-~2~- Hatten Sie eine gute Anreise?

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Das klingeln meines Handyweckers riss mich aus meinem Schlaf. Müde schaute ich auf das Display des verhassten Schlafräubers und drehte mich auf die andere Seite, als ich erkannte, dass ich noch eine Stunde Zeit hatte, bis ich zur Arbeit musste. So gut, wie ich nachts lange aufbleiben konnte, konnte ich früh nicht aufstehen. Der frühe Vogel war mein Todfeind und ich hatte auch nicht vor, das so schnell zu ändern. Langsam driftete ich wieder in einen Halbschlaf ab.

Mein Handy gab einen kurzen Signalton von sich und ich schlug erneut die Augen auf. Es war eine neue Nachricht von Jake, meinem Kollegen im Wettbüro. Mein Blick wanderte langsam zu der Uhrzeit in der oberen Ecke des Bildschirms, bevor ich die Nachricht überhaupt angesehen hatte, woraufhin ich erschrocken meine Augen aufriss. Ich hatte nur noch zwanzig Minuten Zeit, bis ich losfahren musste! Schneller als ich denken konnte, war ich aufgestanden und auf das Bad zugesteuert. Die Nachricht völlig vergessen.

Eine kurze, kalte Dusche sollte mich aus meinem Halbschlaf-ähnlichen Zustand holen, was auch einiger Maßen gelang.
Ich schaffte es in rekordmäßiger Geschwindigkeit, meine Haare zu bändigen und meine Arbeitskleidung anzuziehen. Sie bestand aus einer weißen Bluse, einem dunkelblauen Blazer und einer gleichfarbigen Hose.

In Socken lief ich schnell in die Küche und nahm aus dem Kühlschrank ein Stück Kuchen, das ich noch vom Vortag hatte. Ohne große Umschweife biss ich davon ab, immer darauf bedacht mich nicht zu bekleckern, und setzte meinen Weg in den Flur fort, wo ich versuchte mir meine schwarzen, halbhohen Schuhe anzuziehen.

Als ich die Schuhe anhatte und mein schnelles Frühstück beendet hatte, fiel mir wieder ein, dass ich mein Handy in der Küche liegenlassen hatte. Ich ging also zurück und entdeckte auf dem Wohnzimmertisch den Zettel von heute Nacht, mit der Tonfolge. Schnell griff ich danach, faltete ihn zusammen und steckte ihn in meine Hosentasche.

Nachdem ich auch mein Handy geholt hatte, nahm ich meine Handtasche und den Autoschlüssel und verließ meine Wohnung.

______

Ich kam etwa zehn Minuten zu spät bei meiner Arbeit an.
Jake wartete bereits im Besucherempfang auf mich.
Er grinste mich schief an, als er mich durch die gläserne Tür des großen Gebäudes der Galopprennbahn kommen sah.

,,Hallo Liv", begrüßte er mich.
,,Hallo Jake", erwiderte ich, doch als ich sah, dass er wiedermal einen seiner sarkastischen Kommentare loslassen wollte, sprach ich schnell weiter: ,,Wehe, du sagst etwas."
Jake hob nur unschuldig die Hände, sein Grinsen verschwand jedoch nicht. ,,Ich weiß, ich weiß, der zerstreute Künstler", deutete er an, woraufhin ich nur spielerisch die Augen verdrehen konnte.
,,Willst du einen Kaffee? Lange Nacht gehabt?", fragte er dann und deutete neben sich auf den Tresen, auf dem drei Kaffeebächer standen.
,,Oh ja, du bist meine Rettung", erwiderte ich erleichtert und er gab mir eines der drei Behältnisse, bevor er sich selbst eins nahm.

Jake war ein guter Kollege. Er hatte jedoch immer den Schalk im Nacken sitzen und lockere so die schwierigen Situationen etwas auf. Und auch wenn er es manchmal etwas übertrieb, war er doch immer verlässlich.
Seine Aufgabe war es, die kleineren Dinge zu überwachen, bei denen ich nicht dabei sein konnte und dann auch mal mit anzupacken, falls seine Hilfe gebraucht werden sollte. Dazu war er derjenige, der den ominöseren Kunden deskret auf den Zahn fühlte. Er war einfach unverzichtbar.

,,Also? Was habe ich verpasst?", fragte ich dann, während ich an der heißen Flüssigkeit nippte. Langsam merkte ich, wie das Koffein meine letzte Müdigkeit vertrieb.
,,Nicht viel. Nur etwas Vorbereitungszeit für unseren besonderen Gast", erwiderte er und machte dabei ein wichtiges Gesicht.
,,Gut. Hast du schon die VIP-Plätze kontrolliert?", fragte ich ihn weiter und ging hinter den Tresens der im Empfang stand, um meine Tasche abzustellen und eine Liste herauszukramen.
,,Alles erledigt, Boss", erwiderte Jake daraufhin nur.
,,Super. Dann müssen wir uns jetzt noch um die Verpflegung kümmern. Es darf nicht wieder das gleiche wie das letzte Mal passieren", sagte ich und dachte an das letzte große Rennen, bei dem aus irgendwelchen Gründen der Vorrat an alkoholischen Getränken falsch berechnet worden war und wir während der Pause plötzlich improvisieren mussten.
,,Bloß nicht. Das war der Horror", erwiderte Jake. Sein Gesicht sprach Bände, als er ebenfalls daran zu denken schien. An diesen Abend hatte ich die größte Menge an wütenden Besuchern in meinem ganzen Leben gegenüber gestanden und alle Mitarbeiter waren mehr als gestresst gewesen.

Ich klemmte mir die Checkliste unter den Arm, ging wieder um den Tresen herum und machte mich auf den Weg zur Treppe, die unweit des Empfangs in die nächste Etage führte. Jake folgte mir dabei.

Wir gingen durch den edel gestalteten Aufenthaltsraum, hinter die Bar, um dort durch eine unauffällige Tür in das Lager zu gelangen. Darin waren jede Menge Regale, gefüllt mit Vorräten und ein extra abgesonderter Kühlraum, in dem sich sämtliche Lebensmittel und Getränke befanden, die kühl gelagert werden mussten.

______

Nach einer guten halben Stunde verließen wir das Lager wieder. Zufrieden ließ ich meinen Blick ein letztes Mal über die Liste in meinen Händen gleiten. ,,Sehr gut. Diesmal haben wir wirklich alles. Es ist alles Vorbereitet, für Mr. Owens", freute ich mich.

Dieses Rennen war wichtig, aber nicht nur weil die Jockeys mit den vielversprechendsden Pferden des Landes antraten, sondern auch weil viele bekannte Persönlichkeiten vor Ort sein würden. Unter anderem eben auch Mr. Owens, der bereits nicht unbedeutend hohe Beträge in dieser Wettbranche gewonnen und ebenso investiert hatte.

Ich warf einen Blick auf meine Armbanduhr und stellte fest, dass es kurz nach halb neun und somit Ankunftszeit für weitere Teilnehmer an dem Rennen war.
,,Würdest du bitte nochmal zu den Ställen gehen und die Neuankömmlinge begrüßen?", fragte ich Jake. Dieser nickte verstehend und ging die Treppe wieder herunter.

In wenigen Stunden würde das Rennen beginnen und ich hatte die Aufgabe, Mr. Owens zu begrüßen und herumzuführen, sobald er hier ankam. Normalerweise hatte ich auch kein Problem damit, einflussreiche Personen zu begrüßen, doch diesem Mann eilten einige unerfreuliche Gerüchte voraus. Ich versuchte, die Vorurteile zur Seite zu schieben und ging stattdessen hinter Jake die Treppen hinunter und zurück zum Tresen.

Inzwischen war auch schon die Rezeptionistin, Tessa, angekommen und saß an ihrem Arbeitsplatz. Sie lächelte mich fröhlich an, als sie mich erblickte.
Ihre schwarzen Haare hatte sie ordentlich hochgesteckt und wie üblich an einem Renntag, hatte sie bereits begonnen, die Teilnehmerlisten am PC zu überprüfen.
,,Hallo, Liv", begrüßte sie mich. ,,Leistest du mir heute etwas Gesellschaft am Empfang?" Sie deutete auf meine Tasche, die auf dem, bis auf den Computer, leeren Schreibtisch neben ihr stand.
,,Hey, Tessa. Ja, Mr. Owens wird bald ankommen und dann muss ich sofort da sein", erwiderte ich.

Tessa arbeitete hier schon wesentlich länger als ich und wusste, was es bedeutete wenn ein großes Rennen stattfand. Im Gegensatz zu mir hatte sie nämlich schon mehrere miterlebt. Ich war froh, dass ich mich auf sie verlassen konnte, wenn etwas schief ging. So war sie es auch gewesen, die damals die wütenden Besucher bei unserem Getränke-Malheur hatte beruhigen können, indem sie sie zu einem kostenlosen Snack eingeladen hatte. Tatsächlich war sie meine Rettung gewesen, da ich sonst meinen anderen Pflichten nicht hätte nachkommen können.

Sie nickte verstehend und ich ging zu ihr hinter den Tresen, um mich an den Schreibtisch zu setzen und mich an dem Computer anzumelden.

,,Hey Liv, gehört das dir?", fragte Tessa mich plötzlich und ich drehte mich zu ihr, nur um zu sehen, wie sie mit dem Zettel herumwedelte, auf dem ich heute Nacht die Tonfolge aufgeschrieben hatte.
,,Ja, danke. Wo hast du das her?", fragte ich überrascht.
,,Es lag hier auf dem Boden", antwortete sie mir schulterzuckend und gab mir dann das Stück Papier.

Ich legte es neben der Tastatur auf den Schreibtisch, doch ich konnte meine Gedanken danach einfach nicht zurück auf den Computerbildschirm lenken. Die ganze Zeit kreisten sie um den vermeintlichen Code, den ich gestern übermüdet aufgeschrieben hatte. Wenn ich jetzt darüber nachdachte, klang es noch unvernünftiger als ich angenommen hatte. Eigentlich nahezu abern.

Nach einer viertel Stunde, in der ich mich nur mit Mühe konzentrieren konnte, wandte ich mich dann doch dem Zettel zu.

Was war das nur für eine merkwürdige Tonkombination? Nachdenklich tippte ich mit meinem Kuli auf dem Schreibtisch herum, bis Tessa meine Gedankenfluss auf einmal unterbrach: ,,Worüber denkst du nach?"
,,Nichts wichtiges", wich ich ihrer Frage aus und schenkte ihr ein dankendes Lächeln, woraufhin sie eine Augenbraue anhob.
,,Nichts wichtiges beschäftigt dich aber ziemlich", erwiderte sie und deutete auf den Kuli in meiner Hand, mit dem ich unterbewusst immer noch taktvoll auf dem hölzernen Tisch herumtippte.
Sofort stoppte ich damit.
,,Tut mir leid", erwiderte ich und schüttelte über mich selbst den Kopf.
,,Schon gut", antwortete Tessa lächelnd.

Ich versuchte mich wieder auf meine Arbeit zu konzentrieren, was mir tatsächlich gelang, dennoch war dieser Zustand nicht von langer Dauer, da ein schwarzer SUV vor der Eingangstür hielt und Mr. Owens daraus ausstieg.
Er war etwas älter als ich und trug einen schwarzen Anzug ohne Krawatte. Die obersten Knöpfe seines Hemdes waren offen und seine dunklen Haare zurückgegeelt.

Als er eintrat, erhob ich mich sofort von meinem Stuhl und ging um den Tresen herum auf ihn zu. Sobald er mich erblickte, grinste er mich schief an.

,,Mr. Owens, willkommen an der Galopprennbahn Ascot. Ich bin Oliv Carter, die Managerin. Ich werde Sie heute herumführen. Solange wir hier unter uns sind, müssen Sie keine Mund-Nase-Bedeckung tragen, bei dem Rennen später würde ich Sie allerdings darum bitten", erklärte ich ihm mit einem professionellen Lächeln. Nicht, dass ihm letzterer Hinweis interessiert hätte, da er ganz offensichtlich gar nicht daran gedacht hatte, den Sicherheitsmaßnahmen wegen der Pandemie nachzukommen. Und auch, wenn alle Regelungen inzwischen wieder etwas gelockert worden waren, konnten wir froh sein, dass überhaupt Rennen stattfinden durften.
,,Hatten Sie eine gute Anreise?"
,,Oh ja, sehr gut", antwortete er, dann atmete er tief ein, als würde er die Rennbahnluft in sich aufsaugen wollen. ,,Ich bin endlich wieder angekommen, in meinem Revier."
,,Das freut mich zu hören, Sir. Bitte hier entlang", erwiderte ich und deutete ihm den Weg in Richtung des Aufzug. Er verstaute seine Hände in seinen Hosentaschen und folgte meiner Geste langen Schrittes.

Tessa warf mir einen aufmunternden Blick zu, als ich ihm den Vortritt in den Lift gewährte und ihm anschließend folgte.

Wir fuhren in den zweiten Stock, in dem sich ein kleiner Rückblick auf die Geschichte der Rennbahn in Form von einer Bilderstrecke und einiger Urkunden und Pokale befand.

Mr. Owens trat vor mir aus dem Aufzug und ging zielstrebig an all dem vorbei in Richtung der Aussichtsplattform, die man ebenfalls von dieser Etage aus erreichen konnte.
Damit ließ er mir keine Zeit auch nur ein Wort zur Geschichte dieses Gebäudes zu verlieren und ich musste zusehen, ihm hinterher zu eilen.

,,Ich sehe, Sie haben einen ausgezeichneten Sinn für die besten Teile des Gebäudes, Sir", sagte ich zu ihm, doch wieder schenkte er mir keine Aufmerksamkeit, sondern lehnte sich gegen die Reling und betrachtete die Rennbahn, auf der bereits die Vorbereitungen für das Rennen stattfanden.
,,Eine außergewöhnliche Anlage. Das kann ich nur immer wieder erwähnen", kommentierte er die Aussicht.
,,In der Tat, Sir. Mit einer langen Geschichte-", versuchte ich wieder auf das eigentliche Thema zu kommen, doch er unterbrach mich nur wieder, wodurch meine Geduld langsam, im wahrsten Sinne des Wortes, unter die Hufe geriet.

,,Zeigen Sie mir die Ställe", sagte er und ich konnte nicht ausmachen, ob es eine Frage oder eine Anweisung gewesen war.
Ich lächelte dieses Gefühl einfach weg und erwiderte: ,,Aber natürlich. Folgen Sie mir."

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