4. Türchen

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Ella war nach nur einer halben Tasse Milch schon auf dem Sofa eingeschlafen. Ich konnte sie noch gerade so davon überzeugen, gemeinsam unsere Zähne zu putzen, ehe wir uns in unsere Schlafanzüge geschmissen hatten und ich ihr in meinem Bett noch eine Gutenachtgeschichte vorgelesen hatte. Nach der ersten Seite war sie zwar schon eingeschlafen, aber ich las das Kapitel trotzdem noch fertig vor, bevor ich auf Samtpfoten mein Schlafzimmer wieder verlassen hatte.

Jetzt ärgerte ich mich alleine mit den Lichterketten herum, die einfach nicht so wollten wie ich und sich immer stärker verhedderten, anstatt sich endlich entwirren zu lassen. Ich musste ja auch unbedingt mit den verhedderten anfangen und die ordentlich zusammengebundenen erstmal links liegen lassen...

Ich hatte mir selbst auch eine heiße Milch mit Honig und Zimt gemacht, die mich, obwohl ich einer Beschäftigung nachging, langsam immer müder werden ließ, während auch die Weihnachtsmusik, die weiterhin leise vor sich hin dudelte, einlullte.
Und das, obwohl es noch nicht einmal einundzwanzig Uhr war.

Mit einem tonlosen Seufzen ließ ich die verknotete Lichterkette, mit der ich gerade kämpfte, zu Boden sinken, ehe ich wieder nach meiner Tasse mich griff und daran nippte. Der Geschmack nach Zimt erfüllte sofort wieder meine Knospen und ließ mich unweigerlich lächeln. Ich freute mich schon richtig auf die Weihnachtszeit. Ich war so froh, dass der Advent endlich angebrochen war.

Das Lächeln auf meinen Lippen blieb, während ich näher an meine Fenster herantrat und den weiterhin langsam rieselnden Schneeflocken zusah. Ich hoffte innig, dass wir dieses Jahr weiße Weihnachten haben würden.

Gleichzeitig kam beim Anblick meines Balkons das Kribbeln, das ich seit Stunden ignorierte und vorhin mit Ella draußen einfach runtergeschluckt hatte, wieder deutlich in den Vordergrund.

Jetzt wo sie jedoch schlief, spielte ich doch mit dem Gedanken auf meinen Balkon zu treten und mir eine zu Gönnen.

Ich wusste, dass sie tief und fest schlief. Sie würde bis zur Morgendämmerung auf jeden Fall nicht wach werden. Sie würde mich also weder draußen sehen, noch den Rauchgeruch an mir riechen können.

Mit einem letzten Schluck leerte ich meine Tasse, stellte sie beiseite und griff schon nach meinem Pullover, um ihn mir überzuziehen, als es genau in dem Moment an der Tür klingelte.

Ich zuckte überrascht zusammen. Ich erwartete niemanden, erst recht nicht um diese Uhrzeit.
Mein Blick schielte kurz zur Uhr, ehe ich zur Tür eilte, bevor derjenige nochmal klingelte und zum Schluss noch Ella weckte.
Vielleicht waren es ja ihre Eltern, die schon früher von der Gala zurück waren. Wobei ich Judi und Kalle nicht so einschätzte, dass sie Ella dann ohne sich vorher zu melden, abholen würden, sondern trotzdem erst morgen kommen würden. Immerhin wussten beide, wie gerne ihre Tochter bei mir war.

„Ja?", fragte ich in die Sprechanlage, nur um festzustellen, dass niemand vor dem Haus stand, sondern direkt vor meiner Wohnungstür. Ein Nachbar? Irritiert schüttelte ich den Kopf. Vielleicht die Besitzerin von Sepp, die mal wieder spätabends am Backen war und bemerkte, dass ihr Zutaten fehlten.

Zu meiner großen Überraschung war es aber nicht meine Nachbarin und auch nur irgendein Nachbar, sondern Elias, der vor meiner Tür stand.

„Elias?", brachte ich irritiert hervor.

Der Blonde stand mir grinsend gegenüber. In seinen Haaren hingen vereinzelte Schneeflocken, die langsam dahin schmolzen, während seine Locken ungebändigt in die Stirn fielen. Offenbar schneite es mittlerweile doch schon stärker als zuvor.

„Hey", lächelte er und zog den Reißverschluss seiner Jacke auf. „Mir war eigentlich klar, dass du keine Lust auf eine Bar hast und absagen wirst. Und das ist vollkommen in Ordnung, aber jetzt ist mir langweilig und ich habe kein Problem damit, in deiner Wohnung zu hocken. So, here I am." Und damit spazierte er ohne auf eine Antwort zu warten einfach an mir vorbei in meine Wohnung.

„Ich hab nicht abgesagt, weil ich keine Lust habe–," Das stimmt tatsächlich nicht so ganz. Auf eine Bar unter der Woche hatte ich tatsächlich keine Lust. Auf Elias dagegen schon. „sondern, weil ich etwas anderes vor hatte. Du kannst auch nicht hier bleiben, Elias."

Mein unwillkommener Gast entließ jedoch nur ein „Mh-hm".

„Elias, ich meine es ernst", brachte ich jetzt etwas angepisster heraus.

„So do I." Er zuckte mit den Schultern und ließ dann allen ernstes seine Jacke von den Schultern rutschen. Als er sie jedoch an meine Garderobe hängen wollte, fiel ihm die rosa Winterjacke von meiner Patentochter ins Auge. „Wem gehört die denn?", fragte er irritiert. Er wusste natürlich nichts von Ella.
Oder auch nur von irgendjemand anderem in meinem Leben und eigentlich wollte ich es auch genau dabei belassen. Deswegen führte ich meine Antwort auch nicht sonderlich aus: „Der Grund, warum ich abgesagt habe."

„Du hast ein Kind?!" Elias zog die Augenbrauen überrascht nach oben.

„Ist das etwa ein Problem?", fragte ich skeptisch nach. Ich hätte Elias nicht wie jemanden eingeschätzt, der keine Kinder mochte.

Auf meine Frage hin, wanderten seine Augenbrauen nur noch weiter nach oben. „Was? Nein. Natürlich nicht! Ich–" Er stockte. „bin einfach nicht davon ausgegangen, dass du Vater bist. Du hast nie was angemerkt." Er hob gleich abwehrend die Hände und während man ihm deutlich ansah, dass er die Wahrheit sagte und wirklich kein Problem damit hatte, sah man auch deutlich, dass es ihm nun unangenehm war, einfach hier aufgetaucht zu sein.

Er war schon ab und an mal hier, aber immer auf meine Einladung hin. Unangekündigt war er noch nie einfach aufgetaucht.

Das brachte mich dann doch zum Seufzen. „Nein, also ich bin kein Vater. Sie ist nicht meine Tochter. Ich passe nur auf sie auf", löste ich auf und strich mir durch die Haare. „Sie schläft schon."

„Soll ich wieder gehen? Ich möchte nirgends reinplatzen oder dich in Erklärungsnot bringen." Dabei zog sich Elias seine Jacke direkt wieder über und machte wirklich Anstalten zu gehen.

Keine Ahnung warum, aber seine Rücksicht und sein Verständnis berührte mich auf eine komische Art und Weise. Dass er kein Drama daraus machte und genau wusste, dass er diese unangenehme Situation mit seinem unangekündigten Erscheinen, selbst verursachte hatte. Ja, das war selbstverständlich und jeder sollte so reagieren und trotzdem berührte es mich. Und zwar so sehr, dass sich mein Kopf automatisch schüttelte.

Ich schloss den Abstand zwischen uns und schob ihm seine Jacke wieder von den Schultern. Sein verführerisches Aftershave gemischt mit seinem Eigengeruch stieg mir dabei durch unsere Nähe in die Nase und ließ mich unwillkürlich lächeln.
„Wie gesagt, sie schläft und ich könnte eh Hilfe gebrauchen. Du kannst nur nicht über Nacht bleiben."

Jetzt, wo die Tage kälter wurden, ließ er seinen Bart wachsen, damit sein Gesicht wohl besser von den Temperaturen geschützt wurde. Mittlerweile fasste daher ein gepflegter, zu meiner Belustigung rötlicher, statt blonder Bart sein hübsches Gesicht ein und ließ ihn damit fast ein wenig älter wirken. Ich wusste tatsächlich gar nicht, wie alt Elias wirklich war. Ein paar Jahre jünger als ich selbst und den Dreißiger hatte er, meines Wissens nach, auch noch nicht.

Obwohl er jünger war, überragte er mich um deutliche Zentimeter nicht nur in die Höhe, sondern auch mit seinen breiteren Schultern. Dabei musste man jedoch auch erwähnen, dass Elias fleißig trainieren ging, während mein Training lediglich daraus bestand, meine Einkäufe in den vierten Stock meines Wohnhauses zu tragen.
Nicht, dass ich deswegen sonderlich dünn oder weniger muskulös war... Ich konnte schon stolz behaupten, dass ich einen guten Körperbau hatte. Das hatte mir auch Elias, der eindeutig ein Auge für so etwas hatte, mehr als nur einmal gesagt.

„Ich muss morgen früh eh weg", lächelte Elias daraufhin. Sichtbar froh, dass er nicht gehen musste. „Wobei brauchst du Hilfe?"

„Ich möchte Lichterketten aufhängen, aber die sind alle so verheddert, dass ich am liebsten neue kaufen würde..." Ich deutete auf den hoffnungslos scheinenden Lichterkettenhaufen auf meinem Boden und seufzte entnervt.

„Und warum fängst du nicht einfach mit den ordentlichen an?", lachte Elias, dessen Blick in dem Moment auf die wenigen ordentlich zusammengebundenen auf meinem Küchentisch fiel. Im nächsten Moment hielt er die erste in der Hand und hatte bereits den Bindfaden, der sie zusammengehalten hatte, gelöst. Die Lichterkette rollte sich sauber aus, ehe Elias mir breit entgegen grinste. „Ist die für die Fenster?" Er deutete auf die Saugnäpfe an den einzelnen Lichtern, die deutlich machten, dass sie irgendwo auf einer glatten Oberfläche befestigt werden wollten. Ich nickte nur.

Eigentlich wollte ich trotzdem lieber mit den verhedderten anfangen, einfach damit ich das aus dem Weg geräumt hatte, aber Elias trat bereits an eine Steckdose heran, um die Birnen zu testen. Und damit ließ ich mich dann auch breitschlagen und holte stattdessen meine Elektro-Kabel-Kiste hervor, in der alle Kabel landeten, mit denen ich sonst nicht mehr anfangen konnte und in welcher auch meine Mehrfachsteckdosen aufbewahrt wurden.

Gemeinsam testeten wir also alle ordentlichen Lichterketten, deren kleine, bunte Birnen glücklicherweise alle noch funktionierten, und hingen sie dann gemeinsam an meine Fenster. Dadurch begann mein Wohnzimmer bald in stimmungsvollem Licht zu erstrahlen, während weiterhin leise Weihnachtsmusik vor sich in trällerte.

Elias und ich machten alles in völliger Stille. Was für Elias wirklich ungewöhnlich war, immerhin konnte der gebürtige Brite seinen Mund nur selten halten.
Dem sanften Lächeln auf seinen Lippen nach zu urteilen, ging es ihm aber gut.

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