-~5~- Können Sie mir helfen, zu betrügen?

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Zwei Tage waren vergangen, seit meinem Besuch im Nachbarhaus und ich hatte kaum Zeit über das Geschehene nachzudenken.
Der Papierkrieg im Büro ließ mir keine Ruhe, besonders da es bei dem letzten Rennen auffällig viele Gewinner gab. Ich musste jeden Einzelnen kontrollieren lassen, aber letztendlich war es doch nur wieder auf die übliche, verschwindend geringe Anzahl an gefälschten Gewinnscheinen hinausgelaufen. Vielleicht hatten die Teilnehmer des letzten Rennens einfach besonders viel Glück oder es war schon vorher eindeutig gewesen, wer gewinnen würde.

Das einzige, das mir auffiel war, dass sich auch Mr. Owens unter den Gewinnern befand. Das war das dritte Mal in Folge, dass er richtig getippt hatte und mich ließ die dumpfe Vermutung nicht in Ruhe, dass gewisse Geldsummen in eine andere Richtung geflossen waren. In eine Richtung, die Ascots Geschäftsführung nicht billigen würde und von mir erwarten würde, dem Falschfahrer Einhalt zu gebieten.

Ich hatte Jake darauf angesetzt, Mr. Owens unter Beobachtung zu setzen. Selbstverständlich diskret, denn falls ich doch falsch liegen sollte, würde das uns im schlimmsten Fall nicht nur eine Klage einbringen, wir würden auch einen guten Kunden verlieren. Und das konnte ich beim besten Willen nicht verantworten, schließlich verdiente auch das Wettbüro gut an den gewonnenen Wetten. Und letztendlich wäre dann wohl meine Kündigung die Folge.

Andererseits war es mein Job, Betrüger aufzudecken, auch wenn es risikoreich war. Die Geschäftsleitung zählte auf mich.

,,Hey Liv, ein paar aus dem Orchester wollen gleich noch was trinken gehen. Willst du mitkommen?", fragte Luke und brachte mich damit aus meinen Gedanken dorthin zurück, wo ich den ganzen Abend verbracht hatte: in den Konzertsaal. Der adrette Pianist hatte sein übliches Lächeln aufgesetzt und fuhr sich mit seiner linken Hand durch seine kurzen, aschblonden Haare. Hinter ihm stand Ella, eine kleine, schwarzhaarige Violonistin, die er schon seit Monaten anhimmelte, es aber nicht schaffte sie nach einem Date zu fragen. Neben ihr warteten noch ein paar andere Orchestermitglieder.

Ich schüttelte den Kopf, lächelte aber. ,,Tut mir leid, vielleicht ein anderes Mal. Ich muss morgen arbeiten."
,,Du solltest endlich deinen Job kündigen und hier Vollzeit arbeiten, dann könnten wir uns auch öfter treffen", sagte er und obwohl er es nicht so ausdrückte, wusste ich, dass er es ernst meinte. Doch wie so oft, wenn er dieses Thema ansprach, wusste ich nicht, was ich sagen sollte.
,,Wir sehen uns morgen", sagte ich deswegen nur.
,,Okay, dann bis morgen", erwiderte Luke und deutete ein kurzes Winken an.
Ich erwiderte die Geste.

______

Als ich aus dem Gebäude trat, in dem mein Orchester probte und gelegentlich auch Konzerte gab, schlug mir die kühle Nachtluft ins Gesicht.
Obwohl es Sommer war, herrschte in London abends meistens eine angenehme Temperatur vor. Doch genießen konnte ich diese nicht, da der Verkehrslärm im Zentrum der Stadt, in dem ich mich befand, immer noch unverändert laut war.

Ich machte mich auf den Weg zur nächsten U-Bahn-Station. Mein Wagen war heute morgen nicht angesprungen, weswegen ich zwangsläufig auf die Tube umsteigen musste. In der Hand trug ich mein Flöten-Etui.

Ich war keine hundert Meter gegangen, da hielt ein schwarzes Cab neben mir.
Ich versuchte dem Fahrer zu erklären, dass ich kein Taxi benötigte, doch er drängte mich dazu einzusteigen, indem er mir erklärte, dass das Taxi von jemandem geschickt worden war.

Ich öffnete die hintere Tür des Cabs, deren Scheibe getönt war und als ich mich hinein setzen wollte, erkannte ich, dass bereits jemand auf der Rückbank, allerdings auf der anderen Seite, saß.
,,Mr. Holmes", erkannte ich den hochgewachsenen Mann. ,,Plötzlich doch so ein großes Interesse mit mir zu sprechen?"
Er antwortete nicht und doch setzte ich mich neben ihn auf die Rückbank und schloss die Tür des Autos.
Das Taxi setzte sich in Bewegung.

,,Würden Sie mich über diesen regelrechten Überfall und den sicherlich damit zusammenhängenden Fall aufklären?", fragte ich, als er immer noch nicht auf mich reagierte.
,,Was wissen Sie über Wettbetrug, Mrs. Carter?", fragte er mich und sah mich jetzt zum ersten Mal an diesem Abend an.
,,Kommt immer mal vor, wird jedoch in unserem Büro aufgedeckt und nicht toleriert", erklärte ich.
,,Wissen Sie, wie es gemacht wird?", fragte der Detektiv weiter.
,,Natürlich", erwiderte ich.

Wieder eine solche Frage. Wenn ich nicht wüsste wie, wie sollte ich sonst die Betrüger entlarven?

,,Können Sie mir helfen, zu betrügen?", fragte er mich.
,,Was?", fragte ich erschrocken. Alle Formalität fiel von mir ab und ich starrte ihn einfach nur an.
,,Könnten Sie mir Helfen, Gewinne vorzu-"
,,Nein!", unterbrach ich ihn wütend. Was dachte er sich nur dabei? Ich war mir sicher, dass es ihm nicht um das Geld ging, viel eher um diesen Fall.
Oder?
Was es auch war, ich war nicht bereit ihm zu helfen und zeigte das auch deutlich: ,,Ich werde für Sie nicht so ein großes Risiko eingehen. Suchen Sie sich einen anderen Weg, Ihren Fall aufzuklären, aber halten Sie mich und meine Angestellten da raus!"
Aufgebracht gestikulierte ich, doch der Detektiv reagierte nicht anders, als mit einem müden Lächeln.

Ich gab dem Taxifahrer zu verstehen, anzuhalten und öffnete ruckhaft die Autotür. Unhöflich.
Es waren sowieso nur noch wenige Minuten zu Fuß bis zur Baker Street und die nahm ich lieber in Kauf, als mit einem unverschämten Mann auf der Rückbamk eines Taxis zu warten.

Ich stieg aus dem Auto und lies die Tür hinter mir unachtsam zufallen. Die nächste Seitengasse gehörte mir - einfach nur um von der Straße wegzukommen - aber auch, weil es eine Abkürzung für Fußgänger zur Baker Street war.

______

Als mein Wohnhaus in Sichtweite kam, entging mir nicht die dunkle Gestalt, die vor der Haustür bereits auf mich wartete.
,,Was wollen Sie noch, Mr. Holmes?", seufzte ich, als ich ihm näher kam, doch schenkte ihm weiter keine große physische Aufmerksamkeit, sondern drehte ihm den Rücken zu und schloss die Tür auf.
,,Ich hatte angenommen, dass Sie wissen wollen, worum es in meinem neuen Fall geht, sonst wären Sie gestern doch sicher nicht meiner Einladung gefolgt", erklärte er mir.

Jetzt war es also doch eine Einladung gewesen?

Ich drehte mich wieder zu ihm um und musterte ihn skeptisch. ,,Okay, kommen Sie mit rein", sagte ich dann und deutete ihm, mir in das Haus zu folgen.
Wir mussten eine Treppe hinaufgehen, bevor ich mich in dem Flur, auf den wir oben trafen, zu der ersten Tür auf der rechten Seite zuwandt und auch diese aufschloss.
Wir betraten meine Wohnung.

,,Ich bin mir sicher, dass Sie das auch zurückhaben wollen", sagte der Detektiv plötzlich und hielt mir das schmale Etui entgegen, das ich deutlich als mein eigenes identifizieren konnte. Ich hatte nicht einmal bemerkt, dass er es die ganze Zeit getragen hatte.
,,Danke", murmelte ich leise, bevor ich es ihm abnahm und auf die Kommode im Flur stellte.
Ich zog meine Schuhe aus und er tat es mir aufforderunglos gleich.

,,Mein Beileid", sagte er plötzlich, woraufhin ich ihn irritiert ansah. Ich war nicht darüber überrascht, dass er bemerkt hatte, dass mein Kater vor kurzem gestorben war, schließlich waren überall Fotos, aber keine Spur von ihm in der Wohnung. Worüber ich mich eher wunderte war, dass er mir sein Beileid ausrichtete, was er laut Johns Blog nie tat.
Sprechen wollte ich darüber aber nicht und so bedankte ich mich einfach erneut kurz angebunden und geleitete ihn dann in mein Wohnzimmer.

,,Tee?", fragte ich ihn, während ich in die Küche ging.
,,Haben Sie Earl Grey da?", wollte er wissen und ich beobachtete ihn eine kurze Zeit, wie er mein Wohnzimmer genaustens unter die Lupe nahm.
,,Ja", gab ich nur kurz als Antwort und stellte dann den mit Wasser gefüllten Wasserkocher an.

Wenige Minuten später kehrte ich mit zwei dampfenden Tassen in das Wohnzimmer zurück und fand meinen Gast auf dem Sofa sitzend vor.
Ich stellte eine Tasse vor ihm auf dem Couchtisch ab und setzte mich dann mit meiner eigenen in den Sessel, ihm gegenüber.

,,Also?", wollte ich wissen und zog dabei meine Augenbrauen nach oben, ,,Worum geht es?"
,,Mr. Brian Owens", erwiderte mein Gegenüber schlicht, woraufhin ich die Stirn in Falten legte und einen Schluck von meinem Tee nahm.
,,Ich habe bereits Leute auf ihn angesetzt", erklärte ich.
,,Sie werden nichts finden."
Ich seufzte.
,,Mr. Holmes, wer hat Sie engagiert? Ich bezweifle, dass Sie eigenmächtig handeln und soweit ich weiß, ist noch niemand umgekommen."
Ich stellte die Teetasse vor mir auf den Couchtisch und sah ihn interessiert an.
Er schien nachzudenken, bevor er mir antwortete: ,,Ein kritischer Gegner von Mr. Owens."
,,Und hat dieser auch einen Namen?", wollte ich wissen. Wenn es zu dieser Art von Spannung zwischen zwei Kunden kam, musste ich es wissen.
,,Die britische Regierung", erwiderte mein Gegenüber und ich konnte nicht anders, als meine Lippen zu einem Lächeln zu verziehen.
,,Ich wusste nicht, dass sich Ihr Bruder für Pferderennen interessiert."
,,Und ich hätte nicht gedacht, dass Sie Johns Blog lesen. Nein, meinen Bruder meine ich damit tatsächlich nicht", erwiderte der Detektiv, woraufhin ich verstehend nickte.
,,Aber die eigentliche Frage ist doch, warum Sie mich brauchen, wenn die Regierung hinter Ihnen steht", merkte ich an.

Er lehnte sich auf dem Sofa nach vorn und sah mir direkt in die Augen.
,,Insiderinformationen und zur Erschaffung eines Köders", erwiderte er kurzerhand.
,,Ein Köder?", fragte ich und lachte kurz auf. ,,Womit ködert man einen Glücksspiel-Millionär?"
,,Mit einem Spiel", erwiderte der Detektiv nichtssagend. Ich wusste, dass er das nur sagte, um meine Aufmerksamkeit zu erhalten und er hatte es auch geschafft. Ich war durchaus interessiert an seinem Plan.
,,Aber ich nehme an, Sie brauchen mich auch, da Ihre Methoden nicht immer auf Zustimmung im Parlament treffen?"
Er nahm seine Tasse von dem Tisch vor ihm, lehnte sich wieder zurück und nahm einen Schluck von dem Tee.
,,Gut, wie wäre es mit einem Deal? Kein Risiko für Sie. Sie können bestimmen, wann wir es beenden", schlug er vor.

Ich war mir sicher, dass es ein Trick war. Er versuchte meine Neugierde für seine Zwecke auszunutzen, aber wenn ich darüber nachdachte, konnte ich es nicht riskieren. Er hatte nichts zu verlieren, im Gegensatz zu mir. Bei mir hing alles davon ab, ob sein Plan funktionierte. Was auch immer er vorhatte.

,,Nein. Suchen Sie sich einen anderen Weg, einen legalen", sagte ich und erhob mich von meinem Sessel. Ich spürte seinen Blick auf meinem Rücken, als ich in der Küche verschwand. Ich stellte die Teetasse in meiner Hand auf der Anrichte ab und atmete tief ein.
Ich brauchte ein paar Sekunden für mich, ein paar Sekunden, in denen ich nachdenken konnte.

Ich atmete wieder aus und ging zurück in das Wohnzimmer, nur um mich direkt an die angrenzende Wand zu lehnen und meinen Gast zu mustern. Er saß immer noch unverändert auf dem Sofa, sah mich jedoch abwartend an, die Teetasse immer noch in seiner rechten Hand. Sein Mantel, den er immer noch nicht abgelegt hatte, ruhte schwer auf seinen Schultern und doch behielt der Detektiv eine ausgezeichnete Haltung.

,,Informationen", begann ich und machte mit meiner Stimme klar, dass ich nicht verhandeln würde. Sie war fest, standhaft. ,,Ich kann Ihnen Informationen liefern, sobald ich welche erhalte, aber ich werde nicht den Köder auslegen. Nicht, wenn es illegal ist."

Er erhob sich von dem Sofa und kam auf mich zu. Seine Tasse drückte er mir in die Hand und nickte dann bestätigend. ,,Also doch Interesse am Fall", meinte er dann festzustellen.
,,Vielleicht aber auch nur ein ausgeprägter Gerechtigkeitssinn", erwiderte ich lächelnd.

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