nichts weiter darauf erwidert und es einfach so hingenommen. Bis zum jetzigen Zeitpunkt hatte ich auch gedacht, dass meine Mama das niemals wahrgenommen hätte. Na gut, Mütter halt, denen entging selbstverständlich nichts...

,,Lukas wird aber sicherlich sehr froh darüber sein, wenn die Woche vorbei ist. Er hat ja jeden Tag von Tests und Klassenarbeiten geredet. War das bei dir auch so schlimm?'', schüttelte meine Mama verständnislos mit dem Kopf.
,,Er macht wahrscheinlich drei Kreuze, wenn die Stunde geschafft ist. Ich verstehe das auch nicht. Mal haben die eine Zeit lang gar nichts und dann auf einmal fällt den Lehrern ein, dass sie noch Noten brauchen.'', seufzte ich und spielte mit der Gabel.
,,Aber Lukas ist ja sehr engagiert und hängt sich da richtig rein, dem kann so schnell keiner was.'', grinste ich. ,,Trotzdem hat er sich die Party heute Abend mehr als verdient.''
,,Oh, mit wem macht er denn Party?''
,,Mit seiner besten Freundin und einigen Freundinnen. Maria kennt ein paar Mädels aus der Oberstufe und die haben sie eingeladen.'', erklärte ich ihr.
,,Verstehe...'', grinste meine Mama.
,,Deswegen verbringst du also Zeit mit deiner Mama.'', unterstellte sie mir mit zusammengekniffenen Augen.
,,Also bitte, Lukas muss nicht unbedingt Party machen, damit ich mit dir Zeit verbringe.'', verrollte ich die Augen.
,,Ich find's schön, dass wir mal wieder einen Moment für uns haben.'' Ich lächelte meine Mama ehrlich an und schob mir eine Ladung Nudeln in den Mund.
,,Mich freut es auch, dass du den Vorschlag gemacht hast. Das hat mir wirklich gefehlt.'', strahlte sie und strich mir einmal über die Hand, die neben dem Teller lag.

Das Lächeln auf meinen Lippen wurde sofort breiter. Da Lukas das Wochenende gerne mit seiner besten Freundin verbringen wollte, hatte ich meine Pläne spontan umgeschmissen und meine Mama gefragt, ob wir nicht zusammen etwas unternehmen wollten.
Ich hatte schon lange keine Zeit mehr mit ihr verbracht. Außerdem hatte ich das Gefühl, dass es ihr verdammt gut tun könnte, einfach mal herauszukommen und etwas anderes als das Haus und ihren Arbeitsplatz zu sehen.
Sofort hatte sie ihre Nachtschicht gegen eine Frühschicht eingetauscht, sodass sie den ganzen Nachmittag Zeit für mich hatte. Sie hatte mich von der Arbeit abgeholt und Zuhause hatten wir uns noch einmal frisch gemacht.

Wir waren in die Innenstadt gefahren, um uns ein wenig umzugucken. Wir hatten neue Klamotten für meine Geschwister und Pflanzen für den Garten gekauft. Falls sich die Möglichkeit ergeben sollte, würden wir diese am Wochenende einpflanzen.
Auch hatten wir uns nochmal in einem Schreibwarenladen umgesehen. Ich wollte für die Arbeit unbedingt neue Pinsel und Stifte haben. Tatsächlich hatten wir auch alles gekriegt, was ich wollte.
Irgendwann hatten sich dann aber unsere Mägen zu Wort gemeldet. Also hatten wir uns dazu entschieden, in unser Lieblingsrestaurant zu gehen. Wir hätten genauso gut Zuhause etwas Kochen können, aber wenn wir schon mal hier waren, nutzten wir das auch.

Ich ließ meinen Blick durch das Restaurant schweifen und könnte nicht glücklicher sein. Das Lokal hatte für meine Mama und mich eine besondere Bedeutung. Seitdem ich überhaupt denken konnte, hatten wir hier regelmäßig gegessen oder uns etwas bestellt.
Bereits als Jugendlich hatte meine Mama hier in den Ferien gekellnert. Auch noch heutzutage freuten sich ehemalige Kollegen uns zu sehen. Ich musste lachen, denn jedes Mal waren sie so fasziniert davon, wie groß ich schon geworden bin.
Heute konnten sie sich beim Betreten des Ladens gar nicht vorstellen, dass ich schon 18 bin und einen Job hatte. Schließlich kam es ihnen erst wie gestern vor, als ich noch auf dem Kinderstuhl gesessen, oder in der Ecke mit Autos und Puppen gespielt hatte.

Es war immer ein besonderes Erlebnis, hier herzukommen. Wir hatten in diesem Restaurant schon unzählige Geburts-, Feiertage und wichtige Meilensteine gefeiert. Vollkommen egal, was für ein Drama Zuhause geherrscht hatte, hier war wenigstens für einige Stunden alles in Ordnung.
Ich seufzte und nahm einen Schluck meiner Cola. In diesem Restaurant hatte alles immer so sorglos gewirkt. Wir konnten zusammen an einem Tisch sitzen, ohne, dass mein Vater irgendwann auf diesen haute und meine Mama eine Ansage machte. Wir hatten zusammengelacht, Erinnerungen ausgetauscht und die Zeit genossen.
Alles schien so perfekt. Aber kaum waren wir wieder Zuhause, beschwerte sich mein Vater darüber, wie wir uns benommen hatten. Sofort legte er seine Maske ab, griff nach seinem geliebten Alkohol und musste uns mal wieder aufzeigen, was für ein ekelhaftes Monster er doch ist.

Ich rollte die Nudeln ein und blickte nachdenklich aus dem Fenster. Als meine Eltern sich getrennt hatten, hatten wir dieses Restaurant eine lange Zeit gemieden. Vor der Trennung waren wir mindestens einmal im Monat hier.
Doch besonders für meine Mama gab es an diesem Ort einige Erinnerungen, die sie für immer vergessen wollte. Meine Eltern hatten hier ihr erstes, richtiges Date. Mein Vater hatte ihr hier einen Antrag gemacht und von der Schwangerschaft mit meinem Bruder erfahren.
An diesem Ort waren wir immer eine glückliche Familie. Wir hatten uns hier total wohl gefühlt, weil wir alle wussten, dass uns nichts passieren konnte. Mein Vater würde nicht ausrasten, meine Mama nicht weinen und ich nicht verzweifeln. 

Ich sah zu meiner Mama, die ebenfalls einen Blick aus dem Fenster warf. Ich lächelte, ließ meinen Blick erneut durch das Restaurant gleiten und konnte nach all den Jahren immer noch nicht glauben, dass sie an diesem Ort nicht mehr an meinen Vater denken musste.
Nach der Trennung meiner Eltern war unser Verhältnis nicht unbedingt das Beste. Meine Mama und ich hatten uns häufig gestritten, hatten uns nur noch angeschrien und konnten kein vernünftiges Wort mehr miteinander wechseln.
Zumindest bis zu diesem Tag, an dem sich meine Mama wie aus dem Nichts dazu entschieden hatte, mit mir in dieses Restaurant zu fahren. Bis heute verstand ich nicht, wer sie zu diesem Schritt ermutigt und was sie sich dabei gedacht hatte. 

Heutzutage bewunderte ich sie dafür, aber damals wollte ich ihr den Kopf abreißen, dass sie mich an diesen Ort gebracht hatte. Ich hatte meinen Vater vermisst, aber ich wollte nicht unbedingt an ihn erinnert werden.

Dementsprechend trotzig hatte ich vor ihr gesessen und wollte nichts essen. Mal wieder hatte ich ihr die Schuld an allem gegeben und hatte nicht eingesehen, mich für mein Benehmen zu entschuldigen.
Gegen meinen Willen hatte sie uns trotzdem etwas zu essen bestellt. Schweigend hatten wir voreinander gesessen, denn ich wollte nicht mit ihr reden. Wozu auch? Warum schleppte sie mich hierher?

Ich war extrem wütend, aber diese eine vernünftige Stimme in meinem Kopf, hatte plötzlich das Ruder übernommen und wie aus dem Nichts ein Gespräch mit ihr anzufangen. Aber keines, in denen ich ihr Vorwürfe machte, oder sie beleidigte.
Ich hatte ihr von meinem Schultag erzählt, was für Projekte gerade anstanden und was Alex, Marcel und ich am Wochenende vorhatte. Meine Mama hatte mich total überrascht angeschaut, denn mit solchen Worten hätte sie damals nicht gerechnet.
Sofort hatte sie gelächelt und mich über alles ausgefragt. Das war das erste Gespräch seit der Trennung, bei dem wir uns anständig unterhalten konnten. Nicht ein einziges Mal hatten wir uns angeschrien oder uns Vorwürfe gemacht.

Für eine lange Zeit hatte ich mich nach der Trennung wie ein Puzzelteil gefühlt, was nicht in das Leben meiner Mama hineinpasste. Ich hatte mir häufig die Schuld an allem gegeben und mich nicht getraut, ihr meine Gefühle zu offenbaren.
Ich wollte sie damit nicht belasten. Ich wollte sie in Ruhe trauern lassen und das für mich alleine ausmachen. Ständig hatte ich das Gefühl, dass für meine Probleme kein Platz in ihrem Herzen wäre.
Ich hatte meiner Mama das Leben auch nicht unbedingt einfacher gemacht. Ich hatte wegen der Gang für sehr viel Ärger gesorgt, immer häufiger die Schule geschwänzt und auch sie zunehmend ungerechter behandelt.


Doch an diesem Tag konnten wir alles vergessen, was in den letzten Monaten passiert ist. Wir waren wie ausgewechselt. Das erste Mal hatte ich das Gefühl, immer noch ein Teil ihres Lebens sein können.
Natürlich hatte sich unser Verhältnis nach diesem Besuch nicht um 180 Grad gewendet. Noch Jahre später hatten wir hier und da unsere Defizite und es gab Augenblicke, in denen wir uns die Pest an den Hals wünschten.
Jedoch konnte ich meine Mama ab diesem Zeitpunkt viel besser verstehen und hatte ihre Entscheidung akzeptiert. Nach und nach hatte ich mich ihr immer mehr geöffnet. 

Durch dieses Ereignis hatte das Restaurant eine neue Bedeutung für uns bekommen. Ich hatte keine Ahnung, ob ich meiner Mama meine Gefühle je so offenbart hätte, wenn wir nicht hier gewesen wären.
Höchstwahrscheinlich hätten wir uns noch jahrelang gestritten und uns irgendwann aus den Augen verloren. Es war, als hätte dieser Ort einen Schalter in unseren Köpfen umgelegt. Einen Schalter, der uns zeigen wollte, dass wir nicht gegeneinander kämpfen sollten.Die Trennung war für uns beide nicht leicht. Wir waren total durcheinander und wussten nicht, wohin mit uns. Verzweifelt hatten wir einen Schuldigen gesucht und unsere Trauer immer wieder an dem jeweils anderen ausgelassen.

Es war einer der besten Entscheidung, hierherzukommen und uns daran zu erinnern, dass wir noch immer ein Team waren. Das Schwäche zu zeigen, etwas vollkommen Normales ist und mein Vater uns nicht mehr wehtun konnte.
Ich wollte meine Mama nicht verlieren. Trotzdem hatte ich sie nach der Trennung immer wieder von mir weggedrückt. Ich wollte das nicht und doch wusste ich mir nicht anders zu helfen.
Das Restaurant hatte mir nochmal ins Gewissen gerufen. Ich wollte nicht wie mein Vater werden. Ich wollte nicht, dass meine Mama Angst vor mir hatte und in mir jemanden sah, der ihr nur Vorwürfe machte.

Ich wollte für sie da sein und ihr helfen, da wieder herauszukommen. Gleichzeitig wollte ich aber auch jemanden haben, der mir Halt gab und mich verstand. Eine Zeit lang wusste ich nicht, wo ich so eine Person finden sollte. Ich biss mir auf die Unterlippe und strich über den Stoff der Sitzbank. Hier an diesem Platz hatte ich zum ersten Mal verstanden, dass ich diese Hilfe kriegen konnte, wenn ich nur den Mund aufmachte.Meine Mama und ich hatten keine einfache Zeit durchgemacht. Jedoch wäre sie die Allerletzte gewesen, die mich wegen meiner Probleme von sich weggestoßen hätte. Sie hatte an diesem Tag so verständnisvoll auf alles reagiert und mich nicht einmal verurteilt.

Ich nahm den letzten Bissen meines Nudelauflaufs und musterte meine Mama, die lächelnd aus dem Fenster sah. Ich erwiderte dieses und es machte mich so glücklich, zu wissen, dass es ihr mittlerweile gut ging.
Es hat eine Weile gebraucht, bis sie loslassen konnte. Auch heute gab es immer noch Momente, in denen sie die Vergangenheit einholte. Sie hasste es Schwäche zu zeigen, aber es gehörte nun mal dazu.
Jeden Tag bewunderte ich sie für ihre Stärke. Manchmal konnte ich gar nicht glauben, dass sie noch vor einigen Jahren so labil war. Dass es Tage gab, an denen sie nicht mal die Kraft dafür gefunden hatte, um aus dem Bett zu kommen.

Jetzt saß sie hier, hatte ein Lächeln auf den Lippen und strahlte eine riesige Lebensfreude aus. Sie konnte ihre Vergangenheit loslassen und endlich nach vorne sehen. Nicht noch einmal würde jemand sie so zerstören können.
Das Lächeln auf meinen Lippen wurde breiter. Ich bin so glücklich darüber, dass sie mich trotz der Schwierigkeiten, die ich mit mir brachte, nicht aufgegeben hat. Ich wusste, dass ich nicht einfach bin und ihre perfekte Welt oft kaputt machte.
Trotzdem fing sie mich immer wieder auf, gab mir eine starke Schulter zum Anlehnen und hörte mir zu, wenn ich Probleme hatte. Ich bin wirklich froh, so eine tolle Mutter zu haben, die meistens dann an mich glaubte, wenn ich es einmal nicht konnte.

,,Schon satt?'', fragte ich grinsend nach, als meine Mama Messer und Gabel auf den Teller legte und sich schwer atmend zurücklehnte.
,,Ich würde gerne weiteressen, aber wahrscheinlich platze ich dann...'', erwiderte sie lachend und fuhr sich über den Bauch.
,,Kein Problem, dann sammel' ich dich auf und puzzel' dich wieder zusammen.'', stimmte ich in ihr Lachen mit ein und klaute mir eine Pommes.
,,Du bist so doof!'', schüttelte sie grinsend mit dem Kopf.
,,Ich bin aber beeindruckt, dass du deine Portion aufgekriegt hast. Die war ja riesig.'', merkte sie erstaunt an und deutete auf den leeren Teller.
,,Ich hab' auch schon gearbeitet und seit um 8 nichts mehr gegessen. Da sollte für sowas Platz sein.'', verteidigte ich mich.
,,Außerdem passt in den Magen jetzt einiges rein, seitdem Lukas und ich jeden Tag zum Imbiss gehen.''
,,Liebe geht durch den Magen.'', kicherte meine Mama und musterte mich einmal vielsagend.

,,Wollen wir dann bezahlen, oder willst du noch was?'', fragte ich und trank meine Cola mit einem Zug leer.
,,Neee, wir können uns ruhig auf den Weg machen. Ich muss ja eh bald arbeiten.'', erwiderte meine Mama seufzend und sah auf ihr Handy.
,,Das schaffst du schon.'', munterte ich sie lachend auf, tätschelte ihre Hand und rief einen Kellner zu uns.

,,War alles zu Ihrer Zufriedenheit?'', kam er fragend an den Tisch getreten.
,,Ja, alles super.'', antworteten meine Mama und ich gleichzeitig und lächelten uns einmal an. ,,Wir würden dann gerne bezahlen.''
,,Zusammen oder getrennt?''
,,Zusammen und in bar bitte.'', antwortete meine Mutter und holte ihr Portemonnaie aus der Tasche.
,,Das macht dann 32 Euro und 62 Cent.'', sagte der Kellner und hielt ihr die Rechnung entgegen.
,,Machen wir 40 draus.'', schaltete ich mich grinsend mit in das Gespräch ein und streckte ihm zwei Zwanziger entgegen.
,,Oh... Dankeschön!'', bedankte er sich lächelnd und steckte das Geld ein, während meine Mama mich mit großen Augen musterte.
,,Vielen Dank, dass Sie da waren und einen schönen Tag noch!'' Er nahm die Teller an sich und verschwand daraufhin wieder hinter dem Tresen.

,,Kommst du dann?'' Ich lächelte meine leicht perplexe Mama an, erhob mich von der Sitzbank und griff nach meiner Jacke. Ich zog mir diese über, ehe wir das Restaurant verließen und Richtung Parkplatz gingen.
,,Timi Schatz, du hättest unser Essen nicht bezahlen müssen. Ich hätte das so oder so gemacht.'', ergriff meine Mama etwas ernster das Wort, als wir im Auto saßen und uns anschnallten.
,,Ach was, ich habe dich eingeladen.'', winkte ich entspannt ab. ,,Außerdem verdiene ich jetzt mein eigenes Geld.'', merkte ich lächelnd an.
,,Ich weiß, aber du musst das nicht für Essen ausgeben. Das ist schon okay.'', erwiderte meine Mama seufzend und sah mich unsicher von der Seite an.
,,Ich wollte das aber, um dir etwas zurückzugeben.'', widersprach ich ihr sofort und drehte meinen Kopf in ihre Richtung. ,,Klar könnte ich das Geld auch für etwas anderes ausgeben, aber das will ich nicht.''

,,Ich weiß, dass man sich sowas mit Geld nicht kaufen kann, aber ich wollte mich damit für alles bedanken, was du mir die letzten Jahre gegeben hast.'', sagte ich immer noch lächelnd und krallte meine Finger in den Oberschenkeln fest.
,,Es ist ein total schönes Gefühl in dem Restaurant, was uns so viel bedeutet, mit meinem Geld zu bezahlen. Kannst du dir das vorstellen? Das Geld kommt von meiner Arbeit, das habe ich ganz alleine verdient.''
,,Das ist wirklich toll.'', stimmte sie lächelnd zu. Meine Mama umklammerte das Lenkrad, starrte auf den Parkplatz und presste die Lippen aufeinander. Ich wartete nur darauf, dass sie den Schlüssel umdrehte, aber nichts geschah.

,,Weißt du, Timi, als du mir damals gesagt hast, dass du von der Schule geflogen bist, war ich unglaublich enttäuscht.'', fing sie plötzlich an. Irritiert zog ich die Augenbrauen zusammen. 
Was wollte sie denn jetzt mit diesem Thema?
,,Ich wollte es einfach nicht glauben und hatte wirklich Sorge, dass aus dir nichts mehr wird. Ich weiß, dass es nicht immer einfach für dich ist, aber ich hatte solche Angst, dass du dich jetzt endgültig aufgibst. Dass du gar keine Perspektive mehr hast.''
,,Der Abendschule und dem Theater stand ich eine lange Zeit auch nicht positiv gegenüber. Ich habe es für irgendeine Schnapsidee gehalten, damit nicht alles so ausweglos erscheint und ich das Gefühl bekommen, dass es da noch Hoffnung gibt.''

,,Es tut mir leid, dass ich so gedacht habe. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie stolz ich auf dich bin. Du hast dich nicht unterkriegen lassen, sondern einfach weitergemacht. Du verdienst jetzt dein eigenes Geld.'', schluchzte meine Mama.
,,Du hast eine wahnsinnige Entwicklung in den letzten Monaten gemacht. Du bist so vernünftig und selbstständig geworden. Du wirst langsam erwachsen. Es ist schön das zu sehen und ein Teil davon sein zu dürfen.''
,,Ich weiß, dass ich nicht immer die Mutter war, die du dir gewünscht hast. Ich habe Fehler gemacht und dich oft zu Unrecht verurteilt. Deswegen bin ich umso glücklicher darüber, dich bei mir zu haben und Zeit mit dir verbringen zu können. Der Nachmittag hat mir wirklich gut getan.''

,,Auch wenn du es manchmal anzweifelst, bist du wirklich das schönste Geschenk, was mir gemacht wurde. Ich bin so stolz auf dich.'' Meine Mama nahm mich einmal fest in den Arm und drückte mich an sich.
,,Danke...'', flüsterte ich ihr ins Ohr, während mir die ersten Tränen herunterliefen. Diese Worte aus ihrem Mund zu hören, machte mich so glücklich. Viel zu oft hatte ich diese Frau enttäuscht, aber endlich konnte ich sie vom Gegenteil überzeugen.
,,Danke, dass du mich nie aufgegeben hast.'' Ich schlang die Arme um sie und so saßen wir erstmal da - heulend in den Armen des jeweils anderen. Doch dieses Mal weinten wir nicht aus Trauer, sondern aus einer Mischung von Glück, Stolz und tiefer Bewunderung.

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